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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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ihr von der Toten?«
    »Ich hatte sie gefunden, als ich auf dem Rückweg zum Lager war.«
    »Ist es nicht ein arger Zufall, wie oft du, Anna Pippel, aufgehängte Frauenleichen findest? So fandest du bereits deine Schwester, dann die Eva sehlmann und schließlich dieses namenlose alte Dorfweib.«
    Anna schwieg.
    »Du befandest dich auf dem Rückweg. In Herrgottsfrühe auf dem Rückweg? Von woher?«
    »Ich hatte die Nacht nicht im Lager verbracht.«
    »Nicht im Lager, sondern wo?«
    »Bei mir, ehrwürdiger Profoss, bei mir«, mischte sich plötzlich eine Anna wohlbekannte Stimme ein. Der blonde Edelmann musste schon lange hinter der nicht sehr stabilen Tür des Schreibzimmers gelauscht haben und trat nun ein.
    »Wer seid Ihr?«
    »Ludwig von Brunnthal, Gesandter im Auftrage des Kriegsrats von Questenberg. Ich befinde mich auf der Weiterreise zum Generalissimus und verweile momentan als Gast in diesem Heere. Wenn Ihr es verlangt, kann ich mich ausweisen.«
    Anna wusste natürlich nicht, dass er log. Weder kannte sie den richtigen Namen des Reiters, noch wusste sie, dass er nicht Gesandter des Kaisers, sondern Spion des Kurfürsten von Bayern war. Doch sie war bei aller Peinlichkeit, die sie nun verspürte, froh darüber, dass er gerade kam, als es für sie unangenehm wurde.
    Mit großen Augen sah sie ihn an, und als er ihr zulächelte, errötete sie und blickte zu Boden.
    »Nun gut, wohledler Herr von Brunnthal« – Heidestett wurde wieder schüchtern -, »dann war Anna Pippel die Nacht über bei Euch. Das könnt Ihr bezeugen?«
    »Ja, das kann ich.«
    »Wo genau war das, wohledler Herr?«
    »In einem kleinen Gasthaus. Unweit des Galgens.«
    »Dort nahmet Ihr zu zweit Quartier?«
    »So ist es.«
    »Und Ihr entließet Anna Pippel in den frühen Morgenstunden?«
    »So ist es. Sie ging zurück ins Lager, während ich mich aus-schlief.«
    »Nichtsdestotrotz fand man sie des Morgens bei der Leiche einer ermordeten Frau, und sie suchte zusammen mit Liese Kroll in frevelhafter Absicht die blutigen Überreste der Verstorbenen zusammen.« Heidestetts Stimme bebte, und er kratzte sich wild am linken Handrücken, während er diese Worte sprach.
    »Sicher kann Anna Euch erklären, dass sie zu dieser Tat von Liese Kroll gezwungen wurde«, wandte der vorgebliche Herr von Brunnthal ein.
    »Nein, das wurde ich nicht, ich bin -« Mit einem scharfen Blick brachte Annas Wohltäter sie zum schweigen.
    »Ich glaube, Anna Pippel hat Euch genügend Auskunft gegeben. Ich bitte Euch, sie zu entlassen. Ich habe bereits mit dem Kriegsrichter Rittling über die Angelegenheit gesprochen. Hier habt Ihr ein schreiben von ihm, welches Euch dazu auffordert, Anna Pippel lediglich als Zeugin zu vernehmen und sie von dem peinlichen Verhör zu verschonen.«
    Tatsächlich konnte der Mann, der sich Ludwig von Brunnthal nannte, ein echtes Schreiben des Kriegsrichters vorweisen. Dieser alte Mann war am Abend zuvor ein Saufkumpan des bayerischen Spions gewesen. Zusammen hatten sie Unmengen an Wein und Bier geleert, sich Musik aufspielen lassen und sich bis tief in die Nacht mit sechs verschiedenen Damen verlustiert. Als der vermeintliche von Brunnthal am Morgen durch einen Zufall von der Verhaftung zweier Hexen, einer Liese Kroll und einer Anna Pippel, gehört hatte, war es ihm ein Leichtes gewesen, dieses Schreiben von seinem neuen alten Freund zu erhalten.
    Und nun stand er hier und versuchte, diese Frau, welcher er kürzlich im Wald begegnet war, vor dem sicheren Tod zu bewahren. Er verstand sich selber nicht, wollte sich nicht verstehen. Was ging sie ihn an? Ein solcher Aufwand für eine einfache Trossfrau, eine, mit der er noch nicht einmal eine Nacht verbracht hatte? Angetrunken war sie gewesen, und er hatte sie lediglich schlafen gelegt, um dann die heruntergekommene spelunke heimlich zu verlassen. Aber sie wollte ihm nun einmal nicht aus dem Kopf, diese Frau mit den großen, grauen Augen.
    Warum? Er ahnte es, und diese Ahnung tat ihm weh. Noch mehr hätte es ihn geschmerzt, wenn er erfahren hätte, dass ihr ein Leid zugefügt wurde – ein Leid, das er mit Leichtigkeit hätte verhindern können. Er redete sich ein, dass er einfach nur etwas Gutes tat, einer armen, unschuldigen Frau half. Aber tief in seinem Innern wusste er, dass es andere Gründe für sein Handeln gab.
    Heidestett konnte nun nichts mehr machen. Er entließ Anna, befahl allerdings, sie wieder in den Stall seiner provisorischen Amtsbehörde zu verbringen und sie gut zu bewachen, auf das

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