Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)
aufgesammelt und dann vier Jahre lang von Helfern trainiert, damit sie ausgewildert werden können. Und mit denen geht man im Prinzip um wie mit menschlichen Babys. Ein großer Teil von ihnen ist leider so krank, dass man sie nicht wieder auswildern kann. Viele haben Tbc, Diabetes, Herpes und zum Teil HIV, sodass sie lebenslang in dieser Auffangstation bleiben müssen. Die werden täglich gefüttert, gut behandelt, und ihnen wird ein halbwegs affenwürdiges Leben beschert. Bei ausgewachsenen Orangs sollte man sich nicht verschätzen. Die sind nicht ungefährlich, weil sie unglaubliche Kraft haben. Willie Smits, ein Holländer, der die Station betreibt, hat ein Männchen vor Jahren gerettet und großgezogen. Dieser Affe hat eine enge Beziehung zu Willie entwickelt. Eines Morgens, als der Holländer wieder gehen wollte, hat er durch die Gitterstäbe gelangt und ihm das Wadenbein komplett zerquetscht, weil er nicht wollte, dass er schon geht. Das war ein Akt der Liebe, die für Willie leider schmerzhaft endete. Ansonsten sind die viel zu gutmütig, um es mit den Menschen aufnehmen zu können.
Du bist ja sehr engagiert mit Tieren. War das bei dir als Kind schon so, dass du dich für Schwächere eingesetzt hast?
Zuerst möchte ich sagen, dass ich die Tiere nur als Symbol dafür sehe, was wir Menschen mit Natur und Umwelt veranstalten. Ich bin nicht explizit Tierschützer, sondern habe in den ZDF-Dokus «Im Einsatz für Orang-Utans», «… Eisbären», «… Haie» und «… Gorillas» die Regenwaldvernichtung, Meeresüberfischung, Meeresverschmutzung, CO 2 -Ausstoß und Polkappenschmelze etc., also jeweils klassische Umweltthemen beackert und diese mit aussterbenden Tierarten illustriert, weil es sonst zu abstrakt ist. Wenn ich einen Film über den verschwindenden Regenwald mache, kriege ich nicht mal einen Sender. Wenn ich einen Film mache über Orang-Utan-Waisenbabys, deren Lebensraum zerstört wird, bekomme ich einen Sendeplatz.
Den Deutschen interessiert es nicht, ob wir im indonesischen Dschungel viel zu viele Bäume abholzen. Der weiß ja nicht mal genau, wo das ist. Aber wenn ich dokumentiere, dass unser Teak-, Meranti-, Bankirai- und Palmöl-Konsum dazu führt, dass der letzte Lebensraum der Orang-Utans vernichtet wird, dann versteht man das. Mir geht es nicht nur um den Missbrauch dieser Tiere. Es ist einfach eine sehr emotionale Art und Weise zu erzählen, was der industrialisierte Mensch so mit Mutter Erde treibt. Ich bin seit meinen Teenager-Jahren Greenpeace-Mitglied, und wenn du alle drei Monate diesen Greenpeace-Newsletter kriegst, wirst du irgendwann wütend, einfach weil immer noch nichts gegen die Umweltzerstörung getan wird. Irgendwann hatte ich dann die Idee, meine Fernsehtätigkeit auch mal anders zu nutzen als nur zur Unterhaltung.
Hattest du als Kind schon Tiere?
Oh ja. Hamster, Meerschweinchen, Katzen, wir hatten immer Tiere zu Hause.
Bist du ein Einzelkind?
Nein. Ich habe eine ältere Schwester, die ist Krankenschwester, und einen jüngeren Bruder, der ist Maler in Köln.
Deine Schwester ist Krankenschwester. Liegt «anderen zu helfen» bei euch in der Familie?
Ich bin sicherlich in diese Richtung erzogen worden. Meine Eltern sind beide ausgesprochen sozial und politisch engagiert. Das hat also viel mit unserem Elternhaus zu tun.
Du bist ja in Amerika groß geworden. Hast du eine spezielle amerikanische Macke? Oder ’ne spezielle deutsche?
Ich habe lustigerweise beide Pässe und auch zwei Wohnsitze, weil ich mich bis heute, selbst im fortgeschrittenen Alter von 51, noch immer nicht entscheiden kann, ob ich lieber in den USA leben möchte oder in Europa. Das ist bestimmt eine meiner Macken.
CS: Das klingt zumindest nach anstrengendem Pendeln.
Wenn ich drei Monate drüben bin, kriege ich Europa-Heimweh. Wenn ich lange genug hier bin, denke ich: «Mein Gott, möchte ich gerne wieder in die USA!» Das ist so eine Entscheidung, die ich seit über 20 Jahren vor mir herschiebe.
Ja, musst du denn eine Entscheidung treffen?
Sagen wir mal so, das würde mein Leben schon sehr vereinfachen. Vor allem das Privatleben.
Würdest du von dir sagen, dass du prinzipiell entscheidungsscheu bist?
Eigentlich gar nicht. Deswegen ist es eher untypisch für mich. Es gibt Dinge, die Amerikaner tun, die finde ich großartig.
Sag, was ist großartig?
Dass man grundsätzlich erst einmal positiv mit allem im Leben umgeht. Dass man glaubt,
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