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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Wohnung kam. Auch sie spricht kaum über jene Stunden, die sie im Kofferraum des BMW lag. Als man sie schließlich fand, hatte sie so schwere Krämpfe, dass man ihr Morphium geben musste, ehe Rücken und Beine gestreckt werden konnten.
    »Erst wenn das Reizen anfängt, erkennt man, was man an Karten in der Hand hat«, fuhr sie fort. »Der Kerl musste mir die Fesseln abnehmen, damit ich zum Wagen gehen konnte. Der Preis dafür, dass ich keinen Fluchtversuch machte oder Aufmerksamkeit zu erregen suchte, war das Leben deines Vaters. Wenn er mich sofort in den Kofferraum hätte verfrachten können, wäre er garantiert noch einmal zurückgegangen, um deinen Vater zu töten, aber so …« Sie lachte wieder. »Ich war noch nie so froh, dass wir keine Garage haben. Wenn halb Kentish Town zuschaut, wird man nicht grob zu einer Frau.«
    Viel mehr konnte sie nicht berichten. Sie erinnerte sich, dass MacKenzie das Handy und den Feldstecher meines Vaters zusammen mit ihrer beider Geldtaschen in den Leinenbeutel schob, den er dann auf den Rücksitz des BMW warf. Danach fesselte er ihr Hände und Füße wieder mit dem Klebeband und eröffnete ihr, dass er sie im Kofferraum verstauen würde, sobald sie die bebauten Gebiete hinter sich gelassen hätten. Bis dahin solle sie ja den Mund halten, sagte er, sonst würde er sie so fest einschnüren, dass ihr die Luft wegbleibe. Erst als sie die Fleet-Tankstelle auf der M3 passiert hatten, fuhr er vom Motorway ab und sperrte auf einer stillen Landstraße meine Mutter in den Kofferraum ein.
    Er muss danach wieder auf den Motorway gefahren sein, denn meine Mutter erinnerte sich an ständigen Verkehrslärm, aber es ging ihr wie mir damals in dem Keller, sie verlor schnell jegliches Zeitgefühl. Sie erinnerte sich an einen weiteren Halt von ungefähr zehn Minuten, wahrscheinlich schickte er mir da die SMS, und hatte das letzte Mal fünf Minuten nach der Ankunft am Ziel Kontakt mit ihm. Sie hatte so lange im Dunklen gelegen, dass sie unwillkürlich die Augen zukniff, als der Kofferraum plötzlich geöffnet wurde und Tageslicht eindrang.
    »Er hat sich entschuldigt«, sagte sie. »Es war sehr merkwürdig.«
    »Dafür, dass er dich da eingesperrt hatte?«
    »Nein, dafür dass er, wenn ich ihn an die richtige Adresse geführt hatte, zurückkommen und mich mitsamt dem Auto abfackeln würde.« Sie lachte gedämpft. »Er wollte mir wahrscheinlich Angst einjagen, aber weißt du, ich war zu dem Zeitpunkt so erschöpft, dass ich einfach eingeschlafen bin – und das Nächste, was ich hörte, war die Alarmanlage, die ein Riesenspektakel machte, und gleich darauf erschien über mir das Gesicht eines freundlichen Polizisten, der mit einem Stemmeisen den Kofferraum aufgebrochen hatte.«
    Alles gelogen. Sie konnte mit den qualvollen Krämpfen so wenig geschlafen haben, wie mein Vater in der Wohnung eine »halbwegs ordentliche Nacht« verbracht haben konnte.
Von: [email protected]
    Abgesandt: So, 22/08/04, 17.18
    An: [email protected]
    Thema: MacKenzie
    Natürlich trifft es mich, dass du mir damals nichts gesagt hast. Ich bin ja nicht aus Stein, Connie.
    Wofür hältst du mich? Hast du vielleicht geglaubt, ich würde auf deinen Vertrag pochen und dich zwingen, die Story in all ihren scheußlichen Details zu schreiben? Vielleicht auch noch persönlich? Oder hast du geglaubt, ich würde dich an den Meistbietenden verkaufen? Ich dachte, wir vertrauten einander, Connie. Ich dachte, wir liebten einander – aber vielleicht war das nur von meiner Seite so. Lieber Gott, ich bin doch nicht irgendein hergelaufener Kerl, auf den man sich nicht verlassen kann! Hat es je einen Moment gegeben, wo ich nicht für dich da war?
    Okay, ich habe mich etwas beruhigt. Ich habe diesen ersten Absatz vor drei Stunden geschrieben, nachdem ich deine EMail gelesen hatte. Inzwischen hatte ich Zeit zum Nachdenken. Ich sehe ein, dass ich unfair bin. Ich habe beschlossen, den Absatz nicht zu löschen, weil du wissen sollst, dass ich verletzt bin. Ich hätte nichts anders gemacht, wenn du mir die Wahrheit gesagt hättest – ich hätte dich höchstens noch ein bisschen besser geschützt. Hast du vielleicht genau das gefürchtet? Es ist bestimmt kein Zufall, dass der einzige Mensch, dem du in den letzten Monaten vertraut hast, eine Frau ist.
    Die Agenturen geizen mit Details. Alle nennen sie MacKenzies Namen, schildern ihn als höchst gefährlich. Sie schreiben, dass er wegen Entführung und Mordes in Großbritannien, Sierra Leone und

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