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Dessen, S

Dessen, S

Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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deswegen von den Bullen auf die Wache geschlepptwird. Ich habe volles Verständnis für deine Mission, aber irgendwo muss ich eine Grenze ziehen.«
    »Moment.« Ich hob die Hand. »Meine Mission?«
    Wir standen vor einer roten Ampel. Weit und breit war kein anderes Auto zu sehen. »Ja«, antwortete er. »Du weißt schon, jemand bricht auf, um etwas zu finden, wie in ›Herr der Ringe‹ oder ›Krieg der Sterne‹. Du suchst etwas, das du verloren hast. Oder brauchst. Die Art Mission.«
    Ich sah ihn bloß stumm an.
    »Vielleicht ist das ein Jungending«, meinte er. »Okay, von mir aus nenn es nicht Mission. Nenn es Hühnersalat. Mir wurscht. Ich will damit nur sagen, ich bin dabei. Solange du dabei einigermaßen vernünftig bleibst.«
    Aha. Dabei hatte ich gedacht, wir würden nur miteinander abhängen. Die Zeit totschlagen. Trotzdem, irgendwie gefiel mir die Idee, etwas zu suchen, das man verloren hatte oder brauchte. Oder beides. Egal, ob geschlechtsspezifisch oder nicht.
    Die Ampel sprang um, aber mein Fuß berührte das Gaspedal nicht. Stattdessen sagte ich: »Hühnersalat?«
    »Was? Das hast du als Kind nie gesagt?«
    »Nenn es Hühnersalat?«, fragte ich, um mich zu vergewissern.
    Er nickte.
    »Äh   … nein   …«
    »Wow.« Eli schüttelte ungläubig den Kopf. »Was hast du eigentlich bisher so getrieben in deinem Leben?«
    Sobald er die Frage gestellt hatte, schossen mir eine Million mögliche Anworten durch den Kopf, jede auf ihreWeise wahrhaftig und berechtigt. Ich wusste, es gab unzählige Möglichkeiten, seinen Tag zu gestalten, und keine war besser oder schlechter als die andere. Doch wenn man die Chance bekam, noch einmal von vorn anzufangen, alles ganz neu zu machen – wer würde da Nein sagen? Ich jedenfalls nicht. Nicht in dem Moment. Man konnte es verrückt nennen oder auch einfach nur Hühnersalat. Aber ich war dabei.
    ***
    »Hm«, sagte Maggie. »Interessantes Outfit.«
    Unser aller Augen richteten sich auf Thisbe, die wie in Trance in ihrem Kinderwagen lag, mit weit geöffneten Augen, aber vollkommen ruhig – in dem Zustand befand sie sich, seit ich das Haus verlassen und sie über die Auffahrt zur Straße geschoben hatte. »Interessant«, wiederholte ich. »Was genau möchtest du damit sagen?«
    »Hat Heidi ihr das angezogen?«, fragte Leah und hockte sich hin, sodass sie mit Thisbe auf Augenhöhe war.
    »Nein, ich.«
    Leah warf Maggie einen vielsagenden Blick zu, woraufhin Maggie ebenso vielsagend eine Augenbraue hob.
    »Wieso? Ich finde, sie sieht süß darin aus.«
    »Sie trägt Schwarz«, sagte Maggie.
    »Und?«
    »Wie oft siehst du Babys in Schwarz?«
    Wieder blickte ich zu der Kleinen hinunter. Nachdem mein Vater losgezogen war, um sich fürs Abendessen umzuziehen, kam mir in den Sinn, dass auch Thisbe neueKlamotten brauchen könnte. Deshalb ging ich zur Kommode, um einen frischen Strampler zu holen. Da ausnahmslos alles rosa war oder zumindest irgendeine Applikation in dieser bei Heidi allgegenwärtigen Farbe hatte, beschloss ich ein Kontrastprogramm und durchwühlte die Schubladen so lange, bis ich in der untersten einen einfarbigen schwarzen Strampelanzug und knallgrüne Hosen fand. Ich persönlich fand, dass sie cool aussah, wie eine kleine Rockerbraut, aber wenn ich mir die Blicke der anderen so anschaute – mal ganz abgesehen von Heidis seltsamem Gesichtsausdruck, als ich mich mit Thisbe verabschiedet hatte   –, irrte ich mich da ja vielleicht.
    »Nur weil man ein Mädchen ist, heißt das ja nicht, dass man ausschließlich Rosa tragen muss«, sagte ich.
    »Nein, aber man muss sich auch nicht wie ein Lastwagenfahrer anziehen«, konterte Leah.
    »Also, wie ein Lastwagenfahrer sieht sie nun wirklich nicht aus«, antwortete ich.
    Leah neigte den Kopf. »Du hast recht. Sie sieht aus wie ein Bauer. Oder vielleicht auch wie ein Bauarbeiter.«
    »Weil sie nichts in Rosa anhat?«
    »Sie ist ein Baby«, meinte Maggie. »Babys tragen Pastelltöne.«
    »Wer sagt das?«, fragte ich und ließ Esther gar nicht erst zu Wort kommen, sondern gab die Antwort selbst: »Die Gesellschaft. Dieselbe Gesellschaft, die kleinen Mädchen vorschreibt, dass sie immer nett und hübsch artig zu sein haben, weshalb ihnen in der Regel das notwendige Durchsetzungsvermögen fehlt. Was wiederum dazu führt, dass sie Minderwertigkeitskomplexe entwickeln, derenFolgen unter anderem Essstörungen sein können. Oder Nachgiebigkeit, wenn es um häusliche oder sexuelle Gewalt und Drogenmissbrauch geht.«
    Die drei

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