Des Teufels Werk
Riegel benutzt, weil das Schloss so geklemmt hat.« Sie ging an mir vorbei ins Vestibül. »Ich habe einen Mann damit beauftragt, es zu ölen, aber er meinte, das würde nicht lange halten.«
Ich schloss die Tür hinter ihr. »Jess hat mir Schmieröl geliehen. Ich sprühe es jeden Tag ein, und das scheint zu wirken.« Ich wies zum Wohnzimmer. »Möchten Sie da hineingehen? Oder lieber in die Küche?«
»Es ist mir gleich«, sagte sie, während sie sich umschaute, um festzustellen, ob ich etwas verändert hatte. Ich sah, wie ihr Blick kurz zu dem Stück Tapete flog, das sich von den Klebestreifen gelöst gehabt hatte und jetzt dank Jess wieder sachgerecht mit Kleister verklebt war. »Bei Mami musste es immer der Salon sein, wenn sie Gäste empfing. Da hat sie es sehr genau genommen. Sie fand, man könne Freunden nicht zumuten, sich zu schmutzigem Geschirr und Kartoffelschalen zu setzen. Haben Sie den Herd anbekommen?«
»Jess hat ihn mir angemacht.«
Prompt wurde Madeleines Mund verkniffen. »Wahrscheinlich mit Riesenbrimborium.«
»Nein.« Ich öffnete die Tür zum Wohnzimmer. »Setzen wir uns hier hinein?«
Trotz seiner Größe und sonnigen Lage war der Raum zu trist, um die Bezeichnung Salon zu verdienen, und ich hatte ihn seit dem Tag meiner Ankunft nicht mehr betreten. Jess hatte mir erzählt, dass hier antike Möbel und eine Menge Antiquitäten gestanden hatten, bis Madeleine sie gegen alten Krempel aus einem Second-Hand-Möbelgeschäft ausgetauscht hatte.
Auf dem Teppich, einem fadenscheinigen Veloursgewebe in Altrosa, waren aus Zeiten, da Lily noch selbst Mastiffs gehalten hatte, zahlreiche Spuren größerer und kleinerer ›Hundeunfälle‹ zu erkennen. Jess zufolge hatte Lily die Tiere nie genug bewegt und die Flecken einfach mit Perserbrücken zugedeckt. Sie waren jetzt eingelagert und schimmelten wahrscheinlich vor sich hin, wenn der feucht muffige Geruch im Zimmer etwas darüber aussagte, wie es um sie stand, als sie zusammengerollt und entfernt worden waren. Die Wände sahen noch schlimmer aus. Sie waren seit Jahren nicht mehr renoviert worden, über den Sockelleisten und unter der Wölbung der Decke blätterte der Putz ab. Hellere Flecken waren dort, wo Lilys Bilder gehangen hatten.
Um das Auge abzulenken, hatte Madeleine zwei Originale ihres Mannes und drei Jack-Vettriano-Poster aufgehängt –
The Singing Butler, Billy Boys
und
Dance Me to the End of Love
–, aber von den Postern war nichts weiter zu erkennen als die Spiegelung des Sonnenlichts im Glas. Ich konnte nicht verstehen, warum sie sie da angebracht hatte, Vettrianos
film-noir
-Stil vertrug sich überhaupt nicht mit Nathaniels Phantasiebildern von Häusern mit wucherndem Wurzelwerk und dichtem grünem Laub. Wahrscheinlich hatte sie sie irgendwo billig als Restposten gekauft. Es war kein Thema, über das ich mich mit ihr unterhalten wollte, unsere Geschmäcker waren offensichtlich zu verschieden.
»Was halten Sie von Vettriano?«, fragte sie prompt, als sie sich auf dem Vinylsofa niedergesetzt und ihren Rock ausgebreitet hatte. »Er ist sehr populär. Jack Nicholson hat drei Originale von ihm.«
»Ich ziehe Hockney und Freud vor.«
»Aber ja, na
türlich!
Tut das nicht jeder?«
Ich setzte mein liebenswürdigstes Lächeln auf. »Kann ich Ihnen einen Kaffee machen?«
»Danke, danke. Ich habe gerade bei Peter einen getrunken. Er hat eine Espressomaschine. Haben Sie seinen Kaffee schon einmal probiert?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich war gestern zum ersten Mal bei ihm. Er wollte mich mit ein paar Nachbarn bekannt machen.«
Sie beugte sich vor. »Wie fanden Sie sie?«
»Sehr nett«, antwortete ich. Es entsprach der Wahrheit, aber Madeleine konnte das nicht wissen. Ich konnte ja unter den gegebenen Umständen kaum etwas anderes sagen, ohne unhöflich zu erscheinen.
Sie schien erfreut. »Da bin ich aber erleichtert. Es wäre schrecklich, wenn Jess Sie gegen sie aufgebracht hätte.« Sie schwieg kurz, dann sagte sie hastig: »Bitte, verstehen Sie das nicht falsch – ich weiß, es geht mich nichts an –, aber Sie werden sich hier wohler fühlen, wenn Sie sich zum Dorf hin orientieren. Jess kann sehr seltsam sein, wenn sie Zuneigung zu jemandem fasst. Sie kann nichts dafür – ich bin überzeugt, es kommt daher, dass sie ihre Familie verloren hat. Jedenfalls klammert sie sich regelrecht an andere und merkt anscheinend gar nicht, wie lästig das ist.«
Beinahe hätte ich gesagt, es sei bei mir auch der Fall, aber das wäre mir wie
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