Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
stieß einen langen Seufzer aus. »Ich vertraue auf Gott, unseren allmächtigen Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Sie werden uns durch diese Krise führen. Bitte sorgen Sie dafür, dass diesem Gotteshaus während Ihrer Ermittlungen der nötige Respekt entgegengebracht wird.«
Die Falten in ihrem Gesicht schienen sich tiefer eingegraben zu haben, und der Kampfgeist, den sie für gewöhnlich zur Schau trug, war ermattet.
Montoya verspürte einen Anflug von Mitleid für die Mutter Oberin, dennoch unternahm er keinen Versuch, einzulenken. »Solche Dinge brauchen Zeit, Schwester. Sie wollen doch auch, dass wir unsere Arbeit gründlich machen.«
»Gründlich?« Ihre Lippen verzogen sich missbilligend. »Folgen Sie mir«, sagte sie und führte ihn mit zielstrebigen Schritten und sich bauschenden Röcken zur Kapelle. Sie stieß die Tür auf. »Nennen Sie das ›gründlich‹?«, fragte sie und deutete mit hochgezogenen Augenbrauen und einer weit ausholenden Handbewegung ins Innere des kleinen Kirchenschiffs.
Fingerabdruckpulver bedeckte fast alle Oberflächen einschließlich der hölzernen Kirchenbänke und der gepolsterten Kniebänke. Gesang- und Gebetbücher lagen verstreut durcheinander.
»Wir müssen hier unsere Ermittlungen durchführen.«
»Noch einmal, Detective: Das hier ist ein Gotteshaus. Gleichgültig, welche Greueltat hier begangen wurde, dieser Ort ist heilig. Geweiht. Denken Sie daran.«
Sie bedachte ihn mit einem entrüsteten Blick, drehte sich um und rauschte von dannen, bevor er ihr weitere Fragen stellen konnte.
Montoya machte sich auf die Suche nach Bentz, der, wie man ihm mitteilte, noch einmal Schwester Camilles Zimmer unter die Lupe nahm. Schwester Devota begleitete ihn einen engen, fensterlosen Gang hinunter zu den Schlafzimmern der Nonnen. Die Wandleuchter sahen aus, als wären sie aus einem mittelalterlichen Verlies entwendet worden. War die unheimliche Atmosphäre, die hier herrschte, dem moderigen Geruch, den finsteren Schatten zuzuschreiben oder etwa der Tatsache, dass hier eine Frau ihr Leben durch die Hand eines unbekannten Mörders verloren hatte?
Schwester Devota deutete auf Camilles Zimmer, vor dem Vater Paul und Schwester Edwina, die große Nonne mit den skandinavischen Gesichtszügen, Posten bezogen hatten.
In dem winzigen, zellenartigen Raum kämpfte der spärliche Schein einer kleinen Lampe gegen die Dunkelheit an. Das Zimmer hatte den Charme eines Grabs. Die dünne Matratze war abgezogen, das Bettzeug zur Untersuchung ins kriminaltechnische Labor geschafft worden.
Bentz schob das Gestell zur Seite, um den Fußboden darunter zu untersuchen. »Dachte, ich sehe noch einmal nach«, wandte sich Bentz an seinen Partner und leuchtete mit dem Display-Licht seines Handys den Fußboden ab.
»Du hast nicht zufällig ein Tagebuch gefunden, oder?«, fragte Montoya dicht an Bentz’ Ohr, damit die anderen ihn nicht hören konnten.
»Ah, so läuft das also. Wir finden ein Tagebuch, und es verrät uns, wer der Täter ist. Solch ein Glück haben wir ja ständig«, sagte er sarkastisch und blickte hinauf an die nackte, rissige Decke. »Bis jetzt hab ich noch keins entdeckt.«
»Das dachte ich mir.« Montoya streckte sich und ließ die Augen über die staubigen Wolken von Fingerabdruckpulver schweifen, die auf den Wänden zu sehen waren. Sein Bauch sagte ihm, dass sie hier nichts finden würden. Absolut nichts.
Nada.
Er trat um das schmale Eisengestell herum. Das konnte doch nicht das Bett sein, auf dem Camille und Frank O’Toole sich geliebt hatten? Unwahrscheinlich, aber letztendlich war alles möglich. Wenn die Leidenschaft die Oberhand gewann, gab es oftmals kein Halten mehr, und jeder Rest von gesundem Menschenverstand flatterte aus dem Fenster.
Als er die Matratze genauer ins Auge fasste, fiel ihm etwas auf. Einer der Knöpfe, mit denen die Füllung an Ort und Stelle gehalten wurde, fehlte. Keine große Sache. Nichts Bemerkenswertes. Er streifte sich einen Spurensicherungshandschuh über und tastete die Stelle um das kleine Loch herum ab, das die Fäden des Knopfes hinterlassen hatten.
Seine Fingerspitzen machten einen Klumpen in der Füllung aus. »Was ist denn das hier?«, fragte er und stellte fest, dass die Matratze mit winzigen, kaum sichtbaren Stichen genäht worden war. Vorsichtig trennte er die Naht mit seinem Pomeroy 5000 , einem mehrklingigen Allzweckmesser, auf.
Dann glitt er mit der Hand in die kleine Öffnung und berührte die Ecke eines aus Papier bestehenden
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