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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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seinen berührten. »Hat das Bild einen Titel?«
    »Der wird Ihnen nicht helfen.
Ochre.
Wie finden Sie es?«
    »Ehrlich? Oder reißen Sie mir den Kopf ab wie Jess? Ich habe da drinnen förmlich gespürt, wie sie mir im Nacken saß und schimpfte, ich solle gefälligst nicht so arrogant sein.«
    Peter war amüsiert. »Nur hasst sie die Gedankenpolizei noch mehr, als Sie das tun. Sie nennt es das Kaisers-neue-Kleider-Syndrom. Wenn jemand wie Saatchi bereit ist, für ein ungemachtes Bett ein Vermögen zu bezahlen, dann muss es gut sein – so denken jedenfalls die meisten. Und wer das nicht mitmacht, gilt als Idiot. – Seien Sie einfach ehrlich«, schlug er vor.
    »Okay, also, es ist wesentlich besser als alles, was drüben im Haus hängt, auch wenn ich keinen blassen Schimmer habe, was es darstellen soll. Es hat etwas Surreales. Eines krieg ich überhaupt nicht in meinen Kopf – wie kommt es, dass Madeleine und der Mann, der dieses Bild gemalt hat, zusammenleben? Ich meine, sie ist so bürgerlich und angepasst – und Nathaniel ist doch offenbar irgendwie jenseits dieser Welt. Wie passt das zusammen?«
    Er lachte mit einer gewissen Geringschätzung. »Dieses Bild hat Nathaniel gemalt, bevor er mit ihr verheiratet war. Das, was er heute macht, ist zahmes Zeug. Jess bezeichnet es als Kitsch-Häuschen mit Blumenkästen. Womit sie gar nicht so Unrecht hat. Er verkauft kaum noch etwas.«
    »Was haben Sie für Ihr Bild bezahlt?«
    Peter schnitt ein Gesicht. »Fünftausend Pfund, vor elf Jahren, und heute ist es praktisch wertlos. Ich habe es bei der Scheidung schätzen lassen. Als Geldanlage war es ein Desaster – aber als Kunstwerk fasziniert es mich immer noch. Als ich es kaufte, sagte Nathaniel, der Schlüssel zu seiner Bedeutung sei das immer wiederkehrende Munch-Gesicht – der angsterfüllte Schrei.«
    Ich wartete. »Okay«, sagte ich dann. »Ich habe die Gesichter wahrgenommen, aber das hilft mir nicht viel weiter. Geht es um die Hölle?«
    »In gewisser Weise.« Er hielt einen Moment inne. »Ich dachte, Sie würden vielleicht die Gefühle wiedererkennen. Es zeigt eine Panikattacke. Munch litt die meiste Zeit seines Lebens an Ängsten, und
Der Schrei
wird im Allgemeinen als Ausdruck intensiver Angst oder Furcht interpretiert.«
    Ich zog leicht ironisch eine Braue hoch.
    »Haben Sie das nicht bemerkt?«
    »Nein, kann ich nicht behaupten. Warum die lebenden Häuser? Warum müssen sie schwanken? Ich dachte, Menschen mit Platzangst kämen mit Häusern nicht zurecht. Und warum müssen die Tiere menschliche Gesichter haben? Tiere kennen seelische Ängste nicht – oder jedenfalls nicht in dem Maß wie Menschen.«
    »Ich glaube nicht, dass man dem Bild mit Logik beikommen kann, Marianne. Panik ist eine irrationale Reaktion.«
    Bei dem »Marianne« stutzte ich wie immer. Für mich war es weiterhin nur der Name meiner Mutter, und immer war ich zunächst einen Moment perplex, wenn mich jemand mit ihm ansprach. Ich glaube, Peter war nahe daran, mir zu gestehen, dass er wusste, wer ich wirklich war, aber ich sprach, bevor er etwas sagen konnte. »Er kann es nicht während eines Anfalls gemalt haben – dazu ist es zu detailliert und zu genau. Ihm hätten zumindest die Hände gezittert.«
    Peter zuckte mit den Schultern. »Wer sagt, dass
er
die Attacke hatte? Vielleicht hat er sie bei jemand anderem miterlebt.«
    »Bei wem?«
    Wieder ein Schulterzucken.
    »Nicht bei Madeleine«, sagte ich ungläubig. »Sie hat gar nicht die Fantasie, sich in so etwas hineinzusteigern. Und außerdem – wenn sie ihn inspiriert hat, würde er dann nicht jetzt noch genauso malen?«
    »Ich weiß nicht, was jetzt seine Themen sind. Madeleine spricht von abstrakten Reflexionen über das Menschsein – aber ich weiß nicht, ob das von ihr kommt oder von Nathaniel. Ist auch gleich, es sind jedenfalls ziemlich verzweifelte Verrenkungen, um einen eklatanten Verlust an Begabung wettzumachen. Im Augenblick verdient er sich sein Geld als Lehrer.«
    »Wie alt ist er?«
    »Mitte dreißig. Er war vierundzwanzig, als er das Bild drüben malte.«
    »Und wie alt ist Madeleine? Neununddreißig – vierzig? Wann haben sie geheiratet?«
    »Vierundneunzig.«
    Vor zehn Jahren. Ich rechnete kurz. »Hm, das macht ihn fast zum Toy Boy. Vielleicht ist sie gar nicht so spießig, wie ich dachte. Jess sagte, sie hat einen elfjährigen Sohn. Ist Nathaniel der Vater?«
    »Soviel ich weiß, ja. Sie haben kurz nach seiner Geburt geheiratet.«
    »Wie fand Lily das denn?«
    »Wie

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