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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Garten zu tun gehabt? Warum hatte sie nicht über das Festnetztelefon im Haus Hilfe geholt? Warum hatte sie Lily auf die Barton Farm gebracht anstatt ins Krankenhaus? Warum dieses schnelle Einschalten des Sozialdiensts? Warum alle anderen der Interesselosigkeit beschuldigen, wo ihr Verhalten Lily gegenüber doch die Höhe schandbarer Interesselosigkeit gewesen war? Verschwörungstheorien blühten, zumal als sich herausstellte, dass Lily heimlich die Dauervollmacht von ihrer Tochter auf ihren Anwalt übertragen hatte. Es wurde sofort geargwöhnt, dass Jess hinter dieser Entscheidung stecke.
    In Madeleines Abwesenheit wurde Lily zu ihrer eigenen Sicherheit in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und über das Wochenende dort behalten, während man sich bemühte, mit ihrem Anwalt Verbindung aufzunehmen. Madeleine kam eine Woche später, nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub, in aller Eile angereist, konnte aber nur noch zur Kenntnis nehmen, dass ihr alle Rechte, über das Schicksal ihrer Mutter zu bestimmen, genommen worden waren. Lilys Anwalt hatte seine Mandantin unverzüglich in einem teuren Pflegeheim untergebracht, ohne groß zu verkünden, dass er beabsichtigte, Barton House und die Familienerbstücke zu verkaufen, damit die Kosten für das Heim gedeckt werden konnten.
    Je nachdem, wem man glauben wollte, war Madeleine entweder eine eiskalte Schlange, die ihrer Mutter den Tod wünschte, damit sie das Haus erbte, bevor es für Lilys Pflege drangegeben werden musste; oder aber sie war hinsichtlich des Gesundheitszustands und der prekären finanziellen Lage ihrer Mutter so ahnungslos gewesen, dass deren katastrophaler gesundheitlicher Verfall und die jähe Erkenntnis, dass kein Geld da war, sie wie ein Schlag aus heiterem Himmel trafen. Zynisch wie ich bin, fiel es mir schwer, an so viel Ahnungslosigkeit zu glauben, auch wenn man in Winterbourne Barton darauf hinwies, dass Lily ihrer Tochter seit deren achtzehntem Geburtstag jede Woche ein großzügiges Taschengeld bezahlt hatte. Weshalb hätte sie daran festhalten sollen, wenn nicht, um Madeleine glauben zu machen, sie stünde besser da, als es tatsächlich der Fall war?
    In Lilys Fall war die Armut relativ. Solange Barton House Teil ihres Vermögens blieb, reichten ihre Mittel nicht aus, um das Pflegeheim zu bezahlen. Wurde es verkauft, so würde es mindestens 1,5 Millionen Pfund einbringen. Nicht ganz ohne Berechtigung widersetzte sich Madeleine dem Verkauf. Ihre Mutter könne morgen sterben oder noch weitere zwanzig Jahre leben, ein Haus nur zu verkaufen, weil man willkürlich mit zwanzig Jahren rechne, sei unvernünftig. Ein Machtkampf entspann sich zwischen Madeleine und Lilys Anwalt. Der Anwalt bot einen Kompromiss an. Wenn das Haus vermietet werde und alle Einkünfte aus den noch vorhandenen Wertpapieren für Lilys Pflege verwendet würden, sei er bereit, den Verkauf zu vertagen.
    Und hier kam nun ich ins Spiel, als erste Mieterin von Barton House. Ich wusste nichts über seine jüngste Geschichte, als ich mich zum Teich hinunterbeugte, um mir die Hände zu waschen. Wenn ich Bescheid gewusst hätte, wäre ich nicht geblieben. Es war ein Ort seelischer Qual …
Auszüge aus Aufzeichnungen unter dem Aktenzeichen ›CB15 – 18/05/04‹
    … Ich erinnere mich an eine Frau in Freetown, die durch die Straße vor meinem Wohnhaus irrte und sich selbst laut beschimpfte. Ich glaubte, sie wäre nicht nur geistig verwirrt, sondern auch taub, bis ich hörte, was mit ihr passiert war. Sie hatte sich unter ihrem Haus versteckt, als eine Bande Rebellen in ihr Dorf gekommen war. Die Krieger, etwa ein Dutzend an der Zahl, töteten alle, auch Mann und Kinder dieser Frau, und zogen erst wieder ab, als der Gestank der verwesenden Leichen unerträglich wurde. Seitdem beschimpfte die Frau sich öffentlich dafür, dass sie noch am Leben war.
    … Ich denke oft an sie. Sie lag ungefähr so lange unter ihrem Haus – reglos, still, in Todesangst –, wie ich in dem Keller in Bagdad festgehalten wurde. Hat sie mit sich selbst gesprochen, um nicht den Verstand zu verlieren? Und wenn ja, worüber? Hat sie mit sich selbst über das Für und Wider der Rettung des eigenen Lebens auf Kosten des Lebens der Kinder gerechtet? War das der Moment, als der Kreislauf des Wahnsinns begann?
    … In meinem Kopf sitzt ein Schrei, der nicht weggeht. Vielleicht sitzt er in jedermanns Kopf. Vielleicht hat deshalb die Frau in Freetown geschrien.
Warum will mich denn keiner haben?

6

    Das Vestibül

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