Desperado der Liebe
seinem Todfeind.
Araminta ahnte nichts von seinen düsteren Gedanken, als er brütend am Tisch sitzend zu ihr hinsah, sein Zigarillo rauchte und seinen Wein trank. Sie wollte es auch gar nicht wissen, denn ihr Herz sagte ihr, daß sie es schon bald genug erfahren würde,- und die Aussicht erfüllte sie gleichermaßen mit Furcht wie mit einer sonderbaren und beunruhigenden Erwartung, wovon ihr ganz schwindelig wurde.
Die Sonne war untergegangen, während Araminta ihr einfa ches Mahl zubereitete, und nun, als sie den Tisch deckte und Rigo die Öllampen anzündete, fiel ihr mit einem mal auf, wie kalt und böig der Wind geworden war, der die Vorhänge in den Raum flattern ließ, als würde ein Sturm aufziehen. Eine Vermutung, die kurz darauf Bestätigung erfuhr, als ein greller Blitz über den sich verdunkelnden Himmel zuckte.
>>Soll ich... soll ich die Fensterläden schließen?« fragte sie.
>>Nein.« Die Antwort klang tief und lapidar.
Doch Araminta, die inzwischen Rigos Launen kannte, sah den Muskel, der in seiner Wange zuckte, und bemerkte seine innere Anspannung, als der Sturm sich draußen zusammenbraute. Trotz des Weines, den er getrunken hatte, war er so angespannt wie ein Panther auf der Lauer, dachte sie mit ban-gem Gefühl, als sie sich ihm gegenüber an den Tisch setzte, die Nerven ebenfalls zum Zerreißen angespannt. Er goß sich Wein nach und schenkte auch einen Becher für sie ein. Sie nahm einen tiefen Schluck, weil sie annahm, daß es die innere Spannung lindem würde. Zum erstenmal seit der Entführung waren sie beide wirklich allein. Der Gedanke ließ sie nicht los. War sich Rigo dessen auch so bewußt? fragte sie sich. War er deshalb so unruhig wie ein eingesperrtes Tier? Seit jener Nacht, als er seinen Hengst die breite Treppe auf der High Sierra hinaufgetrieben hatte, um sie, Araminta, zu entführen, waren sie beide auf eine tumultuöse Bestimmung zugeritten. Sollte sich diese heute nacht offenbaren?
Schweigend nahmen sie im Schein der Öllampen und des Feuers ihr Mahl ein. Dann räumte Araminta den Tisch ab, während Rigo eine zweite Flasche Wein und ihre Becher hinüber in den Wohnbereich brachte, wo er im größeren der beiden Öfen Holz aufschichtete und es anzündete, um der Nacht die Kühle zu nehmen. Mit einem brennenden Ast zündete er sich ein weiteres Zigarillo an, nahm einen tiefen Zug davon und legte sich, auf den Ellenbogen gestützt, auf den Teppich vor dem Feuer.
»Venga aqui«, befahl er sanft. Komm her.
Nicht wissend, was sie tun sollte, gehorchte Araminta. Wenn sie versuchte, wegzurennen, würde er sie mühelos einholen - und wer würde sich darum scheren, wenn sie schrie? Alle anderen im Cañón waren sicher längst zu Bett, behütet vor dem heraufziehenden Sturm. Und selbst wenn jemand sie hören sollte - wer würde es wagen, in General del Castillos Haus einzudringen, in das Reich von El Salvaje, dem Grausamen? Er reichte ihr den Becher mit Wein, rührte sie jedoch nicht an. Statt dessen blieb er, sehr zu ihrer Überraschung, liegen, wo er lag, rauchte und trank schweigsam, während sie dem Wind lauschten, der durch den Cañón jaulte und heulte. Nach einer ganzen Weile schließlich ergriff Rigo das Wort.
»Ich möchte dir von Marisol erzählen«, sagte er ruhig, sein dunkles Gesicht mit einem mal von einer Qual gezeichnet, so daß Araminta - auch wenn sie nicht wußte, wer Marisol war -Mitleid mit ihm bekam und das sehnsüchtige Verlangen verspürte, die Hand auszustrecken und ihm das schwarze Haar aus dem Gesicht zu streichen. Doch das unterließ sie lieber, weil sie nicht wußte, wie er eine solche Geste auffassen würde. Marisol«, hob er erneut an, die Stimme tief von Emotionen, meine Frau.«
Darauf war Araminta nicht im mindesten gefaßt, und seine Worte erschreckten sie. Ihr Herz begann heftig zu klopfen. Nun würde sie endlich die Wahrheit über den Tod seiner Frau erfahren; ob Rigo sie tatsächlich ermordet hatte, wie behauptet wurde, oder ob er unschuldig an ihrem Tode war. Vielleicht würde er ihr auch sagen, warum er sie entführt hatte und was der Grund für seine Rache an Judd war.
>>Es ist eine lange Geschichte«, fuhr er fort und starrte mit abwesendem Blick in die Flammen, so als wäre er in seinen Erinnerungen in eine andere Zeit, an einen anderen Ort versunken und als habe er ihre Gegenwart ganz vergessen. Doch als er erneut anhob, wußte sie, daß dem nicht so war. »Aber ich möchte, daß du alles verstehst, Araminta. Und wir haben Zeit...«
15.
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