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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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gehörte. Hans Mergel und Anna Pippel hingegen wurden begnadigt und mussten binnen zweier Stunden nach Ende des Prozesses das Lager und das gesamte Heer auf Nimmerwiedersehen verlassen. Sollte man sie nach Ablauf eines Tages noch im Umkreis von zwei Meilen auffinden, so würde auch über sie ein Todesurteil verhängt, welches jedoch mit Hilfe des strangs vollstreckt werden würde. Auf eine Brandmarkung der beiden wurde gnadenhalber verzichtet.
    Anna war erleichtert. Nicht weil sie freigesprochen worden war, sondern weil es endlich vorüber war. Sie wäre mit jedem Ausgang froh gewesen, hätte sich einem jeden Schicksal gefügt – nur vorbei sollte es endlich sein.
    Ihr und dem vollkommen geschwächten Hans Mergel blieb nur wenig Zeit zu verschwinden. Sie durften ohnehin nicht ins Lager zurück, weil es ihnen untersagt war, irgendwelche Habe mit sich zu nehmen. Die Güter der Liese Kroll waren konfisziert worden, um damit die Prozesskosten zu begleichen, worin immer diese auch bestanden haben sollten.
    An Abschied von den beiden Frauen, die ihr Urteil stumm und regungslos hingenommen hatten, war nicht zu denken. Anna befand sich ohnehin wie in Betäubung und konnte die ganze Situation nicht wirklich begreifen. Nachdem man ihr die Handfesseln abgenommen hatte, wurden sie und Hans Mergel auf einen Karren gehoben, der sie an den Rand des letzten vom Heer bewohnten Dorfes brachte. Dort wurden sie ausgesetzt und durften von da an sehen, wie sie weiterkamen.
    Der arme Mergel konnte nicht laufen. Seine Beine waren durch die Folterungen zu zwei schwarzblauen Klumpen angeschwollen, zudem waren die Arme noch immer ausgekugelt, und am ganzen Körper hatten die zahlreichen Wunden zu eitern begonnen. Es sah angesichts des hohen Fiebers nicht danach aus, dass er sich jemals erholen würde. Doch Anna nahm sich vor, alles daran zu setzen, ihn zu retten. Immerhin war er der Einzige, der ihr noch geblieben war.
    Etwa eine Stunde hatten sie Zeit, außer Sichtweite des Lagers zu kommen, und dann blieb ihnen ein ganzer Tag, um sich mehr als zwei Meilen weit zu entfernen. Unter normalen Umständen wäre das kein Problem gewesen, doch Anna konnte den kranken Alten nicht tragen, sie musste sich erst einmal einen Karren besorgen. Doch woher sollte man den nehmen?
    Es verging eine halbe Stunde, in der sie, stumm und nachdenklich, auf einem großen Stein sitzend in die Ferne schaute und sich zu keiner Tat durchringen konnte. Sicherlich hätte sie noch länger dort gesessen und so ihr Schicksal aufs spiel gesetzt, doch da hatte sie zum zweiten Mal in diesen schrecklichen Tagen Glück. Wieder kam es durch niemand anders als den unbekannten Edelmann. Zusammen mit einem etwa zwölfjährigen Burschen, der einen Eselskarren führte, kam er die Dorfstraße entlanggeritten. Überfallartig begann er auf die benommene Anna einzureden.
    »Du hast es geschafft, Anna Pippel, und jetzt musst du schnell verschwinden. Das hier ist Balthasar, man hat ihn aus Heidelberg verschleppt, das ist schon einige Jahre her. Damals war er noch ein kleiner Bub. Ich überlasse ihn euch beiden, damit ihr ihn zurück in seine Heimat bringt. Und dafür bekommt ihr diesen Karren mit dem Esel. Das Tier ist gut im Futter und kann sicherlich eine Menge aushalten. Hast du so weit alles verstanden?«
    »Ja, habe ich.«
    »Ich vertraue dir und glaube, dass du den Buben heil heimführst. Er ist ein guter Junge, und wenn es Menschen gibt, die es nicht verdient haben, unter diesem Krieg zu leiden, dann sind das die Kinder. Du bringst ihn zurück, versprochen?«
    »Versprochen.«
    »Von Heidelberg aus empfehle ich euch, weiter in den süden zu ziehen. Die Mitte Deutschlands ist vollkommen verwüstet, aber in Bayern ist die Welt noch in Ordnung. Dort sind die Wiesen grün, das Vieh fett und der Krieg weit. Ich denke, dass es im Norden wieder anfangen wird mit den Schlachten. Die Schweden kommen bald. Deshalb ist es besser, so weit wie möglich in den süden zu gehen. Hast du mich verstanden?«
    »Ja, in den Süden, nach Bayern.«
    »Zieht an Augsburg vorbei und dann an den Ammersee, dort bei dem Ort Herrsching fragt ihr euch nach Bäuerin Gramshuber durch. Sie ist meine Tante und bewirtschaftet alleine einen ganzen Hof. sie braucht immer gutes Gesinde, und wenn sie niemanden benötigt, dann wird sie wissen, wo sie euch sonst unterbringen kann. Verstanden?«
    »Ja, Gramshuber bei dem Ort Herrsching.«
    »Genau. Sie kann nicht lesen, aber bring ihr trotzdem diesen Brief von mir, sie soll

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