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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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küssen’. Es war … eine Art Kurzschlussreaktion und wird sicherlich nicht wieder vorkommen.«
    Darragh schloss die Augen , seine Lippen begannen zu beben. Leise murmelte er – vermutlich Beleidigungen, um zu verhindern, dass er sie später laut aussprach. Dann schüttelte Darragh langsam den Kopf; aus Gewohnheit wanderten seine Finger über die schwarze Schwertscheide an seinem Gürtel.
    »Das sagst du jetzt! Nachdem du gesehen hast, wie Cassim weglief und Lillian euch beinahe entdeckt hätte. Aber was ist nächste Woche oder sogar schon in zwei Tagen? Ich glaube nicht, dass du das schaffst, egal wie sehr du dich auch bemühst. Es ist zu spät.«
    Jaron erwiderte darauf nichts. Das seltsame Gefühl, das er schon seit Beginn des Gespräches hatte, verstärkte sich. Eine Unsicherheit, wie er sie schon seit Jahren nicht mehr verspürt hatte .
    »Du musst dich von Lillian trennen !«, erklärte Darragh schließlich
    Vor Schreck verschluckte sich Jaron an seinem Atem. Er hu stete und keuchte, wobei sein Gegenüber keine Anstalten machte, ihm zu helfen. »Was?«
    »Denk doch nach! Moralisch ist es das einzig Ric htige. Du kannst nicht mit der Einen zusammen sein, während du an die Andere denkst.«
    »Ich denke nicht an Cassim, wenn ich bei Lilli bin.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Jaron verdrehte die Augen. Weshalb mussten sie überhaupt darüber diskutieren? »Okay, lassen wir das. Warum bist du so überzeugt, dass es Lillian sein muss? Du sprichst darüber, als würdest du beschließen, was du morgen anziehst. Sie ist deine beste Freundin, du weißt genauso gut wie ich, es würde sie …«
    »Fertig machen?«, hakte Darragh nach. » Selbstverständlich weiß ich das. Es macht mir keinen Spaß. Wenn es nach mir ginge, würden wir diese Unterhaltung nicht führen.«
    »Dann sind wir offenbar doch einer Meinung! Außerdem: Wie sollte ich mich gegen Lillian entscheiden können? Selbst wenn ich mich von ihr trenne, gibt es jemanden, der mich immer wieder geradezu zwingen würde, mich in ihrer Gegenwart aufzuhalten.«
    »Für dich ist es ein Zwang geworden, Lilli zu sehen? Damit hast du deine Antwort.«
    »Nein. Es geht um die Verbindung. Es wäre merkwürdig, mich dann noch mit ihr zu treffen. Und ich kann mich dagegen nicht wehren.«
    »Du hast in letzter Zeit oft genug bewiesen, wie stark dein freier Wille ist. Das dürfte also nicht das Problem sein.«
    Für wenige Augenblicke stellte Jaron sich vor, wie es wäre, sich von Lillian zu trennen. Sie würde ihm fehlen, sehr sogar. Gezwungen oder nicht, er hatte die Zeit mit ihr genossen. Und dann war da noch alles, was sie mit sich gebracht hatte, insbesondere die Sicherheit, die ihn in den letzten Jahren zu dem gemacht hatte, der er heute war. In dieser Hinsicht hatte er Cassim gegenüber nicht untertrieben. Lillian war der Auslöser für vieles gewesen.
    War er bereit das für Cassim aufzugeben, bei der er weder wusste, was genau er von ihr wollte noch was sie ihm geben konnte?
    »Es muss Lillian sein«, wiederholte Darragh. » Du fühlst dich offensichtlich von beiden Mädchen angezogen.« Er verzog das Gesicht über seine eigene Wortwahl. »Doch Cassims Anziehung ist stärker. Sie fühlt sich anders an, aber sie ist vorhanden. Spätestens seit du durch diese Tür gekommen bist, sieht man es dir an. Ich könnte mir vorstellen, dass es, wenn du dich von nun an von Cassim fernhältst, dieselben Folgen hat, als wenn die größte Sehnsucht plötzlich stirbt. Ich rede von Schmerzen, die ich nicht einmal annähernd beschreiben kann. Außerdem hast du geschworen, mit ihr zusammenzuarbeiten. Euer Training und eure Recherche sind wichtiger als irgendwelche Gefühle.«
    Jaron wandte den Blick ab und starrte an die Wand gegenüber, an der ein Degen mit silbernem Griff hing.
    In diesem Moment konnte er nicht mit Sicherheit sagen, was er mehr hasste: Dass er eine Entscheidung treffen musste oder ihn selbst, weil er sich in diese Situation gebracht hatte.
    Was sprach für Darraghs Forderung? Die Moral, auf die alle so viel Wert legten. Jarons Gesundheit, sollte Darragh mit seiner Einschätzung richtig liegen – er wusste, es sprach nicht für ihn, dass es ihm gelang, Lillians Gefühle dabei vollkommen zu missachten. Seine Pflicht, weil Darragh ihn überredet oder viel mehr gedrängt hatte, für Cassim und ihre Familie zu arbeiten.
    Er hatte gewusst, dass er es eines Tages bereuen würde.
    Es waren gute Argumente, wahre, richtige.
    Aber es gab auch Dinge, die dagegen sprachen :

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