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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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lassen.
    »Wie auch immer«, sagte Alice dann. »Auf den CDs sind meine persönlichen Lieblingslieder, das, was gerade jeder hört und die besten drei Filme der letzten drei Jahre.«
    »Du hoffst darauf, dass ich sie mir nicht nur wegen dir anhöre, sondern weil es mich bald tatsächlich interessieren wird, nicht wahr?«
    Alice grinste, drückte ihre Gabel auf das Eigelb und sah dabei zu, wie die orangefarbene Flüssigkeit den Toast ertränkte. »Ich bin zu leicht zu durchschauen.«
    Neben der Tatsache, dass sie unbedingt ihre Interessen mit mir teilen woll te, musste ich feststellen, dass sie trotz unserer kurzen Gespräche noch neugieriger geworden war, was ich außerhalb von Paris tat.
    »Du wirkst ausgeglichener als sonst, hast mehr Farbe im Gesicht«, b emerkte, während ich meinen letzten Schluck Kaffee trank. »Jaron scheint ein guter Trainer zu sein – für was auch immer.« Sie grinste.
    »Was er mit mir trainiert, ist meine Ausdauer und das mehr als grün dlich. Offenbar glaubt er mir nicht, dass ich durchaus körperliche Schmerzen empfinden kann.«
    Alice legte den Kopf schief.
    »Sagen wir mal: Es hat seine Zeit gebraucht, bis ich keine Probleme mehr mit dem Sport hatte. Merkwürdig, wo doch alle Leute auf schmerzende Muskeln und protestierende Lungen stehen – besonders wenn man bei strömenden Regen durch die Gegend rennen muss.«
    »Regen?«, fragte Alice überrascht. »Ich dachte, momentan sei dort g utes Wetter, weil sich jeder hier Sonne herbeisehnt oder so.«
    Humorlos lachte ich auf. »Fast alle. Irgendjemand stellt sich immer quer. Es gibt nichts, was alle wollen, nicht einmal Essen. Du vergisst, dass es immer Menschen gibt, die dringend Wasser brauchen, um zu trinken, für die Ernte et cetera. Wenn der Regen sich dann gegen all die Sonnenanbeter durchsetzt, nutzt die Natur das auch aus. Dann kann es stundenlang regnen. Aber das hält Jaron nicht vom Training ab.«
    »Höre ich da eine Spur Beschwerde?«
    »Ich bemerke lediglich, dass das Wetter auch dort nicht immer vorteilhaft ist, immerhin verbringe ich einen Großteil meiner Zeit draußen.«
    »Tja, selbst eine Durands kann sich der Natur nicht vollständig entzi ehen«, sagte sie mit einem erneuten Grinsen. »Bestimmt auch nicht der der Männer.« Die Art, wie sie mich ansah, sagte mir alles, was ich wissen musste.
    Stirnrunzelnd erwiderte ich ihren Blick. »Wie um alles in beiden We lten.« – Eine  Redewendung, die sowohl Jaron als auch ich gelegentlich von den Eingeweihten übernahmen – »kommst du darauf, dass zwischen Jaron und mir etwas sein könnte?«
    »Na ja.« Mit gesenkter Stimme beugte sie sich zu mir vor. »Jaron ist ein undurchsichtiger, deiner Beschreibung nach sehr gutaussehender Fremder. Er versucht dich derart zu provozieren, dass ich es ihm als flirten auslegen würde, und auch ohne Worte knistert es zwischen euch. Wenn ihr trainiert, seid ihr meistens alleine, er kommt dir nahe …«
    S ie wirkte enttäuscht, als ich mich ausdruckslos in meinem Stuhl zurücksinken ließ und mit einem Wink den nahestehendsten Kellner auf uns aufmerksam machte. »Er hat eine Freundin, die aussieht, als könnte sie morgen für Victoria’s Secret laufen. Er hat ein Ego, dass es schon an Todsünde grenzt, und unser Knistern kommt daher, dass er mich kaum berühren kann, ohne dass wir einen unangenehmen Stromschlag bekommen. Wir trainieren, damit ich das machen kann, was etliche meiner Vorfahren schon getan habe. Er soll mir helfen, mehr nicht. Und ganz nebenbei: Schon vergessen, dass er, selbst wenn er versuchen würde, mit mir zu flirten, auf Granit beißen würde?«
    »Wer weiß …«
    »Alice!« Der genervte Unterton war nicht echt, aber überzeugend. »Vergiss es! In Ordnung?«
    Der Kellner kam mitsamt der Rechnung zu uns. Alice zog ihre Tasche zu sich, aber ich schüttelte den Kopf. »Ich schulde dir ohnehin noch ei niges. Das geht alles auf mich.«, fügte ich hinzu, als der Kellner wieder verschwand, um die Kreditkarte einzuscannen.
    Eine Viertelstunde später standen wir freihändig in einem Zugabteil. Genau genommen drängten wir uns dicht an dicht mit Dutzenden and eren Menschen auf zu wenig Quadratmeter. Es war Samstag, halb zwölf Uhr mittags in einer Stadt, in der nicht nur viele Menschen lebten, sondern die jedes Wochenende auch von unzähligen Touristen aus aller Herren Länder besucht wurde. Einen halbwegs leeren Wagon oder sogar zwei Sitzplätze erwartete kaum noch jemand, der länger als einen Monat hier lebte.
    Alice

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