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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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geschehen war.« Ich sah ihm direkt in die Augen. »Ich hätte natürlich die Sache in Bagdad konkret ansprechen können, aber hätte Sie das nicht noch argwöhnischer gemacht?«
    Er senkte den Blick nicht, doch war ihm die Verwirrung im Gesicht abzulesen. »Aus Ihnen werde ich überhaupt nicht klug«, sagte er. »Nach dem, was Dr. Coleman uns über das Video erzählt hat, wurden Sie von diesem Mann auf das Grausamste misshandelt – Alan Collins sagt, Sie hätten so entsetzliche Angst vor ihm gehabt, dass sie nicht einmal seine Identität preisgeben wollten und lieber untertauchten. Ms. Derbyshire sagt, Sie hätten eine Woche lang nichts gegessen und keinen Fuß vor die Tür gesetzt, Ihre Eltern liegen im Krankenhaus, MacKenzie ist immer noch auf freiem Fuß – trotzdem sind Sie die Ruhe selbst, wie Sie hier vor mir sitzen.«
    »Ist das eine Frage?«
    Er lächelte wider Willen. »Ja. Wieso sind Sie so ruhig?«
    »Ich weiß nicht, ob ein Mann das verstehen würde.«
    »Machen Sie die Probe.«
    »Erstens sind meine Eltern nicht tot«, sagte ich.
    Ich konnte mir gut vorstellen, wie sie beide in ihrer eigenen Wohnung MacKenzies Gefangene geworden waren. Mein Vater tat genau das, was Jess vorhergesagt hatte, er versuchte, MacKenzie in eine Falle zu locken und spielte dabei selbst den Köder. Hinterher wurde ihm der gleiche Vortrag wie mir über Selbstschutz und Rache gehalten, aber da mein Vater bereits gestraft genug war, erhob man trotz seines verdächtigen Einkaufs von Holz und Nägeln am Freitagmorgen keine Anklage gegen ihn.
    Zu Details seines Plans wollte er sich nicht äußern – er sagte nur, es sei seine Absicht gewesen, MacKenzie zu fassen und dann der Polizei zu übergeben. Er bestritt ferner, irgendetwas mit den Nagelbrettern zu tun zu haben, die man in Barton House fand. Jess und ich bestritten das natürlich genauso, und so blieb am Ende MacKenzie als der Schuldige. Unter vier Augen verriet ich Alan, dass mein Vater die Dinger angefertigt und MacKenzie sie nach Barton House gebracht hatte, aber in Anbetracht der Gesetzeslage war keiner von uns bereit, das öffentlich zuzugeben.
    Mein Vater war zunächst wenig geneigt, den Londoner Kriminalbeamten zuzustimmen, dass sein Einfall, MacKenzie aufzulauern, unbesonnen und naiv gewesen war, aber von meiner Mutter unter Druck gesetzt, gab er dann doch klein bei. Es war wahrscheinlich ein Glück, dass er seine Zustimmung nur mit Nicken bekunden konnte, sonst hätte es sicherlich gotteslästerliche Flüche gesetzt. Nur eines gab er unumwunden zu – dass MacKenzie ihn nicht so leicht hätte gefangen nehmen können, wenn er die Wohnung in Begleitung eines Polizeibeamten betreten hätte.
    Es lässt sich schwer sagen, wie lang sich MacKenzie bereits dort aufgehalten hatte, als mein Vater nach Hause kam – wahrscheinlich mehrere Stunden nach der gründlichen Durchsuchung sämtlicher Räume zu urteilen. Mein Vater jedenfalls ahnte nichts Böses, als er an besagtem Freitagabend die Wohnungstür aufsperrte. Er bückte sich, um die Post aufzuheben, und erwachte als Nächstes benommen und gefesselt im Wohnzimmer. Über dieses Erlebnis verlor er noch weniger Worte als über Mugabes Schläger, aber als er sechzig Stunden später im Krankenhaus landete, hatte er fünf gebrochene Rippen, einen ausgerenkten Unterkiefer und so viele Blutergüsse, dass sein Körper von oben bis unten grün und blau war.
    Meine Mutter sagte, er habe MacKenzie nicht die geringste Auskunft gegeben und hätte sich wahrscheinlich zu Tode prügeln lassen, wenn sie nicht am Samstagnachmittag beschlossen hätte, auf eigene Faust in die Wohnung zurückzukehren. »Ich wusste, dass da etwas nicht stimmte«, sagte sie. »Ich habe versucht, ihn zu Hause zu erreichen und über sein Handy, aber jedes Mal hat sich sofort die Mailbox eingeschaltet. Dann habe ich dich angerufen, und da passierte das Gleiche.« Sie lächelte ziemlich reuig. »An dem Morgen hätte ich dich umbringen können, Connie. Ich hatte so fürchterliche Angst.«
    »Tut mir Leid.«
    Sie drückte meine Hand. »Es hat sich ja zum Glück alles zum Besten gewendet. Wenn ich dich erreicht hätte – oder wenn Jess meine Nachricht etwas prompter weitergegeben hätte –, hättest du mich überredet, im Hotel zu bleiben. Und wo wäre dann dein Vater heute?«
    In der Grube, dachte ich. Jeder konnte nur ein beschränktes Maß an Schmerz und Verletzung ertragen, er wäre schließlich an MacKenzies Brutalität zugrunde gegangen. Mein Vater war ein

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