Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
Zombie zur Haustür und schloss auf. Shaun folgte mir.
»Wo warst du?«, fragte er besorgt. »Ich hab dir Nachrichten hinterlassen. Ich hab im Grounds angerufen, sogar im Krankenhaus …«
»Hab mein Telefon ausgeschaltet«, gab ich zurück.
»Deine Freundin – ist alles in Ordnung mit ihr?«
»Sie kommt wieder in Ordnung. Den anderen beiden Mädchen geht es auch gut.«
»Bin ich froh«, sagte er.
»Ich gehe jetzt ins Bett.«
Shaun schaute mich an, selbst etwas benommen. »Okay. Brauchst du irgendwas?«
»Bett.«
»Oh, ähm, ich hab deine Tasche. Ich hab sie auf dem Rückweg zur Fakultät auf dem Parkplatz gefunden.«
Von allen Leuten, die meine Tasche finden konnten, musste esausgerechnet Shaun sein. Er ging zu seinem Auto und brachte sie mir. Sie fühlte sich schwerer an als sonst, als er sie mir gab.
»Danke«, sagte ich und legte sie auf den Boden.
»Bist du sicher, dass es dir gut geht?«, fragte er. Ich hob den Kopf, um ihn anzuschauen, Sorgenfalten schienen sich um seine Augen gebildet zu haben. Wir zögerten nur für einen kurzen Augenblick, dann bewegten wir uns aufeinander zu wie zwei Magneten und küssten uns.
Wie schnell alles wieder zurückkam – die Art, wie sich unser Kuss anfühlte, der Winkel, in dem wir unsere Köpfe neigten, die Positionen unserer Hände und Lippen, wie gut das alles war. Wie gut es sich anfühlte, ihn einzuatmen, wie er seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte, als er sich von mir löste und in meinen Armen blieb. Als Shauns Hand ihren Weg meinen Rücken hinunter fand, fragte ich mich, ob er Jeanette auf die gleiche Art berührte. Nahm seine Hand den gleichen Weg? Kräuselten sich seine Lippen auf die gleiche Weise? Oder meine, als ich mit Scott zusammen war? Oder mit Kenny?
Ich öffnete meine Augen und stieß mich von ihm weg.
»Du gehst jetzt besser«, sagte ich, glättete meine Bluse und verschränkte die Arme. »Jeanette macht sich bestimmt Sorgen.«
»Eva …«, fing er an.
»Nein. Sie fühlt sich genauso, wie wir uns fühlen. Es könnte doch jeder von uns sein.«
Er blieb weiter erstarrt.
»Geh!«, sagte ich und stieß ihn Richtung Tür. »Wirklich, du musst gehen.«
Er drehte sich um und ging langsam zu seinem Auto zurück, während ich die Tür schloss, ohne ihn beim Wegfahren zu beobachten. Ich ließ die Tasche an die Tür gelehnt stehen und zog mir meine Klamotten Stück für Stück aus, während ich vom Eingang durch den Flur und in mein Schlafzimmer ging. Statt des allzu vertrauten Geruchs nach Kaffee und Vanilleextrakt roch ich heute Abend nach Holzkohle und Desinfektionsmittel. Ich kroch unter die Decke. Das Zimmer war noch nie so unheimlich still gewesen. Oder dunkel.
Ich lag absolut ruhig da, hörte auf den Rhythmus und die Lautstärke meines Atems und versuchte, die tiefschwarzen Umrisse und grauen Schatten meines plötzlich fremden Zimmers zusammenzusetzen. Ich hätte alles dafür gegeben, wenn Olivia mir den Rücken hätte streicheln können wie damals, als wir noch Kinder waren.
Die Dunkelheit fühlte sich an, als würde sie mich verschlucken. Und wieder ging ich im Kopf meinen Rolodex durch.
Vielleicht sollte ich Shaun anrufen und ihn bitten zurückzukommen. Wir könnten die Nacht zusammen verbringen, nur diese eine. Er wollte das auch – ich wusste, dass er es wollte.
Nein. Das könnte ich Jeanette nicht antun. Und mir auch nicht.
Oder vielleicht sollte ich Scott anrufen. Er wollte für mich da sein. Er war doch da für mich beim letzten Mal, als ich so fertig war und jemanden brauchte.
Nein. Ich konnte ihn nicht noch mal so benutzen. Davon abgesehen, hatte er mich nicht wirklich vor meiner Einsamkeit gerettet, vielmehr hatte er meine Aufmerksamkeit von ihr abgelenkt.
Was war mit Kenny?
Nein. Kenny hatte mehr von mir verdient. Viel, viel mehr. Und ich konnte auch beim ersten Anzeichen von Unbehagen nicht mehr mit irgendjemandem ins Bett springen. Oder so viel arbeiten, bis ich zu erschöpft war, um überhaupt zu merken, dass ich einsam war.
Norman? Minerva? Olivia? Beulah?
Nein.
Tief atmen
.
Ich war nicht mehr vierzehn Jahre alt. Schlimme Dinge passierten. Dinge, die außerhalb meiner Kontrolle lagen. Ich musste nicht in das erste Paar offener Arme rennen. Musste nicht mehr unter die Sicherheitsdecke einer beschützenden Umarmung von irgendjemandem schlüpfen, noch nicht mal in Form einen Anrufs.
Langsam begannen meine Muskeln sich zu entkrampfen und Stück für Stück entspannte sich mein Körper auf der Matratze
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