Des Todes Liebste Beute
musste ihr den ganzen Nachmittag gefolgt sein und sie beobachtet haben, bis sie genug Material zusammengetragen hatte, um sich wichtig zu machen.
»Und so scheint ein scheußliches Kapitel aus dem Leben dreier Frauen dem Ende zuzugehen«, sagte Richardson nun. Ihr Haar bewegte sich in der frischen Abendbrise kaum. »Zuerst waren sie Vergewaltigungsopfer, denen durch – wie manche sagen – Inkompetenz im Büro der Staatsanwaltschaft Gerechtigkeit verwehrt wurde. Doch heute sind diese Frauen endlich gerächt. Heute bekamen alle drei Frauen Besuch von ASA Kristen Mayhew in Begleitung von zwei Detectives der Chicagoer Polizei, die ihnen mitteilten, dass Anthony Ramey, jenes Ungeheuer, das sie geschändet und gedemütigt hatte, endlich den Preis für seine Taten gezahlt hat.«
Die Nachrichtensprecherin unterbrach mit nüchterner, besorgter Stimme. »Und was sagt die Polizei und die Staatsanwaltschaft dazu, Zoe?«
»Bisher ist es uns nicht gelungen, die Polizei zu einem Kommentar zu bewegen. Wir können nur annehmen, dass sie daran arbeitet, Spuren nachzugehen, um Rameys Killer zu finden.«
»Konnten die drei Frauen wertvolle Informationen beisteuern, Zoe? Irgendetwas, das der Polizei helfen würde?«
»Blöde Ziege«, brummte Jack. »Als ob wir eure Hilfe bräuchten.«
»Nicht die Briefe«, presste Mia atemlos hervor. »Erwähn bitte die Briefe nicht.«
Richardsons Augen weiteten sich gespielt, als wäre ihr gerade erst etwas eingefallen, und Mia klatschte mit der flachen Hand auf den Tisch. »Verdammt!«
Kristen hob die Hand, um die anderen zum Schweigen zu bringen.
»Da ist tatsächlich noch etwas, Andrea. Jede der Frauen hat heute einen anonymen Brief erhalten, in dem stand, dass Ramey tot ist und seine gerechte Strafe erhalten hat.« Zoes Augen leuchteten. »Jeder Brief war mit ›Ihr ergebener Diener‹ unterzeichnet. Ich bin Zoe Richardson.«
Die Kamera kehrte zurück zu dem ernsten Gesicht der Nachrichtensprecherin Andrea. »Vielen Dank für diesen Exklusivbericht, Zoe. Wir sind gespannt auf weitere Einzelheiten.« Dann wurde ihre besorgte Miene so abrupt heiter, dass es unfreiwillig komisch wirkte. »Und nun zurück zu unserem regulären Programm.«
Wütend schaltete Kristen den Fernseher aus, und eine lange Weile sprach niemand.
»Woher weiß sie das?«, fragte Spinelli schließlich, und man hörte, dass er Mühe hatte, seinen Zorn zu beherrschen. »Woher zum Teufel weiß sie das?«
Kristen stand noch immer vor dem Apparat und starrte auf den schwarzen Bildschirm. »Sie ist uns gefolgt.« Sie schluckte hörbar. »Sie ist
mir
gefolgt.« Sie legte die Fernbedienung betont behutsam auf den TV -Apparat. »Ich kann es nicht glauben.«
»Ach, lassen Sie meine Mom das nur machen«, sagte Abe fröhlich. »Ich weiß aus vertraulichen Quellen, dass sie gezielte Ohrfeigen verteilen kann, wenn sie sauer ist.« Er stieß lautlos die Luft aus, als er sah, dass Kristens steifer Rücken sich ein wenig entspannte und sie sich mit einem kleinen Lächeln zu ihm umdrehte.
»Und wie viele Male war Ihre Mutter Ihretwegen sauer, Reagan?«, fragte sie.
Abe zwang sich zu einem Grinsen. »Öfter, als ich zählen kann.«
Ihr angespanntes Lächeln wurde zu einem verschmitzten Grinsen. »Okay,
das
kann ich glauben.«
Spinelli presste sich die Hände aufs Gesicht. »Tja, Leute, die Katze ist aus dem Sack. Ich setze für morgen eine Pressekonferenz an. Abe, sorgen Sie dafür, dass wir wissen, wo die Opfer zum Zeitpunkt der Morde gewesen sind – sofern wir das eingrenzen können, natürlich –, und finden Sie heraus, ob es Scharfschützen darunter gibt.«
»Sie meinen, außer Stan Dorsey?«, fragte Abe trocken, und Spinelli hob den Blick zur Decke.
»Gott helfe uns. Ich will jeden Schritt wissen, den Dorsey an den fraglichen Tagen getan hat. Ich werde alle Cops und Anwälte aussortieren, die genügend Talent für solche Treffer haben. Mia, du verfolgst die Spur mit dem Sandstrahlen weiter. Und mit ein bisschen Glück hat Julia nach den Autopsien noch etwas mehr für uns.«
»Was ist mit seinem nächsten Opfer?«, fragte Kristen. »Warten wir, bis die nächste Kiste auf meiner Türschwelle steht?«
Spinelli schüttelte den Kopf. »Ich veranlasse, dass morgen Überwachungskameras um Ihr Haus herum eingerichtet werden. Wenn er noch einmal bei Ihnen auftaucht, werden wir es mitbekommen.«
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, das ist es nicht, was ich meinte. Wir wissen, dass er etwas gegen Sexualstraftäter
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