Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
Diät.«
Montoya hatte genug. Er verließ den Pausenraum und setzte sich an seinen Schreibtisch, um sich noch einmal die Akten vorzunehmen und die letzten vierundzwanzig Stunden von Camille Renards Leben zu rekonstruieren.
Es schien sich nichts Außergewöhnliches ereignet zu haben. Sie hatte den Großteil des Tages im Konvent verbracht, hatte das Kloster lediglich für sechs Stunden verlassen, um im Kindergarten des Waisenhauses zu arbeiten.
Wenn sie sich mit O’Toole oder einem anderen Mann getroffen hatte, war sie äußerst diskret vorgegangen.
Außerdem hatte sie den Brief, der in ihrer Matratze versteckt gewesen war, nie abgeschickt. Das Labor untersuchte das Schreiben noch. Ihre Forderungen nach ganz speziellen Liebesdiensten hatten verzweifelt, beinahe flehentlich geklungen.
Warum zur Hölle war ausgerechnet sie Nonne geworden? Montoya nahm an, dass bei der Mehrzahl der katholischen Geistlichkeit unerfüllte sexuelle Bedürfnisse vorlagen. Das Zölibat war ein Unding, Abstinenz nahezu unmöglich.
Menschen waren sexuelle Geschöpfe.
Um das Keuschheitsgelübde abzulegen, mussten die Überzeugungen um ein Vielfaches stärker sein als der natürliche animalische Trieb. Montoya war überzeugt davon, dass das bei den meisten Priestern und Nonnen tatsächlich so war, aber es gab immer einige, denen es nicht gelang, enthaltsam zu bleiben.
Schwester Camille zählte offensichtlich zu Letzteren.
Und sie hatte das gewusst, hatte in Erwägung gezogen, den Orden zu verlassen.
»Zu spät«, flüsterte er, verwirrt über das Rätsel, das Camille Renard für ihn darstellte.
Er nahm ein paar Anrufe entgegen, während er auf den Autopsiebericht wartete, die Frage nach dem Vater von Camilles Baby stets im Hinterkopf. Ein Gemeindemitglied? Ein Angestellter des Konvents? Clifton Sharkey zum Beispiel arbeitete als Wartungstechniker in St. Marguerite. Er war vierundfünfzig, Vater von sechs Kindern und bereits zweifacher Großvater. Oder Elwin Zaan, der zweiundvierzig Jahre alte Hausmeister. Doch beide hatten für den Todeszeitpunkt wasserdichte Alibis.
Nichts ergab irgendeinen Sinn, dachte er und trank gerade seinen letzten Schluck Kaffee, als der Autopsiebericht per E-Mail einging. Montoya stellte seine Tasse ab, betrachtete die Fotos und las den Bericht. Er war nicht überrascht, dass der Gerichtsmediziner bestätigte, was die vorläufige Untersuchung nahegelegt hatte: Camille Renard, in der achten oder neunten Woche schwanger, war erstickt, da man ihr die Sauerstoffzufuhr mit einem Würgeinstrument von ungleichmäßiger Beschaffenheit abgeschnitten hatte. Die Schnitte und Hautabschürfungen an ihrem Hals waren an manchen Stellen tiefer und folgten einem klaren Muster.
Eins aber war merkwürdig: Der Gerichtsmediziner hatte Narben auf Camilles Rücken entdeckt, schmale Striemen kreuz und quer auf ihren Schultern und tiefer, die von ehemaligen Verletzungen herrührten, die meisten davon vollständig verheilt und ganz bestimmt nicht Teil des tätlichen Übergriffs, der sie das Leben gekostet hatte.
Montoya runzelte die Stirn, machte sich einen Vermerk und las weiter.
Während er den Bericht studierte, stürmten hässliche Erinnerungen auf ihn ein, grausame Bilder von einem anderen Fall, bei dem die Opfer auf eine ähnliche Weise getötet worden waren. Er tippte gerade den Namen des Täters in den Computer, als sein Partner auf der Schwelle erschien.
»Vater John«, sagte Bentz mit einem Blick auf den Bildschirm.
Montoya erstarrte bei der Erwähnung dieses Namens. Er gehörte einem Serienmörder, der vor einigen Jahren die Stadt in Angst und Schrecken versetzt hatte. »Er ist tot. Du hast selbst dafür gesorgt. Erinnerst du dich?«
Er deutete auf den Monitor, auf dem ein Bild des ersten Opfers erschien. Cherie Bellechamps, eine hiesige Prostituierte, hatte das Pech gehabt, dem perversen Psychopathen in die Hände zu fallen, der sich als Priester verkleidete. Vater John hatte ihr ein grauenvolles Ende bereitet.
»Vielleicht.«
»Himmelherrgott, Vater John
muss
tot sein!« Montoya dachte an den wahnsinnigen, hochgewachsenen, gutaussehenden Mann mit der perversen Vorliebe fürs Töten. Bentz hatte ihn im Sumpf erschossen. Oder?
»Dieselbe Art zu töten.« Bentz sprach das aus, was Montoya dachte. Camille Renard war mit einem Rosenkranz erwürgt worden.
»Mein Gott, denk nicht mal daran.« Das Grauen, das in ihm aufstieg, gefiel Montoya gar nicht. »Das ist doch ewig her. Wie lange? Zehn Jahre? Zwölf?«
»So
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