Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
öffnete die Tür, und Valerie spähte hinein.
Das Fach war leer.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Schwester Simone.
»Hat sonst noch jemand Schlüssel zu den Fächern?«
»Ja, natürlich. Schwester Georgia, Philomena, der Hausmeister und ein paar andere.«
»Vater Thomas?«
»Selbstverständlich.«
So viel zum Thema Privatsphäre, dachte Valerie. »Fehlt auch etwas aus Ihrem Fach?«, erkundigte sie sich.
»Ich glaube nicht. Warum? Oh. Ich werde mal nachsehen.« Simone schloss ein Fach auf, und Valerie entdeckte ein paar Bücher und eine kleine Schachtel mit Filzstiften. »Alles unverändert«, stellte Schwester Simone fest, dann sperrte sie ein weiteres Fach auf, in dem mehrere Knäuel gelber Wolle lagen und zwei Paar Stricknadeln, zusammen mit etwas, das aussah wie der Anfang von einer Babydecke.
»Was ist mit Vater Thomas?«, fragte Valerie.
»Oh, er hat kein Schließfach«, sagte die Nonne und richtete sich auf. »Er hat doch sein Büro.«
»Ist er dort?«
»Ich glaube nicht. Er muss morgen zu einer Konferenz, ich denke, er ist heute früh schon aufgebrochen.«
»Haben Sie einen Schlüssel?«
»Zu seinem Büro? Aber nein!«, sagte sie erstaunt. »Natürlich nicht.«
»Das ist wirklich merkwürdig«, sagte Simone, als sie Valerie wieder zur Vorderseite des Gebäudekomplexes führte.
Val fragte sich, was aus Slade geworden war. Es war jetzt über eine Stunde her, dass er den Anruf bekommen und das Büro der Mutter Oberin verlassen hatte.
»Was ist merkwürdig?«, fragte Val.
»Ich habe vorhin in St. Marguerite angerufen und mit Schwester Charity über Schwester Camilles Sachen gesprochen, und jetzt sind sie verschwunden.«
»Wann haben Sie telefoniert?«
»Gerade mal vor ein paar Stunden.« Simones perfekt geschwungene Augenbrauen kräuselten sich. »Sie sagte, sie würde jemanden deswegen vorbeischicken, aber bei mir hat sich keiner gemeldet.«
»Vielleicht könnten wir einen Blick in den Computer werfen und uns anschauen, worauf Cammie gestoßen ist.«
»Ich weiß nicht recht.«
»Es geht hier auch um meine Eltern«, drängte Valerie.
»Die Computer der Kirchengemeinde sind privat, nur für den internen Gebrauch bestimmt, aber … Ich werde Schwester Georgia fragen.«
In diesem Augenblick entdeckte Valerie endlich Slade, der mit großen Schritten auf sie zukam und das Handy in seine Hemdtasche steckte.
»Bist du fertig?«, fragte er Val, dann streckte er Schwester Simone seine große Hand entgegen. »Ich bin Slade Houston, Vals Ehemann.«
»Nett, Sie kennenzulernen«, sagte diese.
»Schwester Simone war eine Freundin von Camille und hat mich ein wenig herumgeführt.«
»Schade, dass ich das verpasst habe«, sagte Slade mit diesem schiefen Grinsen, das Val so unsagbar anziehend fand. »Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen würden, wir müssen los.«
Valerie fing seinen Blick auf und widersprach nicht, auch wenn sie keineswegs meinte, hier bereits fertig zu sein. »Würden Sie es mich bitte wissen lassen, wenn Sie herausfinden, was mit Camilles Sachen geschehen ist?«
»Das wird die Mutter Oberin ganz gewiss tun«, sagte Schwester Simone, während Slade mit Valerie auf die Eingangstüren zustrebte.
»Was ist los?«, fragte Valerie, als sie draußen waren. Weiße Sturmwolken ballten sich zusammen, die Dämmerung senkte sich schnell herab. »Ist irgendetwas mit der Ranch?«
Als sie bei seinem Pick-up ankamen, kräuselte er die Lippen. »Alles in Ordnung.«
»Aber du hast doch einen Anruf bekommen …«
»Der war nur vorgeschoben. Ich habe mich selbst angerufen.« Er setzte sich hinters Lenkrad, während sie auf den Beifahrersitz kletterte.
»Du hast was?«
»Deine Unterhaltung mit der Mutter Oberin führte doch zu nichts. Also habe ich beschlossen, mich unter einem Vorwand davonzustehlen und mich auf eigene Faust ein wenig umzusehen. Deshalb habe ich den Anruf vorgetäuscht.«
»Du bist durch und durch hinterhältig«, sagte Val. Die ersten Regentropfen fielen vom Himmel und platschten auf das Dach des alten Fords.
»Ich fasse das als Kompliment auf.«
»Tu das.« Sein Täuschungsmanöver verblüffte sie. »Hast du etwas herausgefunden?«
Slade ließ den Motor an. »Ja.« Er warf einen Blick in den Rückspiegel und bog auf die Straße.
Vals Herz begann schneller zu klopfen. »Und was?«
Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. »Sieh mal in meiner Jackentasche nach«, sagte er, fuhr von der Seitenstraße ab und ordnete sich in den dichten Verkehr ein, der Richtung
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