Des widerspanstigen Zaehmung
Längst hatte sie gemerkt, dass es ihm gelungen war, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „Wenn Sie wollen, dass Chloe sich anständig benimmt, dann genügt es nicht, ihr Vorträge zu halten oder ihr zu drohen. Sie müssen mit gutem Beispiel vorangehen."
„Deshalb helfe ich Ihnen doch, Jane. Deshalb will ich doch den Skandal ungeschehen machen, den mein Cousin Ihnen beschert hat! Ich will meiner Familie zeigen, wie sich ein Boscastle zu verhalten hat."
„Und dazu gehört es auch, mich im Pavillon zu küssen?"
„Schon gut, ich gebe es ja zu. Das war ein kleiner Schlenker auf dem Weg, der zu meinen lauteren Absichten führt. Hat es Ihnen Schmerzen zugefügt?"
„Ach, hören Sie auf."
Er musste lächeln. Er wollte Jane helfen, sie heilen. Sie war eine ungewöhnliche Frau, vermutlich zu eigensinnig, als dass Nigel sie hätte bändigen können. Ob sich ihr Selbstbild durch Nigels Betrug verändert hatte? In seinen Armen hatte sie sich wehrlos und zerbrechlich angefühlt, doch ihr Verstand war alles andere als wehrlos. Sie verfügte über geheime Waffen, die einen Mann zu Fall brachten, hoch bevor er einen schützenden Schild vor sich halten konnte. Es würde lange dauern, bis sie wieder jemandem vertraute. Würde sie ihm vertrauen? Das konnte Grayson noch nicht mit Gewissheit sagen.
„Ich hätte Sie tagelang küssen können", murmelte er bedauernd. Während er mit dem Daumen den Schwung ihres Wangenknochens nachzeichnete, musste er den Kopf schütteln. „Es würde Ihnen doch nichts ausmachen, oder?"
Die Berührungen drangen bis tief unter ihre Haut vor und setzten sich mit einem wohligen Zittern bis in alle Gliedmaßen fort. „Tagelang? Ist das nicht ein wenig übertrieben?"
Er lachte leise, während seine Finger von ihrem Hals bis hin zu ihrer Schulter wanderten. „Sogar Monate oder Jahre."
Ihr Atem stockte, als seine Mantelknöpfe bei dieser Bewegung über ihre Brüste strichen. Seine Finger beschrieben eine Spirale auf ihrer Schulter, seine Berührungen einzig dazu angetan, zu obsiegen und den Körper einer Frau willenlos zu machen. Jane musste einsehen, dass sie nicht stärker war als andere Frauen, wenn es darum ging, sich der Lebenslust eines Boscastle zu widersetzen.
„So zarte Haut", wisperte er. „Ich glaube, ich habe noch nie eine solche Versuchung empfunden. Seit dem Augenblick, da ich Sie vor dem Altar stehen sah, bin ich nicht mehr ich selbst. Plötzlich fühle ich mich unsicher, unsicher in meinen Handlungen und meinen Worten. Zudem weiß ich nicht, welche Erwartungen als Familienoberhaupt in mich gesetzt werden. Es ist mir nicht einmal klar, ob Sie mir überhaupt noch vertrauen sollten, Jane."
Fast berührte sein Mund den ihren. Sie fühlte seinen warmen Atem auf ihren Lippen ebenso wie die Kraft, die sein schlanker Körper ausstrahlte. Verlangen regte sich an ihren geheimsten Stellen. Wie leicht ich mich doch verleiten lassen könnte, überlegte sie. Wie sehr er sie in Versuchung führte, wenn er seine Gefühle mit ihr teilte. Nur von Unsicherheit war keine Spur zu entdecken.
Sie musste schlucken. „Schwebt Ihnen das hier vor, wenn Sie ein gutes Beispiel sein wollen?"
„Ja." Er verzog den Mund zum Ansatz eines Lächelns.
„Wie bitte?"
„Wären wir Chloe und ihr Offizier", erklärte er leise, ohne den Blick von ihr abzuwenden, „dann säßen wir immer noch auf diesem Sofa, und Sie würden mich nicht ausfragen. Stattdessen würden wir uns vielleicht schon lieben."
Sie senkte den Blick und fragte sich, ob er diesen Unsinn wirklich glaubte. Ihr eigener Körper schien genau das zu tun, wenn sie nach dem donnernden Schlagen ihres Herzens ging. „Ich denke nicht... "
„Ganz genau", flüsterte er. „Ganz gewiss würden Sie gar nichts denken, Jane. Und Sie würden sich auch nicht mit mir unterhalten. Sie wären viel zu sehr damit beschäftigt, mir zu gestatten, Ihnen zu Gefallen zu sein."
Ihr Blick wanderte wieder nach oben und fiel auf sein kantiges Gesicht. Seine Miene, die eben noch Belustigung und damit eine ganz eigene Schönheit gezeigt hatte, war nun von einem tiefen Verlangen geprägt. Ob er seine Worte ernst meinte oder ob er einfach nur wiederholte, was er bei einer früheren Verführung erfolgreich gesprochen hatte, wusste sie nicht. Ihr war nur eins vollkommen klar: Sie wollte ihn so unbedingt küssen, dass die Begierde durch jede Ader jagte. Unwillkürlich öffnete sie die Lippen und drückte ihre Brüste leicht gegen seinen muskulösen
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