Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
benebelte.«
»Eigentlich waren da ein paar echt gute Stellen drin, wenn man erst mal über die Besserwisserei und die Banalität hinweg ist.«
»Wann? Wann hast du dir das angetan?«, verlangte sie.
»Ähm, ich kann mich nicht mehr erinnern.«
Ich hatte mir ein Exemplar aus dem Leseraum mit nach Hause genommen, einen Tag nach meiner Verabredung mit Nick aus NewBern, hatte es aber erst vor ein paar Wochen gelesen, nachdem ich gehört hatte, wie Shaun einem Kollegen gegenüber, der auf einen Eiskaffee mit ihm hier war, erwähnt hatte, dass die Jeannette seine Verlobte sei. Ich war innerhalb von zwei Nächten mit dem Buch durch. Ich machte mir sogar Notizen am Rand.
»Und warum lässt du es dann nicht einfach bleiben mit ihm?«, fragte Minerva.
»Weil wir Freunde sind. Und solange er befreundet bleiben will, ist das okay für mich. Und, falls ich das erwähnen darf, ist immer er es gewesen, der befreundet bleiben wollte. Er hat bisher nicht einmal gesagt, dass wir das nicht mehr sein sollten.«
Als ich das sagte, konnte ich förmlich hören, wie die Worte durchtränkt waren mit Rationalisierung. Und noch schlimmer, ich sah die Autoren von
›Er steht einfach nicht auf dich!‹
vor mir, wie sie etwas erwiderten wie: »Wenn du einen Freund willst, hol dir einen Hund.«
»Und das ist ja genau das, was mir Sorgen macht«, sagte Minerva mit gedämpfter Stimme. »Er weiß doch, was du immer noch fühlst, und das nutzt er aus.«
»Ich
fühle
überhaupt nicht irgendwas«, verteidigte ich mich. »Kann man mit seinem Ex nicht befreundet sein? Gibt es da einen Zusatz zur Verfassung, der das verbietet? Ich meine, im Ernst, wer sagt, dass man das nicht darf?«
»Und wie denkt die Jeannette darüber? Weiß sie überhaupt davon?«
»Wen interessiert’s?«
Minerva öffnete angeekelt ihren Mund. »Oh, das ist eine tolle Einstellung. Eva, versetze dich doch mal in ihre Lage: Stell dir vor, du wärst Shauns Verlobte und er ist immer noch befreundet mit seiner Exfreundin, mit der er drei Jahre lang zusammen war – seine frühere
Liebe
, mit der er
zusammengelebt
hat. Wärst
du
damit einverstanden? Würdest du dich nicht fragen,
warum
Shaun darauf besteht, mit dieser Frau befreundet zu bleiben? Und darüber hinaus, würdest du einer Frau trauen, die sagt:
Wen kümmert es, was sie denkt?
Wobei
du
dann die
sie
bist?«
Shitters.
Von dieser Seite aus hatte ich das bisher noch nicht gesehen. Vielleicht war es gar nicht Shaun, der blind war. Minerva hatte recht. Ganz unverhohlen recht. Aber mein Ego war zu stolz, zu verletzt und fühlte sich zu idiotisch, um ihr das zu sagen.
Ich schaute an ihrem Tisch vorbei.
»Ich habe einen Gast«, sagte ich und stand, ohne vorerst ein weiteres Wort zu Minerva, auf, um ihn zu bedienen.
Sie wandte sich wieder ihren Büchern zu, rief aber, als ich wegging: »Übrigens, die Macaroons sind perfekt heute.«
Später am Nachmittag, nachdem Minerva und die meisten der Originale gegangen waren, hockte Car-Talk-Kenny immer noch mit einem Roman von J. D. Rhodes in seiner Ecke. Während ich die Beistelltische zurechtrückte, hörte ich ihn murmeln »Sie hat recht, das weißt du.«
Ich hielt mittendrin an und schaute zu ihm. Nur seine Augen kamen für einen kurzen Moment zum Vorschein.
Als ich Car-Talk-Kenny das erste Mal gesehen hatte, oder vielmehr, als ich ihn das erste Mal
wahrgenommen
hatte, war das an einem dieser Tage, an dem die Espressomaschine den Geist aufgab, die Gourmet-Kaffeebohnen ausgingen, Bestellungen durcheinandergerieten und die Reihe der Wartenden nicht kürzer wurde.
»Was möchtest du?«, fragte ich, gerade als er an die Theke kam.
»Hi«, sagte er. »Wie geht’s so?«
»Gut. Und dir?«
»Lügnerin«, grinste er.
»Wie bitte?«
»Wie
geht’s
so?«, wiederholte er.
Ich blinzelte. »Müde«, sagte ich mit einem schwachen Lächeln.
Er schaute mich mit einem Das-trifft-es-schon-eher-Blick an, bevor er sagte: »Kann ich mir vorstellen.« Dann bestellte er einen Milchkaffee und auf meine Empfehlung einen Ahornsirup-Nuss-Muffin.Als ich ihm seinen Muffin rüberreichte – warm gemacht, weil ich mir dachte, er könnte das mögen – und ihn schließlich fragte, wie es ihm gehe, lächelte er und sagte einfach nur: »Besser.«
Ich bin mir ziemlich sicher, dass er derjenige an diesem Tag mit einem Fünfer für das Trinkgeldglas auf der Theke gewesen war, obwohl er es nie zugegeben hatte. Seitdem ist er Stammgast. Kenny war einer dieser Menschen, denen man immer nur die
Weitere Kostenlose Bücher