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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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war kühl und dunkel nach dem gleißenden Sonnenlicht draußen. Hinter Türen auf beiden Seiten befanden sich Zimmer, die nirgendwohin zu führen schienen, und vor mir schwang sich eine zweiflügelige Treppe in die Höhe. Erst als ich irgendwo von rechts Stimmengemurmel hörte, bemerkte ich hinten eine mit grünem Boi bespannte Tür. Es war eine Schwingtür, und als ich sie einen Spalt aufdrückte, konnte ich jedes Wort verstehen, das auf der anderen Seite gesprochen wurde.
    »Ich sehe immer noch nicht ein, warum ich neben deiner verdreckten alten Kiste parken musste«, sagte der Mann. »Findest du es nicht etwas seltsam, ihr die Schlüssel wegzunehmen und dann auch noch den Weg zu versperren?« Sein Ton war scherzhaft, als wäre es für ihn etwas Selbstverständliches, diese Kindfrau zu necken.
    Jess hingegen hörte sich gereizt an, sein gönnerhaftes Gehabe schien ihr auf die Nerven zu gehen. »Sie hätte ja Zweitschlüssel im Wagen haben können.«
    »Dann wäre sie bestimmt abgedüst, während du mich vom Hof aus angerufen hast«, argumentierte er logisch.
    »Wie schade, dass ich nicht in die Zukunft sehen kann«, sagte sie schnippisch. »Dann hätte ich dich nämlich gar nicht behelligt. Ich hatte Angst, sie würde mir mit dem Gesetz über Kampfhunde kommen, wenn ich nicht wenigstens Besorgnis vortäuschte.«
    »Wer ist sie?«
    »Keine Ahnung – sie hat die Schlüssel zum Haus, ich vermute also, sie hat es gemietet. Ich dachte, sie hätte vor den Hunden Angst bekommen, deswegen habe ich die Meute nach Hause verfrachtet.« Sie berichtete kurz, was sich abgespielt hatte.
    »Hast du an die Möglichkeit gedacht, dass sie eine Hundeallergie haben könnte?«
    »Ja, natürlich, aber ich habe sie gefragt, ob es mit den Hunden zu tun gehabt hätte, und sie sagte, nein.«
    »Okay.« Anscheinend hatte er bisher gesessen, denn ich hörte Stuhlbeine über den Boden schrammen, als er Anstalten machte aufzustehen. »Ich gehe mal und rede mit ihr.«
    »Nein!«, sagte Jess scharf. »Sie muss aus freien Stücken hereinkommen.«
    Peter Colemans Stimme klang erheitert. »Was soll ich hier, wenn du bereits über die Therapie entschieden hast?«
    »Das habe ich dir doch schon gesagt. Ich wollte nicht verklagt werden.«
    »Also, ich kann jedenfalls nicht den ganzen Nachmittag hier herumsitzen«, sagte er hörbar gähnend. »Ich muss in einer halben Stunde auf dem Golfplatz sein.«
    »Es gibt andere Therapien als Tabletten, falls du das nicht weißt. Du würdest dein Golf ohne zu überlegen absagen, wenn eine deiner alten Damen mit dir plauschen wollte. Sonst würde ja dein Heiligenschein seinen Glanz verlieren.«
    Zu meiner Überraschung lachte Peter Coleman. »Du lieber Gott! Gibst du eigentlich
nie
auf? Ein Jammer, dass noch niemand ein Mittel gegen notorisches Nörgeln entdeckt hat – ich hätte dich schon vor zwölf Jahren an einen Tropf gehängt und dich damit voll gepumpt. Nur zu deiner Erinnerung – du hattest fünf Tage nicht geschlafen, und dein Herz pochte wie ein Hammer.« Er schwieg, als wartete er auf eine Reaktion. »Du weißt, dass die Beruhigungsmittel geholfen haben, Jess. Sie haben dir eine Verschnaufpause verschafft, und die hat dein Körper gebraucht.«
    »Sie haben einen Zombie aus mir gemacht.«
    »Gerade mal eine Woche lang, während deine Großmutter die Last auf sich nahm. Glaubst du nicht, ich hätte dir liebend gerne eine Papiertüte gegeben, wenn das allein geholfen hätte?«
    Jess sagte nichts.
    »Also, was verschreibst du der Frau da draußen?«
    »Immer mit der Ruhe. Sag lieber, was mit meinem Golf ist? Ich bin nicht nur Arzt, es gibt auch noch etwas anderes im Leben.«
    Aber das interessierte Jess nicht, und Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Ich hätte mich wohl bemerkbar machen sollen, aber die Situation wäre immer peinlich gewesen, ganz gleich, was ich getan hätte. Halb hoffte ich, sie würden gehen, wenn ich nur lange genug wartete; halb war mir klar, dass Erklärungen immer schwieriger wurden, je länger ich zögerte. Was wollte ich überhaupt sagen? Dass ich verschwinden würde? Dass ich bleiben würde? Und welchen Namen sollte ich dem Arzt nennen? Wenn er Marianne Currans Krankengeschichte anforderte, würde ich darin als Dreiundsechzigjährige erscheinen.
    Ich glaube, es war Lilys Vestibül, das mich zum Bleiben bewog. Man konnte unmöglich übersehen, wie heruntergekommen es war – an einer Stelle fast oben an der Decke hatte sich ein langes Stück Tapete von den Klebestreifen

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