Desperado der Liebe
gehen und Tod und Teufel trotzen müssen. Er schlug gnadenlos auf Judd ein, dessen Auge längst blau war und dessen Nase blutete, ehe er Rigo einen Kinnhaken verpaßte, der ihn zurückschleuderte.
Judds Hand fuhr blitzschnell zum Halfter und zog den Revolver. Aber Rigo bekam sein Handgelenk zu fassen und schlug Judds Hand so lange auf den harten Boden, bis ihm die Waffe entglitt und außer Reichweite landete. Im nächsten Moment hatten sie sich beide aus dem Griff des anderen gewunden und waren gleichzeitig aufgesprungen, die Gesichter geschwollen, zerschrammt und blutig. Nun standen sie sich schnaufend gegenüber, schlugen vor Schmerz knurrend weiter aufeinander ein. Ein lautes Knacken war zu hören, als Rigo Judd eine Rippe brach; Judd verzog das Gesicht und preßte schützend einen Arm auf die Stelle. Doch Rigo ließ nicht ab; mit einem diabolischen Grinsen hämmerte er Judd die Fäuste ins Gesicht und verpaßte ihm einen Kinnhaken, der Judd zu Boden warf. Als Rigo sich über ihn beugte, trat Judd ihn in den Unterleib, worauf Rigo zurücktaumelte, stolperte und der Länge nach hinschlug.
Nun lagen sie beide wieder am Boden, bekamen einander an der Gurgel zu fassen, würgten, husteten. Nach Luft japsend und röchelnd, drückte Judd Rigo mit aller Kraft die flache Hand auf die Nase, um ihn abzuwehren, während Rigo Judds Kopf wieder und wieder mit voller Wucht auf den harten Untergrund schlug, bis Judd eine Handvoll Erde zu fassen bekam und sie Rigo in die Augen schleuderte und ihn damit blendete. Sich blitzschnell zur Seite abrollend, bekam Judd seinen Revolver zu fassen, richtete sich auf, hob die Waffe und zielte damit direkt auf Rigos Herz.
»Nein! Das lasse ich nicht zu! Das lasse ich nicht zu!« schrie Araminta und warf sich schluchzend Judd entgegen und damit in die Schußbahn, die Finger zu Klauen gekrümmt, mit denen sie wie eine Wildkatze nach seinem Gesicht langte, bis er sie um die Hüfte packte, an sich zog und ihr dann die Mündung seines Revolvers an die Schläfe preßte.
»Sag >Vaya con Dios<, du verdammte Schlampe«, höhnte Judd und spannte den Hand. Aramintas Augen weiteten sich vor hilflosem Schrecken und trafen sich mit Rigos ebenso entsetztem, gepeinigtem Blick in einem verzweifelten stum-men emotionalen Austausch all der Worte, die auszusprechen nun keine Zeit mehr blieb, als ein fürchterlicher, dröhnender Knall ihre Ohren betäubte und eine gnädige, wirbelnde Finsternis Araminta verschlang.
Epilog
Wenn Liebende vereint und Herzen sich umarmen
Chihuahua, Mexiko 1914
»Ich mußte schießen. Er hätte sie sonst umgebracht, wie er es auch bei mir versucht hat.« Langsam senkte Noble das Gewehr und starrte auf den Leichnam seines Patensohns Judd, der wie ein groteskes, lebloses Bündel vor ihm auf der Erde lag. Verwunderung klang in Nobles Stimme mit, so als könne er noch immer nicht fassen, daß Judd so hinterhältig und in mörderischer Absicht mit dem Gehstock auf ihn eingeschlagen hatte und dann, ihn dem Tod überlassend, auf und davon geritten war. »Du hättest es auch zu Ende bringen sollen, Junge!« sagt« er plötzlich, und sein Ton klang für einen Moment derart barsch, daß Rigo schon glaubte, der alte Gringo meine ihn damit. Seine dunklen Augen blitzten auf wie die Klinge seines doppelschneidigen Messers, als sein Blick in die Höhe fuhr, während er weiterhin neben der bewußtlosen Araminta am Boden hockte und sie zärtlich an seine Brust drückte. »Hab ich dir nicht immer gesagt, Judd: Wenn du etwas tust, dann mach es auch richtig! Hab ich dir das nicht immer und immer wieder gesagt? Wenn du das getan hättest, dann wären wir jetzt beide nicht hier.«
In Nobles Augen war es einfach nicht gerecht, daß Judd nun tot war, Rigo, der Bandit, jedoch am Leben... noch immer am Leben, verdammt sollte er sein, dieser abgefeimte Schurke! So mächtig war dieser Gedanke für einen Moment, daß Noble halb versucht war, auch ihn zu erschießen. Seine Hand schloß sich um das Gewehr, sein Finger am Abzug zuckte. Doch dann sah er etwas, was er schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte, und dann - verdammt sollten sie sein, die Tränen eines albernen alten Mannes, die ihm plötzlich in die Augen traten - schob er langsam und ohne sich dessen bewußt zu sein das Gewehr zurück in sein Halfter.
Sein Sohn Preston und seine Schwiegertochter Katherine hatten einander genauso angesehen, wie es Rigo und Araminta in diesem Moment taten, als sie mit flatternden Lidern die Augen
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