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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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können, sprach ich pépé an.
    »Hat Danielle dir je erzählt, wo genau die übrigen Portale sind?«
    Im ersten Moment schien er erleichtert, dass ich ihn nicht auf den ‚B esuch’ meiner Mutter ansprach – das Thema wurde totgeschwiegen – dann erst begriff er, dass ich von etwas wusste, dass er versucht hatte zu verheimlichen. »Hast du davon im Buch gelesen?«, fragte er mit wachsamem Unterton.
    »Darragh hat mir davon berichtet.« Ich hielt es für klüger, nicht zu erwähnen, dass ein Zufall und Jaron es in Wahrheit gewesen waren.
    »Danielle benutzte wie du das Portal, das sich seit einigen Ja hren in unserem Keller befindet.«
    »Du weichst mir aus.« Ich legte den Kopf sc hief. »Hat deine Tochter dir jemals einen genauen Standort anderer Portale genannt?«
    Pépé ging zu den Aktenschränken seines Büros, in dem er die Unterlagen über Vivianne, Noemie und mich sammelte.
    »Wieso überrascht es mich nicht, dass du über Danielle auch Buch g eführt hast? Wo sind denn die Ordner über meinen Vater?«, murmelte ich leise, aber nicht leise genug.
    »In einigen Jahren wirst du verstehen, wie wichtig ein genauer Übe rblick ist.« Er durchsuchte seine Notizen, bis er schließlich ein loses Blatt Papier hervorzog und es auf dem Schreibtisch glatt strich. »Sie hat sich selten mit mir unterhalten. Sie öffnete sich in den ersten Jahren kaum, höchstens deinem Vater – vorausgesetzt sie stritten sich nicht. Die Notizen sind von ihm.« Es klang wie eine Entschuldigung.
    »Ich denke, der Inhalt ist wichtig, nicht, wer es geschrieben hat«, sagte ich kühl.
    Pépé griff nach seiner Lesebrille – ein neueres Modell, das ich noch nie an ihm gesehen hatte – und sah nun aus wie der normale, liebevolle Großvater, den ich mir für meine Schwester gewünscht hätte. »Viel ist nicht über die Portale bekannt, bisher konnte keiner alle benennen. Aber neben dem in diesem Haus, gibt es noch eines im Keller deiner Schule. Es führt in eine der Städte.«
    Das kam mir bekannt vor. Ich verkniff mir die Frage, warum es ausg erechnet in meiner Schule stand.
    » Es gibt noch eines in der Nähe eures Ferienhauses, aber ich kenne dessen Gegenstück nicht.«
    »Und außerhalb von Frankreich?«
    Er warf einen prüfenden Blick auf die Notizen. »Boston, Rom, Brügge, Barcelona und Köln, so weit Danielle wusste. Allerdings gehen wir davon aus, dass es noch mehr gibt.«
    Die USA, Deutschland? Wo mein Großvater so großen Wert darauf gelegt hatte, dass seine gesamte F amilie nach Frankreich kam? »Was ist mit den Gegenstücken?«, verlangte ich zu wissen.
    »Ich weiß es nicht, die Durands’ benutzten sie schon seit längerem nicht mehr. Und bevor du fragst, nein, ich werde nicht dafür sorgen, dass du die Portale in unserer Welt besuchen kannst.«
    »Das hätte mich auch ernsthaft überrascht.« Schließlich würde es ihm dann schwerer fallen, mich rund um die Uhr zu bewachen. »Aber du kannst nichts dagegen einwenden, wenn ich es mir in der Welt der Sehnsüchte gelingt, die Portale zu finden.«
    »So lange keine anderen deiner Pflichten darunter leiden, wozu von nun auch wieder der regelmäßige Schulbesuch gehört.« Da war sie. Die Anspielung auf meine eigenmächtigen Pläne für die Schule in den vergangenen Tagen.
    »Schön. Danke.«
     
    Versailles, 26. April 1810
    Es schreibt Maria Ludovica Leopoldina Franziska Therese Josepha Lucia von Habsburg-Lothringen.
    Nachdem e s mir nicht gestattet war, den Heiratsantrag Napoleon Bonapartes abzulehnen, vertraute ich darauf, bei meinem Einzug in Frankreich das Portal, das mich seit meiner Einführung begleitete, mitführen zu dürfen. Ich befand die Schmuckschatulle, die meine Stiefmutter mir schenkte, für klein genug.
    Doch nicht einmal das war mir gestattet.
    Ich verabscheue das Leben bei Hofe; das Volk akzeptiert mich nicht, da sie an meiner Vorgängerin festhalten – ich kann nur beten, dass sich dies ändern wird, sobald ich dem Land einen Erben schenke. Ich verabscheue meinen Ehemann.
    Ich sehne mich zurück nach Österreich, wo ich im Kreise meiner Familie noch hoffen konnte. Die Hoffnung, die Liebe des Mannes, nach dem ich mich sehne, zu fühlen, muss ich begraben. Ich werde auf ewig an die französische Krone gebunden sein.
    Erst am Morgen erfuhr ich, dass eine meiner Hofdamen sehr wohl in der Lage war, mich zumindest in einer Hinsicht zu erre tten: Sie nahm meine Schatulle heimlich mit sich und riskierte damit für mich ihren Kopf. Zum ersten Mal seit Wochen wurde mir

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