Des Teufels Werk
Maulkorb, indem er seinen Kopf mehrmals mit Isolierband umwickelte. Das Ironische an der Sache war, dass so gestützt das Kiefergelenk weniger schmerzte und die folgenden zwölf Stunden für meinen Vater erträglicher waren. Gleichzeitig allerdings steigerte es die Angst meiner Mutter um ihn, was sie gefügiger machte.
»Hattest du keine Angst, dass MacKenzie euch so oder so umbringen würde?«, fragte ich sie.
»Doch, natürlich, aber was hätte ich denn tun sollen? Er drohte, deinen Vater vor meinen Augen zu erdrosseln, wenn ich nicht tat, was er wollte. Wenn ich dich verriet, gab es wenigstens noch einen winzigen Schimmer Hoffnung. Hätte ich Brian verraten, so wäre alles vorbei gewesen. Das verstehst du doch, Darling?«, fragte sie mit einem Anflug von Zweifel in der Stimme. »Es war wie bei einem Kartenspiel – du warst mein einziger Trumpf. Ich musste dich einsetzen.«
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.
Absolut? Mach dir deswegen kein Kopfzerbrechen? Ich hätte genauso gehandelt?
Nichts als beruhigende Worte, die keine Bedeutung hatten, wenn sie sie nicht glaubte. »Gott sei Dank hast du genug Vertrauen in mich gehabt«, sagte ich impulsiv. »Dad hätte es nicht gehabt. Für ihn bin ich doch immer noch das kleine Mädchen mit den Zöpfen, das jedes Mal schreit wie am Spieß, wenn es in der Dusche eine Spinne entdeckt.«
»Nur weil er dich liebt.«
»Ich weiß.« Wir tauschten ein Lächeln. »Er war sehr tapfer, Mam. Ist er stolz auf sich? Er darf es sein.«
Das Lächeln umspielte ihre Augen. »Ihr beide seid euch so ähnlich. Beide glaubt ihr, dass man nur siegen kann, indem man keine Schwäche zeigt. Du hättest mal mit Geraldine Summers Bridge spielen sollen. Ich bin nie wieder jemandem begegnet, der so oft aus einer Hand, die absolut nichts wert war, einen Sieg herausholte.«
»Durch Bluffen? Hast du es mit MacKenzie so gemacht?«
»Ich konnte überhaupt nichts machen, bis er mir das Klebeband vom Mund entfernte, weil ich ihm das Passwort zum Laptop deines Vaters nennen sollte. Davor durchwühlte er meinen Koffer. Ich sagte ihm, dass er deine Adresse im Computer nicht finden würde, aber er könne ja die E-Mail lesen, die du an Alan Collins geschickt hattest. Ich hoffte, er würde erkennen, wie sinnlos es wäre, uns umzubringen.«
»Was sagte er?«
»Dass du mit der Geschichte vom Todesstrahl und dem alten Chinesen eine gute Parallele gewählt hättest. Der einzige Sinn des Tötens sei, Gewinn daraus zu ziehen. Er war nicht sehr gesprächig – ich glaube nicht, dass er in der ganzen Zeit in der Wohnung mehr als zwanzig Sätze gesprochen hat –, und er wurde richtig wütend, als ich fragte, was für einen Gewinn
er
denn daraus ziehe, andere zu töten. Das war der Moment, als er drohte, er würde deinen Vater vor meinen Augen erdrosseln, wenn ich ihm nicht sagte, was er wissen wollte – und der Gewinn wäre der Blick auf unsere beiden Gesichter, wenn es so weit wäre.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, das war die Wahrheit – das ist der Grund, warum er es tut.«
Mich schauderte. »Warum hat er es dann doch nicht getan?«
»Weil deine Adresse meine Trumpfkarte war, Schatz. Er konnte aber nicht sicher sein, ob sie stimmte, nicht wahr? Gewissheit hätte er sich nur mit einem Anruf bei dir verschaffen können, aber das hätte dich natürlich sofort aufgeschreckt. Also überredete ich ihn, mich als Pfand mitzunehmen. Das war das Einzige, womit ich ihn locken konnte – und es bedeutete, dass dein Vater und ich wenigstens noch ein paar Stunden am Leben bleiben würden. Ich wusste, dass ich den Stich gemacht hatte, als er die Wagenschlüssel schwenkte und wissen wollte, wo der Wagen stand.« Sie lachte plötzlich. »Der arme Brian. Ich weiß nicht, was ihn mehr entsetzte – dass ich mit diesem Schwein verhandelte oder dass das Schwein sich ans Steuer seines heißgeliebten BMW setzen würde.«
»Unsinn, das weißt du doch ganz genau«, sagte ich streng. »Er hatte Todesangst um dich.«
Nochmals – mein Vater verlor nie ein Wort über die Stunden völliger Ohnmacht in seiner eigenen Wohnung, er sagte nur, der absolute Tiefpunkt sei für ihn der Moment gewesen, als ich meine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterließ und er sich nicht melden konnte. Ich wusste, er stellte sich das Schlimmste vor – das tun wir alle in Situationen, auf die wir keinen Einfluss haben. Die Suche nach meiner Mutter jedenfalls begann erst, als die Polizei in den frühen Morgenstunden in die
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