Des Teufels Werk
den Tag legend. »Wirst du jetzt endlich die Klappe halten? Ich werde mich doch nicht in diese schmutzige Geschichte hineinziehen lassen! In dieser Familie gibt es nur ein Scheusal – und wer das ist, wissen wir alle.«
»Untersteh dich –«
»Noch ein Wort, Madeleine, und ich lege auf. Hast du mich verstanden?« Er ließ eine Sekunde vergehen. »Okay«, fuhr er ruhiger fort. »Ich möchte wissen, was ihr habt, Jess.«
»Die Zeit reicht nicht für alles«, sagte sie. »Aber ich habe die entscheidenden sieben Minuten schon parat. Am Anfang hörst du Connie sagen: ›Wissen Sie, was mich …‹«
»Wieso hast du die schon parat?«, fuhr Nathaniel dazwischen.
»Ich wusste, dass du danach fragen würdest.«
»Und woher weiß ich, dass die Stelle nicht bearbeitet ist?«
»Dazu hätte die Zeit gar nicht gereicht. Aber bei den drei Kameras läuft die Uhr mit. Bei der DVD arbeite ich mit split screen, um die Handlungsabläufe gleichzeitig zu zeigen.« Sie wies zur rechten unteren Ecke des Bildschirms. »Ich lasse Madeleine die Digitalanzeige sehen, damit sie erkennen kann, ob die Zahlen in ununterbrochener Reihenfolge sind.« Sie drückte die Maustaste. »Bild läuft jetzt.«
Madeleine und ich lieferten auf dem Bildschirm noch einmal unsere Vorstellung ab, aber je mehr ich davon sah, desto weniger überzeugend erschien mir das Ganze. Madeleine war weitaus fotogener als ich. Selbst in Rage wirkte sie hübsch und elegant, und es war schwer zu glauben, dass sie mit ihren Jasper-Conran-Designer-Schuhen spürbaren Schaden anrichtete. Ich hingegen wirkte einfach blöd. Wieso hatte ich mich nicht gewehrt anstatt mich treten zu lassen?
Ich weiß nicht, ob Jess meine Entmutigung wahrnahm, aber als der Clip zu Ende war, sagte sie, noch ehe jemand anders eine Bemerkung machen konnte: »Die Bilder sind deutlich und schmeicheln deiner Frau nicht, Nathaniel. Es ist zu offenkundig, wie sehr sie es genießt. Wenn ich diese Szene mit den Tätlichkeiten in Zeitlupe laufen lasse, was ich bei den DVDs vorhabe, wird das noch augenscheinlicher werden. Niemand wird glauben, dass sie nicht das Gleiche mit Lily getan hat. Du hast ja selbst gesagt, dass sie mit dem Kind genauso umspringt.«
»Das ist gelogen!«, schrie Madeleine.
Jess warf ihr einen kurzen Blick zu und neigte sich zur Lautsprechanlage. »Ist es so, Nathaniel? Du hast mir erzählt, dass du sie nicht mit Hugo allein lassen kannst – darum kommt er auch nie mit ihr nach Dorset. Stimmt das oder stimmt es nicht?«
Wir hörten alle, wie er Luft holte. »Es stimmt.«
»Du Lügner!«, tobte Madeleine. »Versuch jetzt ja nicht, mir die Schuld –«
Wieder fuhr Nathaniel dazwischen. »Ich hatte mit dem allen nichts zu tun, Jess. Das musst du mir glauben. Mein ganzer Anteil bestand darin, dass ich weitergegeben habe, was du mir über die Vollmacht für den Anwalt gesagt hattest, und dass ich Madeleine angerufen habe, nachdem ich deine Nachricht über das Eingreifen des Sozialdiensts abgehört hatte.«
»Connie glaubt, dass du an dem Abend, an dem ich Lily gefunden habe, hier warst.«
»Nein. Ich war das letzte Mal im November hier, als wir uns gesehen haben. Hugo und ich haben Madeleine fast den ganzen Dezember und Januar nicht zu Gesicht gekommen. Wir glaubten, sie kümmere sich um Lily – so hatte sie es uns erzählt. Ich dachte, sie spiele die pflichtbewusste Tochter, um die Sache mit der Vollmacht rückgängig zu machen. Wenn ich geahnt hätte –« Er brach ab. »Lily sollte in dieser Nacht an Unterkühlung sterben, Jess. Madeleine war stocksauer, als du plötzlich aufgekreuzt bist und sie mitgenommen hast.«
Es folgte ein kurzes Schweigen.
»Sie war
hier?«,
fragte Jess dann. »Sie hat alles beobachtet?«
»Die ganze Zeit, ja.«
»Sie war hier im Haus?«
»Ja. Sie konnte Lily nicht völlig sich selbst überlassen. Es hätte ja jederzeit jemand vorbeikommen können, und es hätte einen Riesenskandal gegeben, wenn der Betreffende Lily beim Trinken aus dem Fischteich angetroffen hätte. Madeleine stellte das Wasser an und aus, wie es ihr passte, manchmal hatte Lily Wasser, dann wieder hatte sie keines. Mit dem Strom machte sie es genauso.«
»Er lügt«, rief Madeleine. »Das ist alles gelogen.«
»Sie hat Lily gezwungen, kalte Bäder zu nehmen, und sie dann im dunklen Zimmer eingesperrt. Das Einzige, was sie nicht nach Belieben ein- und ausschalten konnte, war der Herd, deshalb ging sie ab und zu über Nacht in ein Hotel, um ein Bad zu nehmen und etwas
Weitere Kostenlose Bücher