Desiderium
Weg nach Hause machte.
15. Die Kunst des Hin- und Wegsehens
Irgendjemand entführte Sehnsüchte, schleuste sie durch Portale und bereitete ihnen damit in meiner Welt ein unangenehmes Restleben und einen noch unangenehmeren Tod.
Es reichte den Beteiligten, um einen neuen Trainingsplan für mich au szuarbeiten.
Montag:
08:00 Uhr: Schule
Es würde meinen Großeltern nicht gefallen, aber ich glaubte nicht mehr daran, dass ich das Schuljahr noch schaffen würde. Obwohl ich meine Hausaufgaben recht regelmäßig gemacht hatte, verstand ich in den meisten Fächern nichts mehr. Das Wissen, das sich wenige Meter unter mir ein Portal befand, verbesserte meine Konzentration nicht gerade. Und meine Deutschstunden hatte ich begonnen zu schwänzen. Es tat weh, mit jemand anderem als Jaron diese Sprache zu sprechen.
13:00 Uhr Mittagessen
14:00 Uhr: Recherche mit Jaron
Da wir nun einen weiteren Grund gefunden hatten, konzentrierten wir uns darauf, die übrigen Portale zu finden.
Jaron ging davon aus, dass wir Anhaltspunkte finden könnten, wer die Sehnsüchte entführt hatte. Vorausgesetzt natürlich ich konnte mich dem Portal auf dieselbe Weise nähern wie dem, das in die Villa führte.
Deshalb versuchten wir wie an meinem eigentlich freien Nachmittag in die Stadt der Echos zu kommen. Aber genau wie beim letzten Mal wurden wir nicht hinein gelassen. Wir ritten sogar mehrmals um die gesamte Stadt herum, in der Hoffnung einen unbewachten Durchgang oder eine Stelle zu finden, wo man über die Mauer klettern konnte – ohne Erfolg.
»Dann Plan B«, schlug Jaron wenig begeistert vor. »Erinnerst du dich noch, wie die Stelle am Fluss ausgesehen haben soll?«
»Selbstverständlich. Ich bin sogar in der Lage, die Suche auf ein Gebiet von circa einem halben Kilometer einzuschränken.«
Spöttisch klatschte er Beifall, aber seinen Augen zu Folge war er erleichtert. Dabei hatten wir sieben Kilometer vom Fluss bereits abgesucht. Na gut, sieben von schätzungsweise einhundert. »Hattest du einen nächtlichen Geistesblitz, oder was?«
»So ungefähr.«
Ich erzählte ihm von meinem Gespräch mit der Sehnsucht meiner Mutter. Als ich geendet hatte, schien er der glücklichen Fügung nicht ganz zu trauen.
Während ich am Ufer entlang ging und auf alles achtete, das nicht normal war – korrigiere, nicht normal in einer Welt, in der es möglich war eine detailgetreue Kopie von Dagobert Ducks Geldspeicher zu sehen – entging mir nicht, dass Jaron mich häufiger beobachtete. Im schlimmsten Fall riskierte er damit, versehentlich durch das Portal zu fallen. Dadurch würden wir es wenigstens finden.
Es war nicht so, dass ich nicht gewusst hätte, warum er das tat. Ich musste ebenso an unser Gespräch denken, sobald ich die Brücke sah. Aber ich erlaubte mir dann keine zusätzlichen Blicke zu ihm. Oder sagen wir, ich erlaubte mir seltenere und unauffälligere Blicke.
»Hier i st etwas«, rief ich schließlich.
»Im W asser?« Dass ich ihn bei einem besonders langen Blick ertappt hatte, schien ihn nicht zu stören. »Was soll das? Eine kalte Dusche zum Ein- und Ausstieg?«
»Ach, dafür brauche ich das Portal nicht. Schließlich sehe ich dich jeden Tag.«
Der Blick, den er mir zuwarf, sprach für sich. »Wie willst du testen, wo es hinführt? Willst du reinspringen?«, lenkte er ab .
» Flaschenpost oder so. Ich schreibe einen Zettel mit einer Nachricht, die nur ein Eingeweihter versteht, werfe es hindurch und dann warten wir. Wenn wir keine Antwort erhalten, wissen wir, dass das Portal nicht bewacht wird. In diesem Fall würde ich überlegen, ob ich nicht einfach selbst teste, wohin es führt, aber davon wirst du mich abhalten, weil du ja auf mich aufpassen sollst.«
Jaron wirkte nicht überzeugt.
»Wenn du mir schon nicht hilfst, hast du dann wenigstens etwas zu schreiben oder hast du beschlossen nur hübsch in der Gegend stehen?«
Das schiefe Grinsen kehrte zurück. »Ich stehe immer hübsch in der Gegend. Es gibt Leute, die würden sogar dafür bezahlen, mich hübsch in ihrer Gegend stehen zu sehe n.« In deinen Träumen. »Wenn du nett bittest, gehörst du zu den Auserwählten , die nie etwas bezahlen werden müssen.«
Nicht einmal in deinen Träumen! Wer gehört denn sonst noch dazu: Lillian? Hmm, vielleicht auch Lillian? Und wie wäre es mit Lillian?
»Nettes Wortspiel«, bemerkte ich und sah ihm dabei zu, wie er aus seiner Lederjacke ein Notizheft und einen Kugelschreiber hervorholte.
»Wie soll diese
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