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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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verschlüsselte Nachricht aussehen?«, fragte er, als ich ihm beides mit einem gemurmelten »Danke« abnahm und zu kritzeln begann.
    »Latein«, erklärte ich kurz angebunden. Ich warf die fertige Notiz, dorthin, wo ich das Portal spürte. Ohne aufzuweichen schwamm es einige Sekunden auf der Oberfläche, bevor es wie durch Zauberhand verschwand.
    »Jetzt heißt es abwarten.«
     
    18:00 Uhr: Abendessen
     
    19:00 Uhr: Buch der Eingeweihten & Latein
    Die kleine Schrift machte mir zwar inzwischen weniger aus, aber in dem Kapitel gab es nichts Neues für mich.
     
    20:00 Uhr: Hausaufgaben
    Alice besorgte mir die Lösungen. Nich t sonderlich vorbildlich, aber Niemand würde es erfahren.
     
    21:30: Tagesende
     
    Dienstag (eine Woche später):
    08:00 Uhr: Schule
    Körperliche Anwesenheit reichte in keiner Schule der Welt, um gute Noten zu bekommen. Trotzdem hatte ich nicht mehr zu bieten.
     
    13:00 Uhr: Mittagessen
    Bis heute weiß ich nicht, was meine Großeltern an diesem Tag g enommen haben mussten; Noemie hingegen war begeistert: Pizza.
    Aus irgendeinem Grund überzeugte mich der Anblick davon, dass eine der noch unbekannten Städte in der Welt der Sehnsüchte gänzlich aus Essen gebaut sein musste. Mit Straßen aus Schokolade, Dächern aus Pizza und Türmen aus Gummibärchen.
     
    14:00 Uhr: Training
    Wieder waren wir draußen.
    Jaron war auf die Idee gekommen, Ausweichtaktiken zu üben. Wir waren uns einig darüber, dass ich angesichts der neuen Umstände auch körperlich mehr können sollte.
    »Und was soll ich ausweichen? Willst du Steine werfen, damit ich mit ein paar schönen Platzwunden nach Hause gehen kann?«, fragte ich ihn mit verschränkten Armen.
    Wenn ich Tricks lernte und gegen ihn kämpfen sollte, war das das Eine; da hatte ich noch eine Chance, mich zu wehren. Bei dieser Art von Training traute ich ihm nicht.
    Angesichts seines Lächelns schien das nicht unbegründet zu sein. Zweifellos hätte es ihm den Preis für den Sadisten des Jahres beschert.
    Mit der rechten Hand warf er etwas in die Höhe.
    »Murmeln? Du willst mich umbringen, oder?« Ich hatte schon mehr als einmal beobachtet, wie er warf. Wenn er nur die Hälfte seiner Kraft aufwandte, würden die Dinger mich wie Pistolenkugeln treffen.
    Er unternahm einen halbherzigen Versuch, seinem Gesicht einen unschuldigen Ausdruck zu verleihen. »Wenn du vernünftig ausweichst, merkst du es kaum. Mach dich bereit!«
    Für das Bereitmachen blieb mir eine halbe Sekunde. Die kleinen Murmeln kamen so schnell angeschossen, dass ich sie nur mit Mühe sehen konnte.
    Den ersten drei wich ich problemlos aus, indem ich einen lockeren Schritt zur Seite trat. Das war nur das Aufwärmen. Die sechste Kugel war es, die mich in die Knie zwang. Ich rollte mich auf die Seite. Mit dem Rücken auf dem Boden sah ich dabei zu, wie eine weitere Murmel wenige Millimeter über meine Nase hinweg flog. Ich stützte mich auf Händen und Füßen ab, formte mit meinem Körper eine Brücke und wollte in einen Handstand übergehen. Ich war schnell, besser als ich gedacht hatte, aber nicht schnell genug. Erst wurde mein Schienbein getroffen. Als ich mich versuchte umzudrehen folgte mein Rücken.
    Aus dem Konzept gebracht landete ich flach auf dem Bauch.
    »Hör auf mich anzusehen«, ermahnte Jaron mich. »Konzen trier dich auf die Kugeln. Wenn man dich angreifen würde, könnte dich das mehr als nur ein paar blaue Flecken kosten.«
    »Dann wäre ich dich wenigstens los.«
    Zur Antwort flogen die Kugeln schneller und zielgerichteter.
    Das würde ihm noch Leid tun!
    Ich schwang mich hoch, wich schadlos weiteren Murmeln aus, bis ich die herabbaumelnden Seile erreichte. Vom Seil aus schwang ich mich auf einen dicken Ast und balancierte die wenigen Meter bis zum Stamm.
    »Hey, das ist unfair«, protestierte Jaron von unten. Es war deutlich zu sehen, dass er Spaß an dieser Art von Training hatte.
    »Wenn jemand versucht mich anzugreifen, wird er sich wohl kaum wie ein jammerndes Kleinkind beschweren, oder?«, erwiderte ich und ha ngelte mich zu einem weiteren breiten Ast. Von hier aus wurde seine Sicht auf mich durch kleinere Äste verdeckt.
    »In den Städten gibt es so gut wie keine Bäume, also beweg deinen süßen, kleinen Hintern zu mir herunter.«
    Süßer, kleiner Hintern?!
    Leichtfüßig kletterte ich tiefer, wo die Äste mich nicht behinderten , und sprang ihm direkt vor die Füße. »Weißt du was? An genau diesem kannst du mich …«
    Ein kräf tiger Windstoß lenkte uns ab.

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