Desperado der Liebe
verloren, tanzte für Rigo, ihren Liebhaber, tanzte nur für ihn allein, ließ die Arme wirbeln, warf den Kopf in den Nacken; ihr offenes Haar fiel über sie, die Augen halb geschlossen, der Mund zu einem einladenden kleinen Lächeln geöffnet. Ihr Körper glänzte vor Schweiß, glitzerte im Mondlicht und im Schein des Feuers, während sie sich schneller und schneller drehte, ihr Kleid um ihre Beine wirbelte, und ihr das begeisterte »Ole!« und »La gringa!« in den Ohren hallte, bis Rigo sie urplötzlich bei der Hüfte packte, hochhob, sie hart und hungrig unter dem Gejohle seiner Männer
- » Arriba! Arriba, general!« - küßte, sie zu ihrem Zelt trug, wo er sie feurig, fiebrig ohne jedes Vorspiel nahm.
Wie anders als in Texas es hier in Mexiko doch war, dachte Araminta oft, wo sie als Rigos Frau bewundert und geachtet wurde und wo sich niemand darum scherte, daß sie nicht mit ihm verheiratet war ; wo die Menschen nur mit einem Achselzucken auf Konventionen reagierten und verstanden und akzeptierten, daß so die Liebe und das Leben war. La gringa nannten sie sie, und La mujer del general, la mujer del Salvaje. Die Fremde, die Yankie-Frau, die Frau des Generals, die Frau des Grausamen - wobei sie annahm, daß die letzteren beiden Bezeichnungen dafür sorgten, daß sie die ersten beiden nicht abfällig meinten. Was Araminta nicht wußte, war, daß sie sich täglich auf vielfache Weise ihren Respekt erwarb und ihre Herzen eroberte.
Ihr Akzent betörte sie, wenn sie sich mit ihnen unterhielt, oft mehr mit Gesten als mit Worten, anfangs mit vielen Fehlern, aber immer ein bißchen besser. Zumindest bemühte sich la gringa, ihre Sprache zu sprechen und erwartete nicht, daß sie ihre sprachen. Nie schrie sie jemanden auf englisch an, als wären sie taub und als würde Schreien bewirken, daß sie ihre Sprache verstanden. Sie arbeitete so hart und ausdauernd wie ihre Frauen, verlangte niemals eine Sonderbehandlung als Frau des Generals, die Frau von El Salvaje. In den schlichten bäuerlichen Kleidern, die sie trug, sah man sie abends, nachdem das Nachtlager aufgeschlagen war, inmitten der Rebellen. Sie sprach schüchtern diesen oder jenen an, erinnerte sich an die Namen aller, selbst an die ihrer Frauen und Kinder. Ganz gleich, wie abgekämpft und müde sie auch war, sie hatte stets ein Lächeln für jeden parat; fand immer die Zeit, über einen Witz zu lachen, einer Schar Kinder eine Geschichte zu erzählen, eine Wunde oder Schramme zu säubern oder zu verbinden. Ganz gleich, wie sehr ihr Rücken auch schmerzte, stand sie den halben Abend über das Feuer gebeugt und bereitete heiße Menudo, Frijoles und Tortillas zu, half beim Austeilen des spärlichen Mahls, sorgte dafür, daß alle anderen zu essen hatten, ehe sie und Rigo sich einen Teller nahmen. Rigo bezeichnete es als die Pflicht eines Generals, erst dafür zu sorgen, daß alle anderen versorgt waren.
In den meisten Nächten brannten oft noch bis in die frühen Morgenstunden hinein Kerzen im Zelt des Generals, wo er sich noch mit seinen ranghöchsten Offizieren beriet und Araminta alles, was sich zugetragen hatte, in ihr Notizbuch schrieb und zuvor als Skizze angelegte Zeichnungen für ihre Artikel über die Mexikanische Revolution vollendete.
Sie wußte inzwischen von Rigo und seinem riesigen Netz an Informanten, daß Liam O'Grady ihre bisherigen Artikel nicht nur im Record veröffentlicht hatte, sondern sie sogar auf der Titelseite unter der Überschrift »Von vorderster Front« als Serie abdruckte, mit der Unterzeile »Von unserer Korrespondentin in Mexiko - A. K. Munroe«. Bis auf die Politiker hatte sich in Amerika kaum jemand dafür interessiert, was südlich der Grenze geschah, doch Aramintas erste Artikel hatten wegen ihrer vorhergehenden Berichte über das Leben in Texas erhebliche Resonanz erfahren. Vor allem Frauen reagierten betroffen auf »Der Preis der Freiheit«, ihren Artikel über den Waisenjungen Miguelito; und als »Schrei nach Aufruhr« erschien, hatte sie bereits eine große Leserschaft, die regen Anteil nahm am Krieg in Mexiko. Diese Leser waren bereit für Aramintas Geschichte über die Aufständischen - und bereit, Partei zu ergreifen. Wie Rigo zugetragen worden war, hatte besonders dieser provokative Artikel zu hitzigen Diskussionen in den rauchgeschwängerten Salons der Männerclubs von New York City geführt; und mit einem mal stand auch Präsident Wilsons fortgesetztes Waffenembargo gegenüber den Rebellen zur Debatte. Aus diesem
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