Des Teufels Werk
Möglichkeit, ins Haus einzudringen.
Aber das wirklich Heilsame war das Winterbourne Valley. Der Kontrast zwischen dem Lärm und Chaos Bagdads und diesen friedlichen Feldern mit reifendem Korn und gelbem Raps hätte nicht eindringlicher sein können. Autos begegnete man selten, Menschen noch seltener. Aus den oberen Fenstern konnte ich in der einen Richtung bis zum Dorf sehen und in der anderen bis zum Ridgeway – einer Bodenfalte hinter Dorsets Küste. Das gab mir ein Gefühl von Sicherheit, denn die Hecken und die Dunkelheit, die einen Eindringling verbargen, konnten auch mich verbergen.
Jess war überzeugte Umweltschützerin. Sie bewirtschaftete ihr Land so wie früher ihre Vorfahren, indem sie Fruchtwechselwirtschaft betrieb, mit Pestiziden sparsam umging, seltene Arten auf Lager hielt und die auf ihrem Land wild wachsenden Arten schützte, indem sie ihren natürlichen Lebensraum bewahrte. Als ich sie einmal nach ihrem Lieblingsbuch fragte, sagte sie, es sei
Der geheime Garten
von Frances Hodgson Burnett. Es war einer jener seltenen Momente, in denen Ironie bei ihr aufblitzte – sie wusste, ich würde sie sofort mit der schwierigen, ungeliebten Waise in der Geschichte gleichsetzen –, aber zweifellos kam ihr diese Landschaft, die Wildnis und Verborgenheit bot, in besonderer Weise entgegen.
Madeleine hingegen mochte es lieber bevölkert. In Gesellschaft, wo sie ihren ungezwungenen Charme und ihre routinierte Gewandtheit ausspielen konnte, lief sie zu Hochform auf. Peter beschrieb sie als typisches Produkt eines teueren Mädcheninternats, sprachgewandt, wohlerzogen und nicht von zu viel Verstand belastet.
Ich fand sie ungewöhnlich attraktiv, als ich ihr das erste Mal begegnete. Sie hatte das zarte Gesicht und den ziselierten englischen Akzent der eleganten britischen Filmstars der Vierziger und Fünfziger, wie Greer Garson in
Mrs. Miniver
oder Virginia McKenna in
Carve her Name with Pride.
Es war der zweite Sonntag, den ich in Barton House verbrachte. Peter hatte mich zu Drinks in seinen Garten eingeladen, um mich mit einigen meiner neuen Nachbarn bekannt zu machen. Es ging sehr zwanglos zu, vielleicht zwanzig Leute, und Madeleine kam spät. Ich glaube, sie war gar nicht eingeladen, denn Peter hatte sie vorher nicht erwähnt.
Trotz der Fotografie im oberen Flur von Barton House hatte ich keine Ahnung, wer sie war, bis wir einander vorgestellt wurden. Erst hielt ich sie für Peters Freundin, weil sie sich gleich bei ihrer Ankunft bei Peter einhakte und sich von ihm im Garten umherführen ließ. Seine Gäste waren aufrichtig erfreut, sie zu sehen. Es gab eine Menge Freudenrufe, Küsschen und Umarmungen, und ich war etwas erstaunt, als ich hörte, dass dies Lilys Tochter war.
»Ihre Vermieterin«, bemerkte Peter mit einem Augenzwinkern. »Wenn Sie Klagen haben, ist jetzt der Moment, sie vorzubringen.«
Ich war bis dahin recht gut zurechtgekommen – höchstens einmal ein kleiner Stich der Angst, wenn ich eine Männerstimme hinter mir hörte –, aber als ich Madeleine die Hand gab, setzte mein Herz ganz deutlich eine Sekunde aus. Wenn man Jess glauben konnte, war diese Frau eine eiskalte Person, die ihre Mutter in die Armut getrieben und sich später keinen Deut mehr um sie gekümmert hatte. Meiner Ansicht nach benebelte Jess' unerklärlicher Hass ihr Denken, aber auch mir war diese Frau nicht ganz geheuer, und Madeleine las mir mein Unbehagen vom Gesicht ab.
Ihre Reaktion war augenblickliche Zerknirschtheit. »Ach, du meine Güte? Ist das Haus schlimm? Fühlen Sie sich nicht wohl?«
Was konnte ich anderes tun als abwiegeln. »Doch, doch«, beteuerte ich. »Es ist ein schönes Haus – genau das, was ich gesucht habe.«
An dem Lächeln, das ihr Gesicht erhellte, war nichts Künstliches. Sie trennte sich von Peter und hakte sich bei mir ein. »Ja, es ist wirklich schön, nicht wahr? Ich hatte dort eine
herrliche
Kindheit. Peter hat mir erzählt, Sie schreiben ein Buch? Wovon handelt es? Ist es ein Roman?«
»Nein«, sagte ich vorsichtig. »Es ist ein Sachbuch … über Psychologie – nicht sehr aufregend, fürchte ich.«
»O doch, das ganz bestimmt. Meine Mutter hätte das sehr interessiert. Sie hat leidenschaftlich gern gelesen.«
Ich öffnete den Mund, um ihren Enthusiasmus zu dämpfen, aber sie war schon beim nächsten Thema. Ich weiß jetzt nicht mehr genau, was es war, wahrscheinlich sprach sie von Daphne du Maurier – »eine alte Freundin von Mami« –, mit deren enger Freundschaft zur
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