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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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dich zu sehen!«, sagte ich.
    Darragh war hier! Die anderen Eingeweihten mussten es geschafft haben, ihn zu informieren.
    »Mach Jaron zuerst los! Er ist verletzt und ohnmächtig, wir müssen ihn wohl tragen. Sind die Angreifer … noch draußen?« Meine Stimme überschlug sich. Nie zuvor hatte ich mich so viel so schnell reden gehört. Ich wusste nicht mehr, was ich überhaupt sagte, so sehr freute ich mich, ihn zu sehen.
    »Nei n«, ertönte ein Nuscheln. Jaron. »Cassim, er …«
    Darragh hielt inne.
    »Ich hab ihn gesehen.« Jaron gab ein Übelkeit erregendes Geräusch von sich. »Er war da. Er …«
    Darragh sah ihn an. Es zeigte kein Mitleid, keine Verwunderung.
    Was sollte das? Sah er nicht, dass wir verletzt waren? Er musste wissen, dass ich im schlimmsten Fall gleich ersticken würde?
    »Was willst du damit sagen?«, fragte Darragh; er klang gelassen. Zu gelassen. Gleichzeitig nestelte seine Hand an dem Schlüsselbund.
    Neben dem Schlüssel zur Tür hingen daran ein Dietrich, ein kleiner Schraubenzieher und ein Taschenmesser. Dafür fehlte das Schwert an seinem Gürtel.
    Dass er von Jaron keine Antwort bekam, schien Darragh nicht zu stören. Und statt sich selbst in irgendeiner Form zu erklären, schloss er die Tür.
    Auch das ergab keinen Sinn, außer wenn …
    »Du warst es – von Anfang an«, erkannte ich fassungslos.
    Darragh begann zu lachen. Es war ein kaltes, schadenfrohes Lachen, das einen Schauer über meinen Rücken jagte. Dabei sah er mich nicht an; sein Blick war noch immer auf Jaron geheftet. »Da habt ihr mich wohl durchschaut. Gratulation. Dumm nur, dass es zu spät ist!« Er trat auf Jaron zu und schlug ihm einige Male heftig ins Gesicht, sodass sein Kopf wehrlos gegen die Wand schlug.
    »Fass ihn nicht an!«, schrie ich und zerrte an den Ketten, die keinen Zentimeter nachgeben wollten.
    Darragh lachte nur erneut und schlug immer wieder auf Jaron ein, bis dieser das Bewusstsein zurückerlangte.
    »Wisst ihr, wenn alles nach Plan gelaufen wäre, müsste ich das nicht tun. Dann wärt ihr nicht hier – nicht mehr«, erklärte Darragh, als sei es unsere Schuld, dass er uns verraten hatte. » Sie wird das sicherlich nicht gerne hören, aber Cassim war nicht das Problem. Meine Leute hätten sie irgendwann überwältigt, das wäre nur eine Frage der Zeit gewesen. Aber du, Jaron, musstest ja den Helden spielen, deine beiden Mädchen retten. Du warst hartnäckiger, hast dich nicht so leicht unterkriegen lassen. Man könnte glatt stolz auf dich sein«, fügte er spöttisch hinzu und spuckte vor seine Füße. »Da habe ich entschieden, euch hierher zu bringen. Wie ich sehe, habt ihr es euch auch schon bequem gemacht. Wie erfreulich!«
    Mein Magen zog sich zusammen.
    »Warum?« Jaron, störrisch und dickköpfig wie er war, hob den Kopf an, sodass er den gesamten Raum überblicken konnte.
    »Warum was?« Ganz offensichtlich entging ihm im Gegensatz zu mir die Enttäuschung, die in Jarons Frage mitschwang. Es wunderte mich nicht. »Es gibt viele Fragen mit ‚Warum’. Du musst dich schon präziser ausdrücken.«
    Jaron atmete tief ein und aus. » Warum genau hast du entschieden, uns hierher zu bringen?«
    »Weil er irre ist«, rutschte es aus mir heraus .
    Darraghs Reaktion erfolgte noch im nächsten Atemzug. Ich hörte nur ein dumpfes Knacken, gefolgt von Jarons Aufschrei. Als Darragh die Sicht auf ihn freigab, stand sein linker Fuß in einem unnatürlichen Winkel zum Rest seines Beines. Der Knöchel begann zu bluten, eine weiße Spitze, die nicht dort zu sehen sein sollte, lugte hervor. Knochen.
    »Du elender …«
    Darragh gebot mir mit gehobener Hand zu schweigen. »Das würde ich lieber nicht aussprechen. Es sei denn du möchtest, dass ich ihm noch mehr Knochen breche.«
    Sofort schwieg ich. Nur in meinem Kopf schleuderte ich ihm einen Schwall von Flüchen und Verwünschungen entgegen.
    »Sehr gut. Ihr oder sollte ich sagen insbesondere du solltest dir eine Sache merken: So lange ihr noch lebt – und das wird definitiv nicht mehr lang der Fall sein – gelten meine Regeln. Regel Nummer eins: Ihr könnt mir Fragen stellen, einige werde ich euch auch mit etwas Glück beantworten, aber höre ich eine Beleidigung oder ähnliches, das mir nicht gefällt, wird der jeweils andere darunter leiden.«
    Weder Jaron noch ich sagten ein Wort. Das schien Darragh Antwort genug zu sein.
    » Nummer Zwei: Erwische ich einen von euch bei dem Versuch, sich zu befreien, der nebenbei bemerkt hoffnungslos ist, werdet

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