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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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die Lippen.
    Doch als unsere Blicke sich trafen, wich das selbstverliebte Lächeln einem Stirnrunzeln. Er sah geradezu bestürzt aus, mich wiederzusehen.
     
    *
     
    Jaron war den ganzen Tag schon sauer gewesen.
    Auf sich selbst und auf Darragh.
    Er war wütend.
    Er war wütend auf Darragh, weil der ihn eingeweiht und ihn dazu g ebracht hatte, mitzukommen. Warum sein bester Freund das getan und warum er selbst das zugelassen hatte, wusste er nicht. Es gab nur selten Fälle, in denen er sich etwas sagen ließ – schon gar nicht, wenn es ihm gegen den Strich ging.
    Das war der Grund, weshalb er auf sich selbst wütend war. Weil er sich hatte mitschleppen lassen.
    Aber in dem Moment, als er die junge Frau und ihren Begleiter sah, wusste er, dass ‚sauer’ gar kein Ausdruck mehr war.
    Ausgerechnet sie!
    Es fiel ihm schwer, sich von seinen Gedanken zu lösen, als ihr Begleiter, wer auch immer er war, das Wort ergriff. »Mademoiselle Durands. Darf ich Ihnen vorstellen: Der oberste Eingeweihte der Welt der Sehnsüchte, Darragh Chirac.« Darragh nickte den Gästen knapp zu. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, aber er schien nicht sonderlich überrascht zu sein, Cassim wiederzusehen.
    Er hätte es mir vorher sagen müssen , schoss es Jaron durch den Kopf.
    »Monsieur Chirac«, fuhr der Mann fort, der es noch immer nicht für nötig zu halten schien, sich persönlich vorzustellen. »Dies ist Cassim Durands, Enkelin von Sebastien Comte Durands, Nichte von Danielle und hiermit offiziell anerkannte Auserwählte der Blutlinie Josephs.«
    Abermals nickte Darragh. Er trat einen weiteren Schritt vor und machte eine Bewegung, die Jaron an eine Verbeugung erinnerte.
    Nicht das erste Mal, dass ihn in den letzten Tagen eine neue Eigenschaft an Darragh verwunderte.
    »Meine Männer«, begann Darragh, ohne ihre eigenen Begleitern eines Blickes zu würdigen. »Eingeweihte, die mir unterstehen. Sie sind lediglich hier, um das Treffen zu bezeugen.« Jaron ertappte sich dabei, wie er Cassim flüchtig ansah. Ein falsches Lächeln zuckte über ihr G esicht als habe sie diesen Satz schon häufiger gehört. »Und wenn ich Ihnen einen guten Freund von mir vorstellen darf: Jaron!«
    Cassims Blick traf auf seinen. Für einen kurzen Augenblick sah er ihr in die Augen, die zwar braun wie die naheliegenden Bäume waren, aber emotionslos wirkten. Seine Miene verfinsterte sich. Er wandte den Blick ab und konzent rierte sich auf ihren Begleiter.
    Währenddessen wandte Cassim sich an Darragh. »Schön, dann wünsche ich auch mal einen guten Tag. Der überfleißige Herr neben mir ist übrigens Pascal Chevalier, Sohn von keine Ahnung wem, und offiziell anerkannter Geigenlehrer in Paris. Damit wäre das jetzt auch geklärt. Könnten wir jetzt zu dem Grund kommen, weshalb es so wichtig ist, dass die Auserwählte, bekanntermaßen meine Wenigkeit, hierher kommt?«
    Aus einem Reflex heraus funkelte Jaron Cassim nun böse an. Er wollte nichts davon hören, dass sie die Auserwählte war, schon gar nicht, dass sie von nun an häufiger hierher kommen würde. Von allen Menschen auf der Welt – von denen es laut Darragh genug gab – musste ausgerechnet sie die Auserwählte sein.
    Er hatte es gewusst, gestern, als sie sich zufällig begegnet waren, de nnoch hatte er nicht damit gerechnet, sie zu sehen. Schon gar nicht so schnell.
    »Cassim«, hörte er Darragh wie aus weiter Ferne sagen. »Der Grund, warum die Eingeweihten besonders erfreut waren, dass du dich als Auserwählte herausgestellt hast, beruht im Grunde auf nicht mehr als einem Verdacht: Wir sind uns sicher, dass einige Sehnsüchte verschwinden. Eigentlich ist das Verschwinden an sich nichts ungewöhnliches, aber die Menge ist es, die uns aufmerksam gemacht hat. In der ersten Woche waren es 200 – pro Stadt – in der zweiten 500, in der dritten 1000 und diese Woche bisher, so weit wir wissen, 300. Trotz der enormen Anzahl an Menschen liegen die normalen Zahlen, so weit ich weiß bei maximal 1000 im Monat. Aus diesem Grund wollen wir versuchen, die möglichen Ursachen zu untersuchen und da die Auserwählte die Einzige ist, die sich in beiden Welten frei bewegen kann, brauchen wir dich. Aber nur zeitbegrenzt hier bleiben.«
    »H öchstens sechs Stunden. Die sie momentan allerdings nicht ausschöpfen kann.«, bestätigte Monsieur Chevalier.
    »Da kommt Jaron ins Spiel«, erwiderte Darragh.
    Jaron fühlte sich, als habe sein Pferd nach ihm getreten. Er hatte sich geirrt: Seine Wut erreichte erst jetzt

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