Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
ältere Detective Schwester Charity mit aufeinandergepressten Kiefern durch das Tor anblickte.
Die Mutter Oberin, die auf ihr Klingeln höchstpersönlich erschienen war, war alles andere als erfreut.
»Vater Frank ist im Krankenhaus«, erklärte sie mit schmalen Lippen. »Sie hätten einen Termin ausmachen sollen.«
»Das habe ich«, beharrte Bentz.
Ihre grauen Augenbrauen kräuselten sich. »Er ist ins Krankenhaus gerufen worden.« Sie steckte die Hände in die Ärmel ihrer Nonnentracht und schien darauf zu warten, dass sie verschwanden.
Doch Bentz rührte sich nicht vom Fleck.
»Wenn wir schon hier sind, würden wir uns gern mit den anderen Personen auf unserer Liste unterhalten.«
»Aber es ist schon spät, zumindest für uns hier im Konvent, und Vater O’Toole ist ohnehin nicht da. Warum kommen Sie nicht morgen noch einmal, zu einer angemesseneren Zeit?«
»Jetzt passt es uns besser«, sagte Montoya hartnäckig. »Wenn die Leute noch alles frisch im Gedächtnis haben.«
Bentz nickte zustimmend und fügte hinzu: »Außerdem taucht Vater O’Toole vielleicht noch auf.«
Sie schien widersprechen zu wollen, doch Bentz kam ihr zuvor und fing an, die Namen der Konventsbewohner aufzuzählen, die sie noch einmal befragen wollten.
»Na gut«, gab sie schließlich nach und öffnete mit mürrischem Gesicht das Tor. Nachdem sie die Detectives eingelassen hatte, machte sie sich steifen Schritts auf die Suche nach den genannten Personen.
Montoya hatte beschlossen, sich noch einmal mit Schwester Lucy zu unterhalten, auch wenn sie sich persönlich kannten. Er wollte sehen, wie sie reagierte, wenn er sie über ihre Freundin befragte. Jetzt saßen sie einander in demselben Raum gegenüber, in dem er vor weniger als vierundzwanzig Stunden mit Frank O’Toole gesprochen hatte. Derselbe schummrige Wandleuchter, derselbe zerschrammte Tisch, dasselbe beunruhigende Gefühl, dass die Wahrheit direkt vor ihm lag und sich doch nicht greifen ließ.
»Du erinnerst dich also nicht, wovon du aufgewacht bist«, sagte Montoya mit einem Blick in seine Unterlagen.
Schwester Lucy schüttelte den Kopf und verflocht nervös ihre Finger. Sie war blass und sah so aus, als wäre sie lieber sonst wo, doch auf keinen Fall in diesem kleinen Raum mit Montoya.
Die Tür zu dem düsteren Flur stand einen Spalt offen, ein kühler Lufthauch wehte von draußen herein. Montoya stand auf, um sie zu schließen, da er annahm, die Mutter Oberin würde sich dort herumdrücken. In ihrer Anwesenheit machte garantiert keine der Nonnen den Mund auf.
»Nein«, sagte Lucia jetzt, »ich erinnere mich an kein spezielles Geräusch, das mich geweckt hat. Ich hatte nur den Eindruck, ich hätte etwas gehört.« Sie biss sich ängstlich auf die Lippe, und er stellte fest, dass sie eine schlechte Lügnerin war. »Vielleicht, ähm, vielleicht habe ich im Schlaf ein Geräusch gehört, im Traum. Ich kann es einfach nicht genauer benennen.«
»Einen Schrei?«, hakte er nach.
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein.« Errötend sah sie zur Seite.
»Einen Hilferuf?«
»Nein!«
»Schritte?«
Sie blickte ihm voller Kummer in die Augen. »Es tut mir leid«, flüsterte sie dann.
Das führte nirgendwohin. Er versuchte es in eine andere Richtung. »Na schön. Lass uns über Vater O’Toole reden. Du bist ihm in jener Nacht draußen vor den Priesterwohnungen begegnet?«
»Ja. Oder vielmehr: Er ist
mir
begegnet. Ich habe gerade an Vater Pauls Tür geklopft, als Vater O’Toole aufgekreuzt ist. Er hat mich ganz schön erschreckt«, erinnerte sie sich und schilderte Montoya, wie der jüngere Priester urplötzlich hinter ihr stand.
»Du warst Schwester Camilles engste Freundin«, sagte Montoya.
»Vielleicht.« Sie zuckte die Achseln. »Auf alle Fälle war ich ihre Freundin. Das ist hier nichts Besonderes.«
Montoya bezweifelte dies. »Aber du warst die Einzige, der sie ihre Schwangerschaft anvertraut hat.«
Lucia wandte den Blick ab. »Ja«, sagte sie zaghaft und fühlte sich offensichtlich unwohl. »Nun, du weißt doch, dass wir zusammen zur Schule gegangen sind, auch wenn wir dort nicht viel miteinander zu tun hatten.«
»Hat sie dir verraten, ob Frank O’Toole der Vater des Babys ist?«
Lucias glatte Stirn kräuselte sich. »Sie hat ihn nie ausdrücklich genannt.«
Montoya machte sich eine Notiz.
»Aber sie hat gesagt, dass sie mit dem Vater des Babys – ähm – ein ›Verhältnis‹ hat, das war das Wort, das sie benutzte. Was im Grunde auf der Hand liegt,
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