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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Erklärung. Wir hausen hier in einem engen Zimmer in einem mittelmäßigen Hotel, da wäre es hilfreich zu wissen, wie lange das so gehen soll. Deine Mutter hat – was immer sie sich dabei gedacht hat – nur unsere guten Sachen eingepackt und nichts Bequemes, so dass wir nun am Samstagmorgen wie aus dem Ei gepellt und äußerst misslaunig herumlaufen. Wir können natürlich auch den ganzen Tag im Pyjama bleiben, aber es besteht die ernste Gefahr, dass wir uns gegenseitig umbringen werden, wenn wir nicht hinauskommen.
    Wir fühlen uns gar nicht wohl, C. Wir haben getan, was du wolltest, weil du mit psychischer Nötigung gearbeitet hast, aber wenn das so weitergehen soll, musst du uns schon ein paar triftige Gründe dafür nennen. Deine Mutter ist besorgt und deprimiert, weil wir nicht wissen, warum du vor diesem Mann Angst hast, und ich fühle mich aus demselben Grund zur Tatenlosigkeit verurteilt. Ich bin wirklich geneigt, nicht länger auf dich zu hören und mich an die Polizei zu wenden. Ich werde zwar ein wenig dumm dastehen, weil ich ihnen weder seinen Namen nennen noch etwas über seine Vergangenheit oder sein Aussehen sagen kann, aber ich kann ihnen immerhin deine Adresse geben, C., und vielleicht werde ich das in deinem eigenen Interesse auch tun.
    Es tut mir Leid, dass ich so ein alter Griesgram bin, aber du mutest uns einiges zu.
Du
bist es vielleicht gewöhnt, aus dem Koffer zu leben, aber wir sind über das Alter, wo man das lustig findet, lange hinaus. Falls du es vergessen hast, deine Mutter wird Ende des Monats vierundsechzig, was ein weiterer Grund für ihre Übellaunigkeit ist. Abgesehen davon, dass wir dich nun nicht besuchen werden, schmeichelt das Licht in diesem Badezimmer weit weniger als in dem zu Hause!
    Bitte tu nicht, was du sonst immer tust und lass das tagelang liegen. Ich werde keine Ruhe geben. Wenn ich bis morgen keine Antwort mitsamt einer Erklärung habe, gehe ich zur Polizei. Und das ist keine psychische Nötigung, das ist eine Drohung.
    Alles Liebe, Dad

Von: [email protected]
    Abgesandt: Sa, 14/04/04, 14.19
    An: [email protected]
    Thema: Ergänzende Informationen
    Liebe Connie,
    ich habe eine Wochenendschicht eingeschoben, wie Sie sehen, und Ihre EMail heute Morgen gleich gelesen. Darf ich etwas zitieren, was mein Vater mir beigebracht hat, als ich neun Jahre alt war und in der Schule gehänselt wurde? »
Das Geheimnis des Glücks ist Freiheit; und das Geheimnis der Freiheit ist Mut
.« Als ich erklärte, ich hätte keinen Mut, sagte mein Vater: »Aber natürlich hast du den, mein Junge. Mut ist nicht, dass man versucht, jemanden zu schlagen, der größer und stärker ist als man selbst – das ist Dummheit. Mut ist, dass man Heidenangst hat und es nicht zeigt.« Er war Bergarbeiter und alles, was er wusste, hatte er sich selbst beigebracht. Er ist an einem Emphysem gestorben, als ich fünfzehn war. Ich erzähle Ihnen später einmal von ihm. Er wird nie in die Annalen der Geschichte eingehen, aber er war ein guter Mensch, und was er sagte, hatte Hand und Fuß.
    Wenn mein Vater jetzt mit Ihnen sprechen könnte, würde er sagen, dass Ihr Mut Sie am Leben erhalten hat. Aber er würde Ihnen auch sagen, dass es eine Kehrseite der Medaille gibt: Wer der Welt ein mutiges Gesicht zeigt, muss mit seinen Ängsten allein fertig werden. Und der menschliche Geist besitzt eine gefährliche Neigung, Tatsachen zu entstellen.
    Ich nehme an, Sie haben sich inzwischen viele Gründe überlegt, warum MacKenzie Sie nicht getötet hat – und nicht einer berücksichtigt Ihr eigenes Zutun. In Situationen körperlicher oder seelischer Misshandlung ist es ausnahmslos so, dass die Opfer sich selbst unterschätzen und die Intelligenz und Macht ihres Peinigers übertrieben hoch einschätzen. Er fürchtete, Surtees würde zwei und zwei zusammenzählen? Er vertraute seinen Komplizen nicht? Ihre Beschuldigungen waren falsch, und er ist überhaupt kein Mörder? Alles Blödsinn, Connie. Ein Mann, der bereit ist, eine Frau einzusperren und brutal zu misshandeln, ist auch des Mordes fähig, und nichts hätte ihn hindern können, nach bewährtem Muster zu handeln und sein Opfer, nämlich Sie, zu verunstalten (sogar zu enthaupten), dann aus dem Irak zu verschwinden, seine Identität zu ändern und Terroristen die Schuld tragen zu lassen.
    Sie sollten sich als das sehen, was Sie in diesen drei Tagen waren – eine ohnmächtige Gefangene –, aber ich fürchte, Sie sind dabei, die ganze Geschichte

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