Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
geradezu typisch gewesen, wenn
»Hilfst du mir ein bißchen, Mare? Die verdammte Zulassung? Bitte!«
»Oh. Klar, okay.«
Sie beugte sich nach vorne wie eine alte, rostige Maschine,
die ein plötzlicher Stromstoß gerade zu neuem Leben erweckt
hat, und machte das Handschuhfach auf. Sie kramte darin
herum und holte ein paar Sachen heraus (eine halbvolle Tüte
Studentenfutter, eine Kassette von Bonnie Raitt, die in Deirdres Kassettenrecorder eine Fehlgeburt gehabt hatte, eine
Karte von Kalifornien), damit sie an das Zeug dahinter rankam. Peter konnte Schweißperlen an ihrer linken Schläfe sehen. Haarsträhnen klebten ihr naß am Kopf, obwohl die
Klimaanlage ihr kalte Luft direkt ins Gesicht blies.
»Ich kann sie nicht -« begann sie, und dann, mit unüberhörbarer Erleichterung: »Oh, da ist sie ja.«
Im selben Augenblick sah Peter in das Fach, wo er Visitenkarten aufbewahrte, und sah den Führerschein. Er konnte sich nicht erinnern, daß er ihn da reingesteckt hatte - warum, in Gottes Namen, hätte er das tun sollen? -, aber da war
er. Auf dem Foto sah er nicht wie ein Assistenzprofessor für
Englisch an der Universität von New York aus, sondern wie
ein arbeitsloser Tagelöhner (und möglicher Serienkiller). Aber
er war es, erkennbar er, und er spürte, wie sich seine Stimmung verbesserte. Sie hatten ihre Papiere, Gott war in seinem
Himmel, und die Welt war in Ordnung.
Außerdem, dachte er und gab dem Cop seinen Führerschein, sind wir hier nicht in Albanien. Vielleicht nicht in unserer gewohnten Umgebung, aber auf jeden Fall nicht in Albanien.
»Peter?«
Er drehte sich um, nahm den Umschlag, den sie ihm hinhielt, und blinzelte ihr zu. Sie versuchte, tapfer zu lächeln,
aber es gelang ihr nicht besonders gut. Draußen schleuderte
eine Windbö Sand gegen das Auto. Winzige Körnchen prasselten Peter ins Gesicht, und er kniff die Augen zu. Plötzlich
wollte er mindestens zweitausend Meilen von Nevada entfernt sein, egal in welcher Richtung.
Er nahm Deirdres Zulassung und hielt sie dem Cop hin,
aber der studierte immer noch seinen Führerschein.
»Wie ich sehe, sind Sie Organspender«, sagte der Cop und
sah auf. »Finden Sie das wirklich klug?«
Peter war verblüfft. »Nun, ich …«
»Ist das die Fahrzeugzulassung, Sir?« fragte der Cop
barsch. Jetzt sah er das kanarienvogelgelbe Stück Papier an.
»Ja.«
»Bitte geben Sie sie mir.«
Peter reichte sie zum Fenster hinaus. Nun hielt der Cop, der
immer noch wie ein Indianer vor dem Auto kauerte, Peters
Führerschein in einer und Deirdres Zulassung in der anderen
Hand. Er sah ziemlich lange zwischen den beiden hin und her.
Peter spürte einen leichten Druck auf dem Oberschenkel und
zuckte zusammen, bis ihm klar wurde, daß es Marys Hand
war. Er nahm sie und spürte sofort, wie sie die Finger um
seine schlang.
»Ihre Schwester?« sagte der Cop schließlich. Er sah sie mit
seinen hellgrauen Augen an.
»Ja -«
»Ihr Name ist Finney. Sie heißen Jackson.«
»Deirdre war ein Jahr verheiratet, zwischen High School
und College«, sagte Mary. Ihre Stimme klang fest, freundlich,
unerschrocken. Peter hätte es ihr rückhaltlos abgekauft, wenn
er nicht den Druck ihrer Finger gespürt hätte. »Sie hat den Namen ihres Mannes behalten. Das ist alles.«
»Ein Jahr, hmmm? Zwischen High School und College. Verheiratet. Tak!«
Sein Kopf blieb über die Dokumente gesenkt. Peter konnte
die Spitze seines Smokey-Bear-Huts wippen sehen, als er sie
wieder studierte.
Peters Erleichterung verschwand langsam.
»Zwischen High School und College«, wiederholte der Cop
mit gesenktem Kopf und verborgenem Gesicht, und im Geiste
hörte Peter ihn sagen: Wie ich sehe, sind Sie Organspender. Finden Sie das wirklich klug? Tak!
Der Cop sah auf. »Würden Sie bitte aus dem Auto aussteigen, Mr. Jackson?«
Marys Finger packten fester zu, ihre Nägel gruben sich in
Peters Handrücken, aber das brennende Gefühl war weit,
weit entfernt. Plötzlich kribbelten seine Eier und sein Magen
vor Nervosität, und er kam sich wieder wie ein Kind vor, ein
verwirrtes Kind, das nur mit Sicherheit weiß, daß es etwas
Schlimmes getan hat.
»Was -« begann er.
Der Cop aus dem Streifenwagen von Desperation stand
auf. Es war, als würde man einen Lastenaufzug hochfahren
sehen. Der Kopf verschwand, dann das offene Hemd mit der
glänzenden Marke, dann der diagonal geschnallte Gurt des
Sam-Browne-Gürtels. Dann sah Peter wieder die schwere
Gürtelschnalle, die Waffe und den Khakistreifen über dem
Hosenschlitz des Mannes.
Diesmal

Weitere Kostenlose Bücher