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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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besuchen und war ohnehin schon in der Gegend, als mir einfiel, dass du oft hier bist. Ich wollte dich überraschen. Wir könnten den Abend miteinander verbringen, das haben wir lange nicht mehr gemacht«, erklärte sie.
    Auf der einen Seite schien sie Angst zu haben, zu aufdringlich zu sein. Auf der anderen Seite sah ich ihr an, dass sie darauf hoffte, Jaron würde sich freuen und zusagen.
    Das Makabere daran war, dass sie auf diese Idee gekommen war, während ihr Freund die Idee gehabt hatte, mich zu küssen.
    Das ist kein Zufall. Ihr Verbundener hat sie geschickt , schoss es mir durch den Kopf.
    Jetzt wurde ich auch noch paranoid!
    »Wie soll Jaron mich geschickt haben? Ich habe ihn seit zwei Tagen nicht mehr gesehen.« Lillians Blick wechselte von Jaron zu mir.
    Sie hatte gedacht, Jaron sei mit Verbundener gemeint, weil sie das G eheimnis nicht kannte, sie hatte mit mir geredet – beides nichts Besonderes. Aber sie hatte mir geantwortet, obwohl ich kein einziges Wort laut ausgesprochen hatte.
    Galle stieg mir die Kehle hoch.
    »Lilli«, mischte Jaron sich ein. Ob er mir ansah, dass mir schlecht wurde, wusste ich nicht. »Ich wünschte, ich könnte heute Abend, aber ich bin noch mit Darragh verabredet.«
    »Ich dachte, du würdest dich freuen, mich zu sehen. Ich dachte, du hä ttest mich vermisst.« In Lillians Stimme lag keinerlei Vorwurf.
    Ich verfolgte das Gespräch zwischen den beiden ohne dessen Inhalt hundertprozentig wahrzunehmen.
    »Das tue ich auch.« Spätestens ab jetzt hätte er nicht mehr abstreiten können, dass er Lillian in den Hintern kroch. »Aber das mit Darragh steht seit über einer Woche. Hab ich dir doch erzählt, oder?«
    Eine glatte Lüge! Etwas in seiner Stimme sagte mir, dass er erst vor wenigen Augenblicken auf die Idee gekommen war, sich mit Darragh zu treffen. Falls er das überhaupt plante.
    »Ich glaube ihm«, erwiderte Lillian an mich gewandt.
    Da war es schon wieder. Sie antwortete auf meine Gedanken. Dass das nicht normal war, schien sie allerdings nicht zu merken.
    Mir kam ein Verdacht!
    »Ich muss gehen«, bemerkte ich und durchbrach damit das Blicke- Dreieck. Ich hörte auf, Lillian anzusehen, aber sie sah noch immer Jaron an und Jarons Blick wechselte irritiert zwischen ihr und mir hin und her.
    Ob er auf dieselbe Idee gekommen war wie ich?
    »Nett, euch gesehen zu haben«, murmelte ich, dann lief ich in Richtung Kuppel und Portal.
    Zurück in Paris rannte ich ohne Umwege in die Bibliothek. Ich ign orierte meinen Magen, der durch die Gerüche aus der Küche gereizt nach Nahrung verlangte. Meine Kehle war ausgetrocknet, aber das lag nicht nur daran, dass ich seit heute Morgen beim Frühstück nichts mehr gegessen hatte.
    Unvorsichtiger als man es mir beigebracht hatte, schlug ich die ersten Seiten auf, durchsuchte das Inhaltsverzeichnis.
    IV: Verbindungen. Das musste es sein.
     
    Verbindung zwischen Sehnsucht und Mensch:
     
    Die Sehnsucht der Auserwähl ten ist stärker als die anderer –  auch die Verbindung zwischen Mensch und Sehnsucht. Gesetzt dem Fall, dass die größte Sehnsucht ein Objekt ist, kann es dazu kommen, dass der Auserwählte das Verlangen verspürt, diesen Gegenstand bei sich zu tragen oder ihn ständig anzusehen. Bei menschlich aussehenden Sehnsüchten kann sich die Verbindung beispielsweise durch eine unverkennbare Ähnlichkeit ausdrücken. Es kann auch vorkommen, dass in Namen, Fähigkeiten oder Interessen Parallelen bestehen.
     
    Lillian. Etwas an diesem Namen begann mich zu stören. Lillian. Lillian. Lilien . Lilien waren einmal meine Lieblingsblumen gewesen
    Absichtlich beschwor ich ein Bild von Lillian vor meinem inneren A uge auf. Ihre Kleidung, ihre Stimme, ihr Verhalten und das, was mir Jaron heute und bei anderen Treffen über sie erzählt hatte.
    »Du hast lange nicht mehr in den Spiegel geguckt, oder? Ihr würdet nicht als Zwillinge durchgehen, aber eine Ähnlichkeit kannst du nicht abstreiten – selbst Dar ragh ist das schon aufgefallen«, hörte ich Jarons Stimme in meinem Kopf.
    Ich betrachtete mein Spiegelbild im Fenster. Stirnrunzelnd stellte ich fest, dass meine Haare dunkler geworden waren. Sie waren gewachsen und sahen gesund aus, obwohl ich mich in den letzten Wochen nicht um mein Äußeres gekümmert hatte. Meine Frisur war beinahe dieselbe wie Lillians. Mein Gesicht war schmal, aber rundlicher als ihres, meine Nase eine Spur kleiner, die Wimpern heller und kürzer. Und anders als ihre violetten Augen, waren meine Braun. Braun wie

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