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Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Titel: Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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vielleicht haben Sie sie auch erst geholt, nachdem Rudd die Parker nicht herausrücken wollte. Egal. Sie jedenfalls haben ihm die tödliche Schrotladung verpaßt und sind dann durch die Gärten nach Hause zurückgelaufen. Danach hatten Sie den nächsten Schlaganfall .«
    Mein Blick fiel plötzlich auf Eric, der im Türrahmen stand. »Möchten Sie dazu was sagen ?«
    »Hat er Rudd umgebracht ?«
    »Ich glaube schon«, antwortete ich und sah den alten Mann an.
    Seine Miene drückte eine eigensinnige Gerissenheit aus. Was sollte ich mit ihm machen? Ich mußte mit Lieutenant Dolan sprechen, aber die Polizei würde vermutlich nie Beweise finden. Und wenn doch, wie sollten sie ihn zur Rechenschaft ziehen? Selbst im günstigsten Fall würde er kaum dieses Jahr überleben.
    » Rudd war ein prima Kerl«, sagte Eric.
    »Mann, Eric! Ihr müßt doch alle geahnt haben, was passiert war !« fuhr ich ihn an.
    Er hatte so viel Anstand, rot zu werden. Dann ging er hinaus. Ich stand auf. Zu meiner Entschuldigung muß ich gestehen, daß es mir einfach nicht gelang, irgendwelche Haßgefühle gegen diesen mitleiderregenden Überrest eines menschlichen Wesens im Rollstuhl zu entwickeln. Ich ging zum Waffenschrank.
    Die Parker-Schrotflinte stand im dritten Ständer von rechts und sah genauso aus wie die anderen Schrotgewehre. Der alte Mann würde sterben, und Jackie würde seine Sammlung zusammen mit seinem übrigen Vermögen erben. Dann würde sie Avery heiraten, und die beiden hätten endlich, was sie wollten. Einen Moment stand ich vor der Glastür, dann begann ich die Schreibtischschubladen zu durchsuchen, bis ich den Schlüssel gefunden hatte. Ich schloß den Schrank und dann die Ständer auf. Ich tauschte die Parker gegen die A. H. Fox aus und machte alles sorgfältig wieder zu. Der alte Mann wimmerte, doch er sah mich kein einziges Mal an, und Eric war nirgends zu entdecken, als ich das Haus verließ.
    Ich warf einen letzten Blick auf die Parker-Flinte, als Lisa Osterling sie etwas ungeschickt an ihre füllige Taille drückte. Natürlich würde ich Lieutenant Dolan informieren, doch ich hatte nicht die Absicht, ihm alles zu erzählen. Gelegentlich widerfährt jemandem Gerechtigkeit auf andere Art und Weise.

Gras aus Non Sung

    Der Tag war ungewöhnlich: wolkenverhangen und kalt. Sonnenschein und ein böiger Wind, der als Vorhut eines tropischen Wirbelsturms über Kalifornien zog, wechselten in rascher Folge. Es war Ende September in Santa Teresa. Statt des üblichen schönen Altweibersommers erlebten wir bereits einen Vorgeschmack auf den bevorstehenden langen grauen Winter. Ich kramte unwillkürlich dicke Pullover aus der untersten Schublade und fuhr in einer Dunstwolke aus Mottenkugeln und Parfüm vom Vorjahr ins Büro.
    Den Vormittag verbrachte ich mit Papierkram am Schreibtisch, eine Beschäftigung, die ich als äußerst unproduktiv empfinde. Es war das Ende einer ereignislosen Woche, und ich war so gelangweilt, daß ich jede Gelegenheit wahrgenommen hätte, dem Schreibtisch zu entfliehen. Kurz vor zwölf Uhr mittags ertönte ein schüchternes Klopfen an meiner Tür, und eine junge Frau betrat mein Büro. Sie war höchstens zweiundzwanzig, mit sinnlichen, leicht ordinären Zügen, und schien nach durchfeierter Nacht noch nicht wieder zu Hause gewesen zu sein. Wie sonst war zu erklären, daß sie ein tief dekolletiertes Flitterkleid trug? Es sei denn, sie bevorzugte diesen Aufzug auch tagsüber. Die Schuhe mit den hohen, spitzen Absätzen waren in passendem Grün gefärbt. Die Beine waren nackt. Unsicher wie eine Anfängerin auf Rollschuhen stakste sie zu meinem Schreibtisch.
    »Hallo! Einen schönen guten Tag. Setzen Sie sich doch«, lud ich sie ein.
    Sie sank auf einen Stuhl. »Danke. Mona Starling ist mein Name. Schätze, Sie sind Kinsey Millhone ?«
    »Volltreffer.«
    »Und Sie sind wirklich Privatdetektivin ?«
    »Mit Stempel und allem Pipapo«, antwortete ich.
    »Unverheiratet?«
    Ich nickte und zuckte mit den Schultern in der Hoffnung, das würde als Erklärung für die zwei Scheidungen und meinen gegenwärtig glücklichen Status als Single genügen.
    »Bestens«, sagte sie. »Dann können Sie mich verstehen. Mann, ich fasse es selbst nicht, daß ich jetzt hier sitze. Noch nie hab’ ich einen Privatdetektiv engagiert. Aber was soll ich sonst machen ?«
    »Worum geht’s denn ?«
    Sie lief rot an, vielleicht aus Nervosität oder Verlegenheit. Jedenfalls belebte die Färbung ihre grünen Augen ungemein. Sie rutschte

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