Deserteure (Orion 04)
Desertieren! Oder gibt es da Vorschriften, die uns das verbieten, Leutnant Jagellovsk?«
»Werden Sie nicht ironisch«, bat Tamara. »Ich habe mich heute schon genug blamiert.«
»Sollten wir nicht vorher die Raumbehörde informieren?« fragte Helga und nahm an ihrem Funktisch Platz.
»Wie denn?« fragte Cliff zurück. »Die beiden Stationen sind ausgefallen. Und außerdem: Wenn der Funkspruch durchkommt, besteht die Gefahr, daß er von den Fremden mitgehört wird. Sie können ihn womöglich entschlüsseln und sind gewarnt. Ich möchte nicht, wie schon einmal, einer kleinen Flotte dieser schnellen Schiffe gegenüberstehen!«
Tamara trat neben ihn.
»Und sollten wir geortet werden, dann zeichnen die Stationen des Grenzbereiches unseren Kurs auf und funken ihn zur Behörde. Wir haben binnen kürzester Zeit sämtliche Schiffe der taktischen Raumflotte auf dem Hals und werden abgeschossen. Oberst Villa wird es nicht riskieren, ein Schiff in die Hände des Feindes fallen zu lassen.«
»Das muß ich riskieren!« erwiderte McLane.
In der gleichen Sekunde wandte sich Helga Legrelle um und machte eine Bewegung.
»Cliff!« sagte sie beschwörend. »Man hat uns geortet!«
»Verdammt. Lauter!«
Eine Serie von Identifikationsimpulsen kam aus den Lautsprechern.
»Hier Relaisstation OL–AF I. Wir haben ORION VIII und Station Destroy II im Suchstrahl. Wir erbitten Vollzugsmeldung der Arbeiten in der Station und die Bestätigung für neuen Kurs. Dringend ...«
»Hört zu«, sagte Cliff. »Sie wissen in wenigen Sekunden genau, was wir vorhaben. Es ist wahrscheinlich, daß die taktische Flotte informiert wird. Es ist sogar sicher, daß uns die Schiffe abschießen sollen, weil man Sabotage annehmen muß. Aber keines der Schiffe ist in der Nähe. Wir haben genügend Vorsprung, zeitlich wie entfernungsmäßig. Wir sind zurück, ehe die Schiffe hier eintreffen. Nur ... wir müssen sofort starten!«
Hasso grinste befreit auf.
»Ich bin schon unterwegs. An die Plätze!«
Die Besatzung machte binnen Sekunden das Schiff startfertig. Die ORION löste die magnetische Verankerung von dem kleinen Mond und schwebte davon, dann begann das Schiff zu beschleunigen. Es wurde schneller und schneller und flog genau in die Richtung der Koordinaten für Zehn/Ost 361 mit den Zusatzziffern alpha 2 – 9 – 4 – 19,30 – 37 – III.
McLane glaubte, einen Vorsprung von Tagen zu haben.
Es war ein tödlicher Irrtum.
9
Oberst Henryk Villa genoß die Ruhe. Seit Monaten war wieder einmal etwas mehr Stille in sein Büro und in die Zimmer seines Stabes eingezogen – die Ereignisse schienen in diesen Tagen weniger bedrohlich zu sein und waren weniger aufregend. Nur der Fall XERXES machte ihm Sorgen.
Villa war es gewohnt, unsichtbar und lautlos zu arbeiten und stets da zu sein, wenn sein Wissen und sein Können gebraucht wurden. Er war der Mann der Pläne, die sämtliche Eventualitäten einbezogen.
Als Villa, entgegen den Bitten General van Dykes, McLane und die ORION zu jenem Versuch abkommandiert hatte, war bereits ein kompletter Einsatzplan fertig. Er gliederte sich in mehrere Abschnitte.
Zuerst war seine fähige Beamtin Tamara Jagellovsk.
Sie registrierte, was geschah. Sie würde rasch und erbarmungslos eingreifen, wenn sich der Fall des desertierenden Raumschiffes wiederholen sollte. Noch immer war nicht geklärt, auf welche Weise Alonzo Pietro beeinflußt worden war.
Dann kam Professor Sherkoff.
Er würde, falls merkwürdige Dinge in oder mit den Hirnen der Besatzungsmitglieder vorgingen, ebenfalls eingreifen und versuchen, eine Erklärung zu finden. Er teilte sich zusammen mit McLane, Tamara und Lydia van Dyke die Verantwortung für diesen Testfall.
Der dritte Punkt: Die Überwachungsstationen.
Drei Stück – eine davon in Form eines unauffälligen kleinen Gerätes in Station Destroy II. Sie kontrollierten die ORION ständig und meldeten jede Art der Bewegung des Schiffes.
Kanäle bis hierher ins Hauptquartier des Galaktischen Sicherheitsdienstes waren frei gemacht worden, so daß jede Meldung binnen einiger Minuten von der Grenze her eintreffen würde.
Der vierte und fünfte Punkt waren Lydia van Dyke und die taktische Raumflotte.
Lydia war in der Nähe McLanes, ohne daß er es wußte. Ihr Schiff war fast so schnell wie die ORION VIII; die neue HYDRA II war zudem mit Overkill ausgerüstet und mit einem speziellen Zielerfassungsgerät. Und hinter Lydia wartete die Flotte.
Binnen Stunden konnte sie, falls McLane zu
Weitere Kostenlose Bücher