Dessen, S
Isby lag in ihrem Bettchen, schaute sich das Mobile über ihr an und fuchtelte mit den Armen. Sie meckerte nicht. Sie brülltenicht. Dabei wäre heute der Tag dazu gewesen. Nein, sie brabbelte bloß vor sich hin, gab kleine, friedliche Babylaute von sich.
Ich trat näher an das Bettchen heran. Für einen Augenblick strampelte sie weiter, Blick Richtung Zimmerdecke, doch plötzlich sah sie mich direkt an. Ihr Gesicht entspannte sich, der Ausdruck veränderte sich zu etwas komplett Neuem, Unglaublichem: einem Lächeln.
Dreizehn
»Ich wollte dich zuerst gar nicht anrufen«, sagte Heidi ins Telefon. »Ja ja, du hast es ja gleich gesagt. War klar, dass du mir das sofort unter die Nase reiben würdest.«
Die letzten drei Stunden hatte ich in meinem Zimmer verbracht und vergeblich versucht, noch mal einzuschlafen. Stattdessen lag ich da und rief mir alles ins Gedächtnis zurück, immer wieder: Wie ich bei Eli aufgewacht war, so glücklich, mein Heimweg und dann der Abgang meines Vaters, der mich komplett überrumpelt hatte. Doch am intensivsten war mir Isbys Lächeln in Erinnerung geblieben – so süß und unerwartet. Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, sah ich es vor mir. Und nur das.
»Nein, eigentlich nicht«, fuhr Heidi fort. »Aber ich würde es dir nicht übel nehmen. Es ist so ein Durcheinander. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass es wirklich so weit gekommen ist.«
Sie saß am Tisch, das Baby auf dem Arm. Ich ging zum Küchenschrank, um mir einen Becher zu nehmen. Draußen war immer noch derselbe strahlende Tag, so strahlend und sonnig wie die davor.
»Warte mal. Ich ruf dich gleich noch mal an, ja?«,sagte Heidi unvermittelt, wobei sie mich ansah. »Nein, ehrlich, ganz bestimmt. In Ordnung, dann rufst du eben du an. Zehn Minuten. Okay. Tschüs.«
Ich spürte ihren Blick im Rücken, während ich mir Kaffee einschenkte. Schließlich sagte sie: »Auden, setzt du dich kurz zu mir? Ich … ich muss etwas mit dir besprechen.«
Ich hielt ihren traurigen Tonfall kaum aus. »Schon in Ordnung, ich weiß Bescheid.« Ich wandte mich um. »Dad hat es mir erzählt.«
»Ah ja.« Sie schluckte, senkte den Blick, betrachtete das Baby. »Das ist gut, schätze ich. Was hat er …«
Isby gab einen kleinen, krächzenden Aufschrei von sich. Doch anstatt richtig loszuweinen, schloss sie nur die Augen und vergrub ihr Gesichtchen an Heidis Brust.
»Er meinte, ihr zwei habt ein paar Dinge zu klären«, antwortete ich. »Und dass er eine Zeit lang im
Condor
wohnen wird.«
Sie nickte gequält. »Und? Geht es dir gut?«
»Mir?«, fragte ich zurück. »Klar. Warum soll es mir nicht gut gehen?«
»Na ja, ich kann mir vorstellen, das ist alles ein bisschen verwirrend. Aufwühlend«, antwortete sie. »Ich wollte nur … du kannst jederzeit mit mir reden, hörst du? Falls du Fragen hast oder dich irgendetwas beunruhigt …«
»Mir geht es gut«, wiederholte ich. »Ehrlich.«
In dem Moment ertönte ein Summen: Heidis Handy. Sie blickte aufs Display, seufzte. »Hallo?«, sagte sie. »Hi, Elaine. Nein, nein, ich habe Ihre Nachrichten bekommen, ich hatte bloß … Wie geht es Ihnen? Ach so.Natürlich. Ehrlich gesagt hatte ich noch nicht viel Zeit, um über die Party nachzudenken …«
Sie stand auf, bettete Isby auf ihrem Arm um, ging zu den großen Glastüren. Ich blieb am Küchentisch sitzen und dachte daran, wie ich meinem Vater heute früh beim Wegfahren nachgeblickt hatte, wie es sich nach Was-wäre-wenn angefühlt hatte, nur dass das, was dabei rausgekommen war, genau dasselbe geblieben war. Vielleicht
konnten
manche Dinge sich einfach nicht ändern oder wiedergutgemacht werden. Nicht einmal durch die Zeit selbst.
Als Heidi in die Küche zurückkam, legte sie das Handy auf die Arbeitsplatte. »Das war Elaine, die Leiterin unseres Fremdenverkehrsamts hier in Colby.« Ihre Stimme klang erschöpft. »Sie braucht ein Motto für die Strandparty, und zwar vorgestern.«
»Strandparty?«
»Das große Ereignis findet jedes Jahr gegen Ende des Sommers statt.« Sie setzte sich wieder zu mir. »Im Pavillon an der Promenade. Wir verkaufen Eintrittskarten, alle Geschäftsinhaber beteiligen sich, es ist die letzte große Veranstaltung der Saison. Und aus irgendeinem Grund melde ich mich jedes Mal wieder freiwillig, um das Ganze zu organisieren.«
»Ach so.«
»Klarer Fall von Masochismus.« Sie zuckte mit den Schultern. »Letztes Jahr stand das Fest jedenfalls unter dem Motto Piraten, was schon witzig war. Im
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