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Des widerspanstigen Zaehmung

Titel: Des widerspanstigen Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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Seine Wut bezog sie nun auch auf sie, doch es war eine beherrschte Wut.
    „Vergeben Sie mir, Jane", erklärte er kühl, „dass ich versucht habe, meine eigene Schwester daran zu hindern, sich selbst Schande zu bereiten."
    „Ich finde einfach, Sie hätten die Angelegenheit eine Spur taktvoller handhaben können", gab sie zurück, entschlossen, nicht nachzugeben. Im nächsten Moment zögerte sie jedoch, als sie den verlorenen Ausdruck in seinen Augen sah, der ihr Herz anrührte. Wie konnte man einen Mann verurteilen, wenn er versuchte, für seine Geschwister Vater und Mutter zugleich zu sein, und dieser Aufgabe nicht gewachsen war?
    „Ich sorge mich um sie, Jane", räumte er ein. „Ich stand ihr so nah, bevor unser Vater starb. Doch seitdem kommt es mir so vor, als würde ich sie überhaupt nicht kennen."
    „Vielleicht geht es ihr nicht anders", gab Jane zu bedenken.
    „Wie meinen Sie das?"
    „Nun, vielleicht kennt sie sich selbst nicht mehr, Grayson. Womöglich sollten Sie ihr etwas mehr Freiheit gewähren."
    „Jane, ich glaube, Sie sind diejenige, die die Situation nicht versteht", entgegnete er ernst. Er legte seine Hand um ihr Kinn und hob ihren Kopf an, während er sie mit dem Daumen sanft streichelte. „Würden Sie sich dabei erwischen lassen, wie Sie einen Mann küssen, den Sie kaum kennen?"
    Seine Berührung ließ abermals ihren ganzen Körper beben. Langsam atmete sie ein. „Bis gestern hätte ich diese Frage sehr überzeugend beantworten können. Sedgecroft, Sie sind ein solcher Heuchler."
    Verwundert sah er sie an: „Bin ich das?"
    „O ja."
    Er klang verlegen und amüsiert zugleich. „Das bin ich nicht."
    „Doch, das sind Sie. Was glauben Sie, was wir noch vor ein paar Minuten da unten gemacht haben? Oder ist ein solch unüberlegtes Verhalten Ihnen bereits so in Fleisch und Blut übergegangen, dass Sie es gar nicht mehr bemerken?"
    „Natürlich habe ich diesen Augenblick nicht vergessen", sagte er und kam ihr noch ein Stück näher. „Und ich glaube, Sie haben ihn auch nicht vergessen. Das war schon was, nicht wahr?"
    „Würden Sie bitte nicht vom Thema ablenken? Es gehört zu einer höflichen Unterhaltung, dass man beim Thema bleibt." Er verzog den Mund zu einem Grinsen, bei dem ihr das Herz stockte und das schon willensstärkere Frauen als Jane hatte schwach werden lassen. „Waren nicht Küsse das Thema?"
    Zwar nahm er seine Hand von ihrem Kinn, doch sein sinnlicher Mund war auch weiterhin nur einen Atemhauch entfernt. Seine Anziehungskraft war verwirrend. „Dies ist ein Ablenkungsmanöver Ihrerseits, um mich vom eigentlichen Thema abzulenken."
    „Ach ja? Und wie lenke ich Sie ab, wenn ich fragen darf?"
    „Das eigentliche Thema ist", sagte sie mit Nachdruck, während sie innerlich darum flehte, der Versuchung widerstehen zu können, die der Anblick seiner Lippen für sie darstellte, „die Tatsache, dass Sie und ich uns der gleichen Sünde schuldig gemacht haben, die Sie Chloe und ihrem Offizier vorwerfen."
    So, sie hatte es geschafft. Sie hatte ausgesprochen, was ihr auf dem Herzen lag, und gleichzeitig war sie standhaft geblieben, auch wenn sie das viel Kraft kostete. Sollte er doch jetzt ihre logische Schlussfolgerung widerlegen!
    „Da besteht ein großer Unterschied", konterte er hochtrabend.
    „Und was bringt Sie zu dieser überraschenden Erkenntnis?"
    Seine Gelassenheit konnte einen zur Raserei bringen.
     „Zum einen übernehme ich die volle Verantwortung für meine Verfehlungen. Auch wenn allgemein eine andere Ansicht vorherrscht, ist es nicht meine Gepflogenheit, jede Frau zu verfuhren, die mir über den Weg läuft."
    „Sind Sie etwa ein Schuft, der im Zölibat lebt?"
    „Nein, sondern ein wählerischer", gab er zurück. „Ich verstehe nicht, warum sich jedermann so sehr für meine wenigen Indiskretionen interessiert."
    „Immerhin brachten Sie zwei Ihrer früheren Geliebten zu meiner Hochzeit mit!"
    „Aber hat irgendjemand gesehen, dass diese Frauen in meinen Armen lagen?"
    „Natürlich nicht. Wir befanden uns schließlich auch in einer Kapelle."
    „Na bitte. Niemand hat irgendeinen Beweis vorgebracht, dass ich ein verkommenes Subjekt bin."
    „Nur weil die zivilisierte Welt Angst hat, Sie mit Ihren Sünden zu konfrontieren, bedeutet das nicht, dass Sie von ihnen freigesprochen sind."
    „Wo ist der Beweis, Jane?" Sein tiefes Lachen ließ ihr eine Gänsehaut über den Rücken laufen. „Wo sind die Zeugen?"
    „Darum geht es hier gar nicht", hielt sie dagegen.

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