Desiderium
ihr beide es bereuen!« Sein Blick fiel auf sein Taschenmesser. Diese Botschaft kam ebenfalls an. »Also. Jaron, wiederhol deine Frage bitte noch einmal.« Ich wusste nicht, was schlimmer war: Die Androhung von Folter oder sein entspannter Ton.
»Warum hast du entschieden, uns hierherzubringen, statt uns gleich umbringen zu lassen?«
Weil es diesem kranken Widerling dann weniger Spaß gemacht hätte .
» Ich habe beschlossen, dass ihr den Grund erfahren sollt. Schließlich habt ihr euch so große Mühe gegeben, die Entführungen aufzuklären, da verdient man sich das doch. Ich wollte, dass ihr seht, dass jemand schlauer war als ihr. Dass euer kleines Team nicht alles meistern kann.«
»Und warum die anderen?«, blaffte ich, bemüht meinen Hass auf ihn nicht zu deutlich zeigen. » Die Entführungen begannen, noch bevor ich das erste Mal hier war, noch bevor ich überhaupt wusste, was mit mir los war. Wozu das Ganze?«
Deutlich sah ich, wie in Darraghs Augen der Wahnsinn aufleuchtete, den er bisher verborgen hatte. »Ein paar verschwundene Sehnsüchte, ein paar Menschen, die nicht wissen, was mit ihnen geschieht. Was macht das schon?« Desinteressiert zuckte er mit den Schultern. »Aber es hat die übrigen Eingeweihten angespornt. Es hat deine Anwesenheit erfordert. Es diente nie dazu, das Gleichgewicht durcheinander zu bringen. Irgendwann hat es einfach Spaß gemacht zu sehen, wie sie durch das Portal … gingen. Eine Fahrt, die sie nie wieder zurückführen wird. Außerdem hat es euch beschäftigt. So konnte ich alles planen.«
» Das war der wahre Grund, warum du Jaron damals eingeweiht hast. Du wusstest, meine Ausbildung würde viel Zeit in Anspruch nehmen, vielleicht hast du sogar befürchtet, ich könnte dich durchschauen, wenn wir uns zu oft sehen. Du hast ihn mit reingezogen, weil es dir gerade in den Kram passte.«
»Das glaube ich nicht«, mischte Jaron sich ein. Erst im Nachhinein war ich in der Lage, Mitleid für ihn zu empfinden. Nicht wegen der Schmerzen, dafür hatte ich bereits genau vor Augen, wie ich Darragh eigenhändig erwürgen würde, sondern für seinen Blick und das, was dahinter steckte. Er sah viel jünger aus, voller Unverständnis, geradezu naiv. »Darragh, ich kenn dich seit einer gefühlten Ewigkeit. Das kannst nicht du sein, du kannst das nicht wollen …«
»Psychologie gehört zu den Dingen, von denen ich nichts hören will«, unterbrach Darragh ihn barsch.
In einem Moment war er vollkommen ruhig. Im nächsten trat er Jaron gegen den Brustkorb, sodass dieser sich keuchend in seinen Fesseln aufbäumte und nach Luft schnappte. Anschließend griff er scheinbar in einer einzigen, fließenden Bewegung nach dem Taschenmesser, wandte sich zu mir um und drücke es gegen meine Kehle.
Die scharfe Klinge fügte mir einen brennenden Schnitt unterhalb meines Ohres zu. Ich spürte, wie ein Rinnsal Blut meinen Hals und meine Schulter herunter lief, traute mich aber nicht mich zu bewegen, geschweige denn etwas zu sagen.
»Möchtest du mir wirklich vorwerfen, dass ich einen Fehler mache?«, schrie er Jaron an. Speichel spritzte aus seinem Mund und traf meine Haut an Hals und Schulter. »Ich bin der Einzige, der nie vergisst, was das Richtige ist; der Einzige, der sich traut, das zu tun, was nötig ist. Aber da du gerade davon redest, was richtig und was falsch ist …« Mit einem letzten festeren Druck an meinem Hals, wirbelte er herum und rammte Jaron das Messer in den linken Oberarm.
Vor Entsetzen schrie ich lauter als er selbst.
Darragh hatte sich nicht nur entschieden, uns seinen Plan mitzuteilen, bevor er uns umbrachte. Er würde uns foltern, bis einer von uns betteln würde, dass er aufhörte.
»Regel Nummer drei: Nicht schreien!«
Er würde Jaron mehr Schmerz zufügen als mir. Warum wusste ich nicht. Er würde alles an ihm auslassen, vielleicht eben weil sie einmal befreundet gewesen waren. Fest stand nur: Der Mann, der für Jaron wie ein Bruder gewesen war, würde ihm weiterhin Schmerzen zufügen.
Diese Erkenntnis bewirkte, dass ich mich wieder darauf konzentrieren konnte, uns zu befreien.
Schritt eins: Die Schmerzen herunterschlucken.
Schritt zwei: Darragh davon ablenken, Jaron wehzutun.
»Wovon zur Hölle sprichst du?«, verlangte ich zu wissen.
Schritt drei: Auf Zeit spielen.
Ich wollte nicht sehen, wie er das Messer in Jarons Wunde einmal um sich selbst drehte, ich wollte ebenso wenig das schmatzende Geräusch dabei hören, bevor Darragh es herauszog. Aber ich konnte die
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