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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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Schokolade.
    Ich wusste, meine Gesichtszüge, die hohen Wangenknochen und das runde Kinn, waren erblich bedingt. Typische Züge der Durands’. Eine Sehnsucht konnte nicht exakt dieselben Züge haben, es sei denn …
     
    Auserwählte sind in der Lage, ihre, wenn vorhanden, menschliche Sehnsucht zu leiten. Sie können ihre Gedanken und ihre Handlungen beeinflussen. Sofern die Sehnsüchte nicht eingeweiht sind, bemerken sie den Unterschied zwischen der Beeinflussung und ihrem freien Willen nicht.
     
    Das half mir nicht weiter. Ich hatte auch Ian dazu gebracht, zu uns zu kommen. Ein Pferd war ganz sicher nicht meine größte Sehnsucht.
    Ich fragte mich, ob mein Fluchtinstinkt während des Kusses so groß gewesen war, dass ich mir gewünscht hatte, Lillian würde erscheinen. Nein, dann wäre sie früher erschienen, hätte möglicherweise anders reagiert.
     
    Ein häufigeres Aufeinandertreffen auf die Sehnsucht kann dazu führen, dass man einen Einblick in die Gedanken des jeweils anderen erhält. Auch dies ist den Sehnsüchten nicht bewusst; sie erkennen den Unterschied zwischen dieser Art der Kommunikation und einem normalen Gespräch nicht.
     
    Lillian hatte auf meine Gedanken geantwortet. Aber es war ihr nicht bewusst gewesen, weil sie das Geheimnis nicht kannte.
     
    Die Verbindung wird gestärkt, wenn der Auserwählte erkennt, wer oder was seine größte Sehnsucht ist. Es bietet ihm mehr Kontrolle und Stärke, kann aber auch die Sucht verstärken.
     
    Weil Auserwählte noch mehr süchtig machende Faktoren auch so dringend benötigten!
     
    Nur selten kommt es zu einer Vervollständigung der Verbindung. Dazu muss nicht nur der Auserwählte seine Sehnsucht kennen, sondern die jeweilige Sehnsucht muss in das Geheimnis eingeweiht und sich ihrer Position bewusst sein.
    Es ist den Auserwählten verboten, Sehnsüchten eigenständig von dem Geheimnis oder speziellen Verbindungen zu erzählen.
    Diese Maßnahme soll einen Schutz darstellen.
    Eine mögliche Folge, wie sie im 13. Jahrhundert eintraf, ist, dass die Sehnsucht damit überfordert ist und sich selbst und somit auch den oder die Auserwählte zu Grunde richtet.
     
    Wie erbaulich! Praktisch, dass ich nicht vorgehabt hatte, ihr die Wahrheit auf die Nase zu binden.
    Denn dass Lillian meine Sehnsucht war, konnte ich nicht mehr abstreiten. Meine größte Sehnsucht war Jarons Freundin!
    Ich wurde den Gedanken nicht los, dass Jaron bereits davon wusste. Nun da ich darüber nachdachte, fiel mir auf, dass er Lillian in letzter Zeit auf Abstand gehalten hatte. Vorher hatte ich immer gedacht, dass er das tat, um professionell bleiben zu können. Oder weil er sie nicht eifersüchtig machen wollte. Nun aber …
    Er musste es einfach erkannt h aben; er selbst war es gewesen, der unsere Ähnlichkeit betont hatte. Wie oft traf er auf zwei Bekannte, die sich ähnlich sahen? Unter Sehnsüchten gab es das nicht. Sehnsüchte waren individuell. Es gab keine Sehnsucht zwei Mal, zumindest nicht in exakt derselben Ausführung. Was sollte sonst ein Grund sein, dass Lillian und ich uns ähnlich sahen?
    Jaron musste es gewusst haben!
    »Ich will dir etwas von mir zeigen, mein Leben …«
    Ich schlug das Buch zu und streifte wie ein Tiger durch den Raum, um meinen Körper wieder unter Kontrolle zu beko mmen. Ich versuchte mir einzureden, dass es egal war und keine Rolle für unser eigentliches Ziel spielte: Wir mussten Portale finden und das Verschwinden der Sehnsüchte aufklären.
    In mir sammelte sich ein Gefühl , das ich nicht kannte – zumindest nicht mehr. Mich überkam das Verlangen auf etwas einzuschlagen oder einen Gegenstand an die Wand zu werfen. Ich wollte schreien.
     
    *
     
    »Das war so ziemlich das Dümmste, was du machen konntest.« Darragh stand mit verschränkten Armen vor mir. Seine Miene war undurchdringlich, ohne Lächeln. Seine eisblauen Augen machten ihrem Namen alle Ehre. »Sie zu küssen. Wie konntest du das tun? Was läuft im Kopf der Person, die sich dich herbeigesehnt hat, falsch, dass du einen so großen, unnützen freien Willen hast?«
    Jaron erhob sich von seinem Stuhl. Wieder einmal gab ihm Darragh das Gefühl, ein dummer, kleiner Junge zu sein. Es gab nur wenige Dinge, die er mehr hasste als das. Selbst wenn Darragh nicht unrecht hatte.
    »Ich habe das nicht geplant, okay?«, rechtfertigte er sich, die Hände auf die Tischplatte gestützt. »Ich bin heute nicht mit dem Geda nken aufgestanden ‚O was für ein sonniger Tag, perfekt um Cassim zu

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