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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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worum es sich bei dem schwarzen Lindwurm tatsächlich handelte: Ein riesengroßes Heer bahnte sich dort seinen Weg, und in wenigen Stunden würde es auch an dem Wald vorüberkommen, in dem Anna hauste.
    »Was meinst du? Was kann sie dafür verlangen?«
    »Na ja, ein bis zwei Taler ist’s schon wert.«
    »Der alte Lumpen? Du steckst doch mit der krummen Hexe unter einer Decke. Erzähl mir nichts.«
    »Ich erzähl dir gar nix. Denk nur an den roten Heinrich, der hat auch’nen Tag zu lang mit ihr verhandelt, und dann hat ihn das Fleckfieber gepackt.«
    »Na, siehst du. Das Weib hat Zauberkräfte. Wer nicht auf ihre Wucherpreise eingeht, dem zaubert sie die Pest an den Hals.«
    »Wenn du’s nicht haben willst, dann kauf’s doch einfach nich’. Ich sag dir nur, dass ich meins schon zwanzig Jahre hab. Zwanzig Jahre! Ne, ne, und wohin hat’s mich nich’ schon alles begleitet, erst nach Polen, dann nach Böhmen, und in ganz Deutschland gibt’s kaum’nen Flecken, den ich in den letzten Jahren nich’ gesehen hätte. So viele Jahre Krieg – und kuck an, ich lebe immer noch. Dutzende großer Schlachten, am Weißen Berg, in Wiesloch, Wimpfen, Höchst, Stadtlohn …«
    »Ja, ja, das habe ich jetzt schon hundertmal gehört, und jedes Mal kommt eine neue Schlacht dazu. Dir glaube ich langsam kein Wort mehr, du alter Geschichtenerzähler.«
    Ein Geschichtenerzähler, das war Hans Mergel wirklich, und deshalb war er auch der beste Kamerad der Lumpenliese, einer der tüchtigsten Marketenderinnen in den Wallensteinschen Regimentern. Lumpenliese bot Dinge feil, die es nirgendwo sonst zu kaufen gab. Bei ihr gab es mitunter sogar Rauchwaren aus der neuen Welt und allerlei Zeug, das seinen Besitzer in der Schlacht unverwundbar machte. Dem kahlen Josef, der erst kürzlich zum Regiment gestoßen war, wollte sie gerade ein Nothemd verkaufen. Ein Hemd, das jede Kugel und jeden Lanzenhieb abfangen konnte, weil es von den geschickten Händchen vier kleiner Jungfrauen von fünf Jahren gesponnen und gewebt worden war. Tatsächlich hatte die Liese den Fetzen bei einem der letzten Streifzüge durch westfälische Dörfer in einem Bauernhaus gefunden. Es war der ungewaschene Unterrock einer alten Bäuerin, die sich auf dem Heuboden versteckt hatte, während Liese zusammen mit einer Handvoll Marodeuren alles mitgehen ließ, was nicht niet- und nagelfest war.
    Und genau von diesem Hemd war soeben die Rede gewesen, als der kahle, noch kaufunschlüssige Josef und der alte Hans Mergel nebeneinander marschierten. Die beiden waren wie zwei kleine Ameisen in dieser riesigen Armee. Wie ein bedrohlicher Insektenschwarm bewegte diese sich Schwarz und langsam auf Anna zu, die sich inzwischen hinter einem Busch am Wegesrand versteckt hielt.
    Da sind sie ja wieder. All die Soldaten mit ihren Weibern und Kindern. Ja, da sind sie. Man hat gar nicht so lange auf sie warten müssen. Jetzt kann man sich wieder heimlich einreihen, kann sich verkleiden, sich gut verhüllen und mit ihnen ziehen.
    Wohin der Weg wohl diesmal geht? Ob die Frau auch mitkommt?
    Dort drüben hockt sie. Hat sich ebenfalls im Gebüsch versteckt. Ist gar nicht so anders als man selbst. Versteckt sich immerzu. Will nicht gesehen werden. Hat sich so viele Tage lang versteckt. Hat nicht mehr gesungen. Muss schlimmen Hunger haben.
    Vielleicht kommt sie ja mit. Das wäre schön. Kann nicht gut auf sich allein aufpassen, braucht Schutz, die Frau. Soll wieder singen. Soll wieder singen, wie die arme Mama gesungen hat.
    Sie soll mitkommen. Man kann auch nicht immer hinter ihr durch den Wald laufen. Das geht nicht für lange Zeit. Man muss selbst mal wieder richtig essen.
    Da sitzt sie und schaut auf all die Beine. Die vielen, vielen Beine. Menschenbeine und Pferdebeine. So viele, so laut, und stinken tun sie, diese vielen Menschen auf einem Haufen. Schrecklich stinken tun sie.
    Man kann sie gar nicht zählen, die ganzen Menschen und Pferde. So lange marschieren sie schon an der Frau im Gebüsch vorbei, und so lange verpesten sie nun schon die Luft. Gleich, zum Schluss, kommen die Frauen und Kinder und die ganzen Händler, dann kann man selbst einfach mitlaufen. Dann kann man aus seinem Versteck kommen und mitlaufen. Sie werden schon nichts bemerken. Sie haben noch nie etwas bemerkt. So viele auf einem Haufen, da bemerken sie einen nicht.
    Aber wird die Frau auch mitgehen? Sie soll doch wieder singen.
    Wollte dieser kolossale Wurm denn gar kein Ende nehmen? Zunächst waren Hunderte von Reitern an

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