Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
hatte er angenommen, war kein zufälliges Opfer gewesen, zumal sich der Mörder Zeit für sein Verbrechen genommen hatte – genug Zeit, um dafür Sorge zu tragen, dass sie ein Hochzeitskleid anhatte. Außerdem hatte er sie aus nächster Nähe getötet, hatte gespürt, wie das Leben aus ihrem Körper wich.
Montoya hatte nicht damit gerechnet, dass es weitere Opfer geben würde, dass Camille womöglich nur die erste Trophäe eines Serienkillers sein würde. Mein Gott, das wollte er sich gar nicht erst vorstellen! Ein Irrer, der Nonnen umbrachte, Schwestern, die hier im Konvent von St. Marguerite lebten.
Es sei denn, es bestünde eine andere Verbindung zwischen den beiden Frauen.
Seine Schuhe hallten durch die alten Gänge, als er sich auf den Weg zu den Räumen machte, die man der Polizei für die Vernehmungen bereitgestellt hatte. Wieder einmal würde er sich die Zeit bis in die frühen Morgenstunden um die Ohren schlagen und sich mit den Bewohnerinnen von St. Marguerite unterhalten müssen, und es würde vermutlich noch unangenehmer sein als beim letzten Mal.
»Wach auf, Sonnenschein, los geht’s!«
Irgendwo in weiter Ferne hörte Val Slades Stimme.
»He, Val!«
Sie schlug die Augen auf und stellte fest, dass Sonnenlicht durch ihre Fenster flutete. Slade, angezogen, das Haar noch nass von der Dusche, stand vor ihrem Bett. Bo, der am Fußende des Eisenhimmelbetts lag, hob den Kopf und klopfte wie verrückt mit dem Schwanz, als Slade ihn hinter den Ohren kraulte.
»Wie spät ist es?«, fragte Val, rollte sich auf die Seite und blickte auf die Uhr. »Halb sieben?« Sie hatte das Gefühl, keine Sekunde geschlafen zu haben.
»Nun mach schon!« Durch die Bettdecke gab ihr Slade einen Klaps auf den Hintern.
»He! Was soll die Eile? Ich dachte, du hättest acht Uhr gesagt oder neun …« Sie blinzelte. »Wie bist du überhaupt hier hereingekommen?«
»Freya hat mir einen Schlüssel gegeben.«
»Erinner mich daran, dass ich ihr später den Hals umdrehe.«
»Spring unter die Dusche. Ich mache inzwischen Kaffee.«
»Vielleicht erschieße ich sie auch. Das ist einfacher.«
»Komm schon!«
»Ich lasse mich nicht gern herumkommandieren!«
»Ich weiß.« In seiner Stimme klang ein Anflug von Wehmut mit, doch bevor Val seinen Blick auffangen konnte, wandte er sich ab und ging aus dem Schlafzimmer.
Was sollte diese Eile?
Sie stieg aus dem Bett und zog ihr übergroßes T-Shirt aus. Ihr Blick fiel flüchtig auf den antiken Spiegel auf der Kommode, und sie zuckte zusammen, als sie ihr wirres Haar und die rotgeränderten Augen bemerkte. Ihre Lippen waren farblos, unter den Augen lagen tiefe, dunkle Ringe, ihre Haut war, abgesehen von den Sommersprossen, kalkweiß. Schnell ging sie ins angrenzende Badezimmer und unter die Dusche, wusch ihre Haare und band sie zu einem nassen Pferdeschwanz zurück. Ein Hauch Lippenstift und Rouge, ein bisschen Wimperntusche, und ihr Make-up war fertig. Sie zog sich an und ging barfuß ins Wohnzimmer, wo ihr der Duft von frischem Kaffee in die Nase stieg. Der Fernseher lief, ein lokaler Nachrichtensender, der Ton war leise gestellt. Valerie schlenderte hinüber in die Küche, wo sich soeben die Hintertür öffnete. Slade kam hereinspaziert, Bo auf den Fersen.
»Ich habe schon den Hund gefüttert und rausgelassen. Nimm dir eine Tasse für unterwegs mit und lass uns fahren.« Er ging hinüber ins Wohnzimmer und schnappte sich Camilles Tagebuch, das wieder in der Plastikhülle steckte.
Valerie schenkte sich Kaffee ein und fügte etwas Sahne hinzu. Durch die offene Tür sah sie, wie Slade hinter dem Sofa stehen blieb und einen Schluck Kaffee nahm, die Augen auf den Bildschirm geheftet. »Komm her und sieh dir das an«, sagte er.
Sie ging hinüber, stellte sich zu ihm und sah, wie die Kamera einen Ort einfing, der ihr bekannt vorkam: die große, zweiflügelige Tür der Kathedrale von St. Marguerite. Eine Reporterin stand vor dem ehrfurchtgebietenden Bauwerk und blickte direkt in die Kamera.
Noch bevor Val begriff, worum es in dem Beitrag ging, sagte Slade: »Das ist keine Aufzeichnung, Val. Das ist live.«
»Was meinst du damit?«
»Ich hab’s im Radio gehört. Der Mord an deiner Schwester ist kein Einzelfall mehr. In St. Marguerite ist eine weitere Novizin umgebracht worden.«
[home]
Kapitel fünfunddreißig
E rzähl mir bitte nicht, dass Asteria McClellan auch schwanger war«, sagte Montoya am nächsten Morgen zu Lynn Zaroster und schenkte sich in dem kleinen
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