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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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argwöhnte eine raffinierte kleine Falle, da ich zuvor so laute Zweifel an Peters Zeitgefühl geäußert hatte. »Man brauchte ihn nur zu sehen«, sagte ich kurz. »Oder zu riechen. Sein Schließmuskel hatte sich entspannt und der Darm sich entleert. Unter anderen Umständen hätte Jess bestimmt den Puls gesucht, aber sie war mehr besorgt um die anderen. Die waren nämlich auch alle voller Blut.«
    »Was haben Sie getan, während Dr. Coleman MacKenzie untersuchte?«
    »Zugeschaut.«
    Ich sagte nichts davon, dass Peter völlig außer sich geriet, als ich das Klebeband von seinem Mund entfernte, und eine volle Minute lang nur fluchte und schimpfte. Er wusste nicht, wem er an seinem Versagen, wie er es sah, die Schuld geben sollte. MacKenzie, der ihn erniedrigt hatte? Mir, weil ich Stärke gezeigt hatte? Jess, die am schlimmsten gelitten hatte? Sich selbst, weil er Angst gehabt hatte? Als er Bertie sah, nahm ihn das noch heftiger mit, so als wäre Bertie auf dem Altar seiner Feigheit geopfert worden. Natürlich war dieses ›Versagen‹ eine Ausgeburt seiner persönlichen Wahrnehmung – ähnlich war es bei mir gewesen –, weder Jess noch mir war er wie ein Feigling vorgekommen.
    Dennoch, das Resultat dieser wilden Selbstgeißelungen war, dass er Jess und mich in den glühendsten Farben von Mut und Tapferkeit darstellte. Ich wurde zur eisernen Lady, die alles unter Kontrolle gehalten hatte – Peter gebrauchte sogar das Wort ›Rache‹, nachdem er die Bilder auf der DVD gesehen hatte, und behauptete, alles, was ich mit MacKenzie gemacht hatte, sei nur ›recht und billig‹ gewesen. Jess wurde zur Märtyrerin erklärt, die Erschöpfung und Drohungen standgehalten und selbst nach dem Tod eines ihrer Hunde Haltung bewahrt hatte.
    Bei Bagley formte sich ein Bild von zwei harten, finster entschlossenen Frauen, die, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, MacKenzie tot sehen wollten. Und die diversen Waffen, die überall versteckt im Haus gefunden wurden, insbesondere Jess' Baseballschläger und meine Fleischermesser, sprachen natürlich nicht gerade gegen diesen Eindruck. Man muss Peter allerdings zugute halten, dass er zurückruderte, als er merkte, was er angerichtet hatte, aber da war es schon zu spät. Wieso Ms. Burns und Ms. Derbyshire, die doch beide angeblich unter Platzangst und Panikattacken litten, ausgerechnet an dem Abend keine Spur davon gezeigt hätten, hatte Bagley wissen wollen.
    »Sie haben
zugeschaut!«,
rief er jetzt. »Obwohl Dr. Coleman Sie meines Wissens gebeten hatte, die Polizei und den Rettungsdienst anzurufen. Warum haben Sie das nicht getan?«
    »Das Festnetztelefon funktionierte nicht.«
    »Aber Sie wussten, dass Ihr Handy oben auf dem Speicher sehr wohl funktionierte.«
    »Ich wollte Peter nicht mit MacKenzie allein lassen.« Ich drückte meine Stirn in meine Hände und starrte zur Tischplatte hinunter. »Was ich jetzt sagen werde, ist nicht sehr nett, aber es stimmt. Peter hatte vom Anfang bis zum Ende dieser ganzen Geschichte Todesangst. Ich habe es ihm damals nicht übel genommen, und ich nehme es ihm heute nicht übel, aber ich garantiere Ihnen, dass MacKenzie es irgendwie geschafft hätte, sich zu befreien, wenn ich nicht geblieben wäre.«
    »Wie denn?«
    Ich hob den Kopf und ließ meine Hände zum Schoß hinuntersinken. »Wahrscheinlich indem er vorgetäuscht hätte, viel schwerer verletzt zu sein, als er in Wirklichkeit war. Peter fand es nicht gut, dass ich ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt hatte, schon gar nicht, als er sah, dass seine Finger gebrochen waren. Er meinte, ich sollte sie ihm vorn binden, solange er bewusstlos war.«
    »Aber das haben Sie nicht getan. Warum nicht?«
    »Weil ich nicht so recht daran glaubte, dass er wirklich bewusstlos war.«
    »Glauben Sie im Ernst, dass man da einem Arzt etwas vormachen kann?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Bewusstlosigkeit lässt sich leicht spielen, es war mir einfach ein zu großes Risiko. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Peter mir zu Hilfe kommen würde, wenn MacKenzie mir plötzlich an die Kehle gehen und mich würgen würde. Er hätte wahrscheinlich die Hände gerungen, aber keinen Finger gerührt. Er hat sich ja schon über einen Spritzer von Berties Blut auf seiner Hose wahnsinnig aufgeregt.«
    Das war keine sehr faire Beschreibung von Peter, aber sie schien bei Bagley anzukommen. »Ja, Dr. Coleman hat die Sache offenbar« – er suchte nach einem geeigneten Wort –, »sie ist ihm offenbar näher gegangen als

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