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Des Todes Liebste Beute

Des Todes Liebste Beute

Titel: Des Todes Liebste Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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verbot Trinken, Tanzen, Rock ’n’ Roll und Kartenspielen, aber Sex war natürlich die übelste aller Sünden. Also hatte ich gewartet, aber nicht auf diesen Typen.«
    »Aber er wollte dein Nein nicht akzeptieren.«
    »So ist es. Ich habe gekratzt und geschrien und getreten, aber er war zu stark. Er riss mich zu Boden, als wäre ich ein Kleinkind. Er sagte die ganze Zeit, dass ich es ja auch wollte, dass ich es provoziert hätte. Ich erklärte ihm, dass ich noch nie … aber er hat bloß gelacht. Meinte, ich wäre doch in Italien gewesen, eine Frau von Welt. Er hielt mich fest, presste mir eine Hand auf den Mund …« Unfähig, ihn noch weiter anzusehen, hob sie den Blick zur Decke. »Er hat mich vergewaltigt. Ich schaltete ab und konzentrierte mich darauf, dass es bald vorbei sein würde, dass es ja irgendwann vorbei sein
müsste,
und ich konnte das Riesenrad sehen und zählte die Gondeln, und irgendwann war es dann tatsächlich vorbei.« Sie senkte ihren Blick wieder und sah, dass er seine Hand zur Faust geballt hatte. Sie legte ihre Hand über seine, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass die Wahrheit zu hören für ihn vielleicht ähnlich schlimm war wie für sie, sie zu erzählen. Auch wenn er es unbedingt hatte wissen wollen. »Er hat mich da einfach liegen lassen. Im Dreck hinter der Scheune.«
    »Hast du es jemandem erzählt?«
    »Irgendwann ja.«
    »Der Polizei?«, fragte er gepresst.
    »Nein.« Sie seufzte. »Wir sagen den Mädchen immer, sie sollten Anzeige erstatten, aber sie haben Angst. Und ich hatte es auch. Angst, dass man mir nicht glauben würde. Er hatte mir gesagt, er würde behaupten, wir hätten es beide gewollt. Wir waren zwei Monate zusammen gewesen – niemand würde an seiner Aussage zweifeln. Er war kein Draufgänger. Er war ein ganz normaler Kerl, der brav in die Kurse ging und pünktlich seine Hausarbeiten einreichte. Kein Verführer. Und das war ja auch der Grund gewesen, warum ich überhaupt Vertrauen zu ihm gefasst hatte.«
    »Wem hast du es also erzählt?«
    »Meinen Eltern.«
    »Und?«
    Sie sah das Gesicht ihres Vaters vor sich, als wäre es gestern gewesen. Sie hörte noch immer das Zischen seiner Hand, die blitzschnell durch die Luft sauste und sie niederschlug. Sie war zu Boden gegangen und liegen geblieben, zitternd, gedemütigt, fassungslos.
    Und schwanger.
    »Er hat mir nicht geglaubt.«
    »Was?« Abe sprang auf die Füße und starrte sie empört an. »Er hat dir nicht geglaubt?«
    »Nein. Er meinte nur, ich sei wie meine Schwester. Verdorben.«
    Sie beobachtete müde, wie Abe begann, auf und ab zu gehen. »Bist du deshalb von zu Hause weggegangen?«, fragte er.
    »Ich bin nicht gegangen. Er hat mich rausgeworfen.« Sie war allein gewesen. Und entsetzt. Und ohne einen Cent.
Und schwanger.
    Abe erstarrte, dann wandte er sich langsam und ungläubig zu ihr um. »Er hat dich rausgeworfen?«
    »Ja.«
    »Und deine Mutter?«, fuhr er sie an. »Was hat sie getan?«
    »Nichts. Sie hat mich nur angesehen. Wenn Kara noch gelebt hätte, hätte sie vielleicht die Kraft gehabt, sich gegen ihn aufzulehnen, aber damals war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Es war im Grunde genommen auch egal. Der Junge hatte all seinen Freunden erzählt, was passiert war. Sie glaubten jetzt, ich wäre leicht ins Bett zu kriegen.«
Und ich wusste, dass man es mir im Herbstsemester ansehen würde.
»Also verließ ich in den Sommerferien die Uni. Eine von den ehemaligen Freundinnen meiner Schwester war nach Chicago gezogen, und ich konnte bei ihr wohnen. Ich schrieb mich hier an der Uni ein und studierte weiter.«
    Abes Hände zitterten. Er schob sie in die Tasche. »Kunst?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich konnte danach nicht mehr malen. Ich belegte Wirtschaft und entschied mich anschließend für Jura.«
Und ich bekam ein Baby. Das ich weggab.
Aber als sie den Mund öffnete, um ihre Geschichte zu Ende zu erzählen, sah sie vor ihrem inneren Augen Abe und die schwangere Debra, glücklich über das Kind, das nie zur Welt kommen sollte.
Und ich habe meins weggegeben.
    Abe ließ sich schwer auf den Stuhl fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. »Gott.«
    »Als ich vorhin das Riesenrad sah …« Sie schauderte. »Ich habe einfach nicht mehr viel für Riesenräder übrig.«
    Er schwieg, hielt nur den Kopf gesenkt. Sie streckte den Arm aus und strich ihm übers Haar. »Es ist vorbei, Abe. Ich habe mein Leben weitergelebt.«
    Er hob den Kopf, der Blick durchdringend. »Allein.«
    Sie begegnete

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