Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
gerissen wurde …
»Wir können uns hier mit Ihnen unterhalten oder aber im Präsidium, sollte Ihnen das lieber sein«, sagte Bentz.
Valerie nahm sich zusammen. »Hier geht es auch«, sagte sie.
»Gut. Dort drüben, ein Stück den Flur hinunter, ist ein Zimmer, in dem wir ungestört reden können.« Bentz führte sie über den mit grauem Teppich belegten Gang in einen kleinen Raum mit drei Stühlen. Eine vertrocknete Topfpalme stand in der Nähe des Fensters. Hier sprachen für gewöhnlich die Ärzte mit ihren Patienten oder deren Hinterbliebenen. Draußen war der Himmel jetzt düster. Es schien Regen zu geben.
Bentz bedeutete ihnen, Platz zu nehmen, und setzte sich ebenfalls. Dann wartete er, bis Montoya die Tür hinter ihnen schloss und neben der unglückseligen Palme stehen blieb.
»Nun, erzählen Sie uns, was Sie über die Affäre zwischen Vater O’Toole und Ihrer Schwester wissen.«
»Ich wünschte, das könnte ich«, sagte Valerie. »Aber ich weiß nicht allzu viel.« Sie berichtete den beiden Detectives, wie sich Camille mit ihr vor einem knappen Monat getroffen und ihr die Situation erklärt hatte. Sie hatte ihr erzählt, sie sei schwanger, der Vater des Babys sei ein Priester, und sie erwäge, den Konvent zu verlassen.
»Aber das hat sie nicht getan«, stellte Montoya fest.
»Nein, nicht rechtzeitig …« Val räusperte sich und zwang sich, »sich zusammenzureißen«, wie ihr Vater ihnen immer geraten hatte, wenn eine seiner Töchter mit einem Problem zu ihm gekommen war. »Sie hat mir kurz vor ihrem Tod eine E-Mail geschickt, eine kurze Nachricht, in der sie mir mitteilte, dass sie es nicht länger ertragen könne – was immer das bedeuten mag – und dass sie den Konvent verlassen wolle. Ich wüsste, warum. Ich nehme an, sie sprach von der Schwangerschaft.«
»Wann haben Sie die E-Mail bekommen?«
»Gestern Nacht. Spät. Ich habe mir Sorgen um sie gemacht und …«
Und du hättest losziehen und sie aufsuchen sollen. Vielleicht hättest du sie retten können.
Sie versuchte nach Kräften, ihre Schuldgefühle beiseitezuschieben und den Beamten zu helfen. Valerie teilte ihnen alles mit, was sie wusste, angefangen bei der Zeit, in der sie und Camille von ihren Eltern adoptiert worden waren, bis hin zu ihren Highschool-Jahren in St. Timothy. Sie war über Frank O’Tooles Ruf im Bilde gewesen, und sie erinnerte sich, dass Camille mit Reuben Montoya gegangen war. Sie räumte ein, dass Camille und sie sich in den letzten Jahren entfremdet hatten, was zum Teil an ihrer Ehe mit Slade lag – ein Mann, für den auch Camille Interesse bekundet hatte.
Außerdem erinnerte sie Bentz und Montoya an die andere Nonne, die ein Verhältnis mit O’Toole gehabt hatte, obwohl ihr immer noch nicht eingefallen war, wie genau diese hieß, und sie sich unsicher war, ob die Frau wirklich existierte oder lediglich eine Ausgeburt von Camilles eifersüchtiger Phantasie war.
Inzwischen prasselten Regentropfen gegen das Fenster. »Also …« Bentz wandte seine Aufmerksamkeit Slade zu. »Sie waren der letzte Mann, mit dem sie ein Verhältnis hatte, bevor sie dem Orden beigetreten ist?«
»Wir hatten kein Verhältnis«, widersprach Slade mit fester Stimme und festem Blick. »Sie war meine Schwägerin.«
»Aber sie … sie hat sich Ihnen an den Hals geworfen?« Bentz warf Valerie einen fragenden Blick zu.
»Das könnte man so sagen.« Slade sah zu seiner Frau hinüber. »Sie hat mit mir geflirtet.«
»Definieren Sie ›geflirtet‹«, sagte Montoya, und Slade besaß den Anstand, einen unbehaglichen Blick aufzusetzen.
»Sie wissen schon … Sie hat bestimmte Dinge gesagt, mir Blicke zugeworfen, geschmollt.«
»In Ihrer Anwesenheit?«, wandte sich Bentz mit zusammengezogenen Augenbrauen an Valerie.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, davon habe ich nie etwas mitbekommen.«
»Und wie hat sich die Sache für Sie dargestellt?«
Valerie seufzte und blickte zur Fensterscheibe, an der der Regen in gezackten Rinnsalen hinunterlief. »Ich habe eine Frau wahrgenommen, die völlig verwirrt war, und einen Mann, der sie nicht gerade entmutigt hat.«
»Herrgott noch mal, Val, so war das nicht!« Slade zog ein finsteres Gesicht und schüttelte den Kopf. »Camille hat gelogen, Valerie geschworen, ich hätte ihr nachgestellt.« Er stieß ein langes, angewidertes Schnauben aus. »Es ist alles ganz anders gewesen.«
»Erzählen Sie mir, wie es gewesen ist«, forderte Bentz ihn auf.
»Nachdem Val und ich geheiratet hatten,
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