Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
Camille, hörst du? Geh nicht …«
Doch die arme, gequälte Frau war tot, ihr Geist stieg aus der leblosen Hülle ihres Körpers zum Himmel empor. Des Körpers, dessen man sie gewaltsam beraubt hatte.
»Nein … bitte … Vater –«
Wumm!
Irgendwo schlug eine Tür zu.
Lucia sprang auf.
Jemand war zu ihnen unterwegs!
Gut. »Halte einfach nur durch«, sagte sie zu der aschfahlen Gestalt, obwohl sie intuitiv wusste, dass es zu spät war. »Hilfe ist unterwegs.« Ihre Worte hingen in der kühlen Nachtluft.
Zweifel befielen Lucia. Sie verschränkte ihre Finger mit denen ihrer Freundin und schickte ein weiteres Gebet zum Himmel.
Nahte tatsächlich Hilfe? Oder kehrte die Person, die Camille das angetan hatte, zurück?
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Kapitel drei
V al fühlte sich jetzt ruhiger, das innere Zittern hatte nachgelassen. Sie füllte ihre angeschlagene Lieblingstasse mit heißem Wasser und stellte sie in die Mikrowelle.
Camille hatte sie ihr zu Weihnachten geschenkt, damals, als nichts und niemand einen Keil zwischen sie hätte treiben können, nicht einmal Slade Houston.
»Oh, Cammie«, flüsterte sie und schüttelte den Kopf über ihre lächerlichen Auseinandersetzungen. Die Mikrowelle klingelte. Vorsichtig fasste Val die Tasse am Griff, zog den letzten Teebeutel aus der Schachtel und tauchte ihn in das fast kochende Wasser.
Obwohl es schon nach Mitternacht war, würde Valerie noch stundenlang nicht einschlafen können, wenn überhaupt. Was hatte Slade immer behauptet? Ihre Schlaflosigkeit sei einer der Gründe, warum das Department sie behalten hätte – sie war ein Workaholic, der wegen seiner Unfähigkeit zu schlafen sechzehn Stunden durcharbeiten konnte, auch wenn er nur acht bezahlt bekam.
Aber Slade neigte eben dazu, zu übertreiben, das war Teil seines lächerlichen Humors.
Val massierte die Knoten in ihrem Nacken und schloss die Augen. Für einen Augenblick sah sie wieder das Gesicht ihres Ehemanns vor sich: ein kräftiges, bartbeschattetes Kinn, ein schiefes Grinsen, das weiße Zähne entblößte, die von der unerbittlichen Texas-Sonne gebräunte Haut, durchdringende blaugraue Augen. Slade Houston. Zäh wie altes Leder, ganz der wilde Cowboy und höllisch sexy, was nichts als Schwierigkeiten bedeutete.
Warum dachte sie dann heute Nacht an ihn?
Und warum hatte sie gestern Nacht an ihn gedacht und in der Nacht zuvor …
»Idiotin«, murmelte sie und bemühte sich, Slades Bild vor ihren Augen zum Verschwinden zu bringen. Die Kirchenglocken waren endlich verstummt. Gut. Ruhe. Frieden.
Doch das unheimliche Gefühl, dass heute Nacht irgendetwas ganz und gar nicht stimmte, hielt an, und ihre innere Unruhe wollte nicht nachlassen.
Morgen würde sie Camille einen Besuch abstatten, gleichgültig, welche machiavellistischen Methoden die alte Fledermaus anwenden würde, um sie davon abzubringen. »Es tut mir leid, aber im Augenblick ist es unmöglich, Ihre Schwester zu besuchen. Wir haben hier strikte Regeln«, hatte Schwester Charity Val das letzte Mal mitgeteilt, als sie Camille unangemeldet hatte sehen wollen. »Regeln, an die wir uns halten, Regeln, die uns von Gott, dem Herrn, auferlegt sind.«
Ganz bestimmt. Wenn Schwester Charity irgendwelche guten Absichten hatte, hatte zumindest Val noch nichts davon bemerkt. Ihrer Ansicht nach war die Mutter Oberin einzig und allein machtbesessen, befeuert von Selbstüberschätzung und einem verzerrten Religionsbild.
Was immer eine schlechte Kombination abgab.
Aber diesmal hatte Valerie vor, den Spieß umzudrehen.
Im Treppenhaus vor der Kapelle war jetzt das Geräusch von Schritten zu vernehmen. Lucia starrte die tote junge Frau an. Ihre Haut kribbelte. Sie versuchte zu beten, aber es wollten ihr nicht die rechten Worte einfallen. Wer hatte Camille das angetan? Warum? Und dieses merkwürdige Brautkleid, die Kette aus Blutstropfen um ihren Hals – was hatte das alles zu bedeuten?
Sie blickte auf die Seitentür, die sich gerade geschlossen hatte, als sie eingetroffen war, und ihr Herz hämmerte. Es hatte noch jemand Schwester Camille auf dem Boden der Kapelle liegen sehen – der Mörder oder aber ein Zeuge. Vor Angst sträubten sich Lucias Nackenhärchen. Entweder war Hilfe im Anmarsch … oder der Mörder kehrte zurück.
Lucia bekreuzigte sich, wandte sich der Tür zum Treppenhaus zu und schrie aus vollen Lungen: »Hilfe!«
Die Tür wurde aufgestoßen und prallte krachend gegen die Wand. Die Mutter Oberin, eine stattliche Frau in einem langen,
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