Des widerspanstigen Zaehmung
befinden?"
„Bist du zum ersten Mal hier, Grayson?", wollte Heath amüsiert wissen.
„Zum zweiten Mal", flüsterte der Marquess, dann musste er sich räuspern.
Wieder sah er sich in der Kapelle um. Eine der Brautjungfern war inzwischen in Tränen aufgelöst. Die Gäste wurden spürbar unruhiger und rutschten ungeduldig auf ihren Plätzen hin und her, ihr Tuscheln drehte sich eindeutig um die Frage, was nun geschehen sollte. Nicht mehr lange, dann würde Grayson zur Tat schreiten und sich irgendeinen lächerlichen Vorwand für Nigels Verhalten ausdenken müssen. Im Geiste begann er bereits zu üben.
So unwahrscheinlich, es auch war, konnte er nicht ausschließen, dass dieser Trottel von Cousin mit seinen Satinhausschuhen auf der Treppe ausgerutscht und so unglücklich gestürzt war, dass er das Bewusstsein verloren hatte. Die Gäste, die Nigel kannten, würden das gar nicht mal für so abwegig halten.
Er konzentrierte sich wieder auf die ansprechende Figur der jungen Frau, die da vor ihm mit hoch erhobenem Kopf vor dem Altar stand. Ein Mann musste schon ein Herz aus Stein haben, wenn er kein Mitleid mit ihr empfand und nicht den Wunsch verspürte, sie vor dem Schmerz zu bewahren, den Nigel ihr bereitete.
Leise sagte er zu Heath: „Man muss es schon bewundern, dass sie weder vor Hysterie in Tränen ausbricht, noch in einem Wutanfall ihren Brautstrauß zerfetzt. Andere Frauen, die ich kenne, hätten so etwas längst gemacht." Bei diesen Worten sah er zu Lady Greenhall und Mrs. Parks, die beide nicht für ihre Unterwürfigkeit bekannt waren.
In einer Bankreihe war ein ältlicher Abgeordneter des Unterhauses soeben von seiner Frau aufgeweckt worden, woraufhin er in einem Augenblick der Verwirrung ausrief, ob die verfluchte Hochzeit denn nun endlich vorüber sei.
„Sie hat noch gar nicht begonnen", ließ Mrs. Parks ihn in verlegenem Flüsterton wissen. „Der Bräutigam wird offenbar vermisst."
Der Gentleman schüttelte den Kopf und schaute mitfühlend zu der einsamen Gestalt vor dem Altar. „Sie hält sich gut, würde ich sagen", meinte er schroff. „So stoisch wie ihr Vater. Sie ist aus dem gleichen Holz geschnitzt. Eine Weisham lässt sich eben nicht unterkriegen."
„Die Ärmste muss am Boden zerstört sein", murmelte Mrs. Parks schniefend, um gegen ihre Tränen anzukämpfen. „Von einem Mann versetzt zu werden, den sie ihr Leben lang geliebt hat. Ich möchte nur wissen, was ihr in diesem Moment durch den Kopf geht."
Was Lady Jane Weisham in diesem Moment durch den Kopf ging, hätte man vor Gesellschaft wohl kaum laut wiederholen können. Vor allem wollte sie nach Hause eilen und. sich des Seidenkorsetts entledigen. Die stählernen Stäbe, die ihm Halt gaben, pressten ihr förmlich die Luft aus dem Leib. Sie hatte ganz sicher lange genug dagestanden und gelitten, und inzwischen musste auch der Letzte erkannt haben, dass sie versetzt worden war.
Ihre nächste Sorge betraf ihre Mutter, eine zerbrechliche Blüte der Weiblichkeit, eine Frau, die keiner so robusten Linie entstammte wie ihr Vater. Ihre Mutter schien außer sich zu sein, da sie nicht verstehen konnte, dass eine junge Frau -allen voran ihre eigene Tochter - eine solche öffentliche Schmach über sich ergehen lassen musste.
„Die einzige akzeptable Entschuldigung ist die, dass Nigel ums Leben gekommen ist", ließ Lady Belshire voller Inbrunst jeden wissen, der es hören wollte.
Der Earl erwiderte darauf: „Dazu wird es spätestens dann kommen, wenn ich ihn in die Mangel habe nehmen können!"
„Aber sie sind sich seit Ewigkeiten versprochen gewesen", sagte seine Frau unter Tränen. „Am Tag ihrer Geburt waren wir alle der Ansicht, eine gemeinsame Zukunft erwarte sie. Und jetzt dieses ... , dieses Debakel!"
Jane stieß einen tiefen Seufzer aus und vergrub die Nase in ihrem Brautstrauß. Die gesellschaftliche Schmach konnte sie ertragen, doch es schmerzte, ihre Mutter so bekümmert zu sehen, weil aus dem sorgsam geplanten Märchen mit einem Mal der auserkorene Prinz verschwunden war.
Den entmutigten Seufzer deuteten die meisten Gäste so, dass die Braut mit ihren Nerven am Ende war. Ihr zartes junges Herz war so heftig gebrochen worden, dass man fast glauben wollte, es sogar hören zu können. Wer sollte es ihr verdenken? Wie konnte Sir Nigel bloß dieser jungen Frau so etwas antun, die von Kindheit an seine stetige Gefährtin gewesen war?
Natürlich wurden hier und da auch ein paar gehässige Meinungen laut, insbesondere in den Reihen
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