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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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keine Erklärung habe.«
»Was reden Sie da?« Audrey hörte sich an, als wäre sie den
Tränen nahe. »Ist es nicht schlimm genug, was alles passiert,
auch ohne eine … eine Gruselgeschichte daraus zu machen?«
»Doch«, sagte Johnny mit einer leisen,
teilnahmsvollen
Stimme, die er selbst kaum erkannte. »Aber das ändert nichts
an der Lage.«
»Ich kann besser zuhören und reden, wenn ich nicht am
Verhungern bin«, bemerkte Mary. »Ich nehme nicht an, daß es
hier was zu essen gibt, oder?«
Tom Billingsley erhob sich und sah verlegen drein. »Nun,
nein, nicht viel, Ma’am. Wir sind meistens abends hergekommen, um zu trinken und von den alten Zeiten zu erzählen.«
Sie seufzte. »Das dachte ich mir.«
Er deutete ungefähr in die Richtung des rechten Bühneneingangs. »Marty Ives hat vor kurzem eine Tüte mit irgendwas mitgebracht. Wahrscheinlich Sardinen. Marty liebt
Sardinen und Cracker.«
»Igitt«, sagte Mary, sah aber dennoch fast gegen ihren Willen interessiert drein. Johnny ging davon aus, daß in zwei
oder drei Stunden sogar Anchovis für sie eine Köstlichkeit
sein würden.
»Ich geh mal nachsehen, vielleicht hat er noch was mitgebracht«, sagte Billingsley. Es klang nicht sehr hoffnungsvoll.
David stand auf. »Das kann ich machen, Mr. Billingsley.
Wenn Sie wollen.«
Billingsley zuckte die Achseln. Er sah wieder Audrey an
und schien das Interesse an Marty Ives’ Sardinen verloren zu
haben. »Klar. Links ist ein Lichtschalter, wenn du von der
Bühne runterkommst. Direkt geradeaus findest du Regale.
Wenn jemand was zu essen mitgebracht hat, hat er es normalerweise dort abgestellt. Vielleicht findest du auch ein paar
Oreos.«
»Sie und Ihre Kumpels haben vielleicht einen über den
Durst getrunken, aber dabei nicht die Grundnahrungsmittel
vergessen«, sagte Johnny. »Das gefällt mir.« Der Tierarzt sah
ihn an, zuckte die Achseln und widmete sich wieder Audrey
Wylers Beinen. Sie schien sein Interesse daran nicht zu bemerken. Oder es war ihr egal.
David ging über die Bühne, dann kehrte er um und holte
die Fünfundvierziger. Er warf seinem Vater einen Blick zu,
aber Ralph starrte mit leerem Blick in das Kino, über die roten
Plüschsessel hinweg, die sich im Halbdunkel verloren. Der
Junge hob die Waffe auf, steckte sie vorsichtig in die Tasche
seiner Jeans, so daß nur der Griff herausragte, und verschwand von der Bühne. Als er an Billingsley vorbeikam,
fragte er: »Gibt es fließendes Wasser?«
»Wir sind hier in der Wüste, Junge. Wenn ein Gebäude leersteht, wird das Wasser abgestellt.«
»Zu dumm. Ich hab immer noch überall Seife an mir. Das
juckt.«
Er ging quer über die Bühne und beugte sich in die dunkle
Öffnung dort. Einen Moment später ging das Licht an. Johnny
entspannte sich ein wenig - erst da wurde ihm klar, daß er im
Geiste halb damit gerechnet hatte, etwas würde den
Jungen
anspringen - und merkte, wie Billingsley ihn ansah.
»Was der Junge vorhin getan hat - wie er aus der Zelle entkommen ist -, das war unmöglich«, sagte Billingsley.
»Dann müßten wir immer noch da oben hinter Gittern
sein«, sagte Johnny. Er glaubte, daß er sich ganz normal anhörte wie immer -, aber was der alte Tierarzt sagte, war ihm
selbst schon durch den Kopf gegangen. Ihm war sogar ein
passender Ausdruck dafür eingefallen unscheinbare Wunder. Er hätte ihn in seinem Notizbuch festgehalten, hätte er es nicht
am Rand des Highway 50 verloren. »Glauben Sie das etwa?«
»Nein, wir sind hier, und wir haben gesehen, was er getan
hat«, sagte Billingsley. »Hat sich mit Seife eingeschmiert und
dann zwischen den Gitterstäben durchgequetscht wie ein
Wassermelonenkern. Hat ausgesehen, als wäre es ganz klar,
richtig? Aber ich will Ihnen was sagen, mein Freund, nicht
mal Houdini hätte es so fertiggebracht. Wegen dem Kopf. Er
hätte mit dem Kopf steckenbleiben müssen, aber das ist er
nicht.« Er sah einen nach dem anderen an, Ralph zuletzt.
Ralph sah jetzt Billingsley an, statt der Sitzreihen, aber Johnny
war nicht sicher, ob er begriff, was der alte Knabe sagen
wollte. Was vielleicht das Beste war.
»Worauf wollen Sie hinaus?« fragte Mary.
»Ich bin nicht sicher«, entgegnete Billingsley. »Aber ich
denke, wir täten gut daran, wenn wir uns an den jungen Master Carver hielten.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Die Alten sagen, jedes Lagerfeuer tut’s in einer kalten Nacht.«
2
    Die Kreatur hob den toten Kojoten vom Treppenabsatz hoch
und untersuchte ihn. »Soma stirbt; Pneuma entweicht; nur Sarx bleibt

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