Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
Konkurrenzverhältnis zueinander gehabt haben .«
»Was geht Sie das an?« entgegnete sie und hielt den Blick stur geradeaus gerichtet, während sie sicher sehnlichst wünschte, es würde schneller vorwärts gehen, und sie könnte mir entkommen.
»Sie sollen beide ständig versucht haben, sich gegenseitig zu übervorteilen«, fuhr ich fort.
»Was soll der Quatsch ?« fragte sie ärgerlich.
Ich zuckte mit den Schultern. »Wie ich die Sache sehe, haben Sie den Artikel über die Tote in der Obdachlosenunterkunft gelesen, die niemand identifizieren konnte. Daraufhin sind Sie zum Leichenschauhaus gefahren und haben behauptet, die Frau sei Ihre Mutter. Ihr beide habt euch dann darauf geeinigt, euch die Versicherungssumme zu teilen. Aber Ihre Mutter hatte den Verdacht, daß Sie sie reinlegen wollten... womit sie auch recht hatte... Wie man sieht .«
»Reden Sie kein Blech .«
Die Schlange rückte weiter. Ich wich Justine nicht von der Seite. »Sie hat mich engagiert, damit ich Sie beschatte. Als ich dahinterkam, daß Sie die Stadt verlassen wollen, habe ich Ihre Mutter angerufen. Ich habe ihr gesagt, was los ist. Sie ist fast explodiert! Ich dachte, sie würde sofort losschlagen, aber bisher ist sie noch nicht aufgekreuzt...«
Justine reichte dem Beamten ihre Flugkarte. Der Mann winkte sie durch. Sie passierte anstandslos die Kontrolle mit dem Metalldetektor. Ich schenkte dem Kontrolleur ein Lächeln. »Möchte nur schnell einer Freundin > Wiedersehn < sagen«, log ich und ging hinter Justine durch die Sperre. Justine beschleunigte ihren Schritt. Offenbar konnte sie es kaum erwarten, endlich die Maschine nach Los Angeles zu erreichen.
Ich hielt im Lauftempo mit ihr Schritt und redete währenddessen ungeniert weiter. »Ich habe nicht begriffen, weshalb Sie keinen Versuch gemacht hat , Sie aufzuhalten. Aber dann ist es mir klargeworden...«
»Lassen Sie mich in Ruhe. Ich lege keinen Wert auf Ihre Gesellschaft !«
»Sie hat das Geld genommen, Justine. In Ihrer Bauchbinde steckt vermutlich nur altes Zeitungspapier. Immerhin hatte sie reichlich Zeit für diesen Tausch... während Sie beim Friseur saßen .«
»Guter Witz«, bemerkte Justine sarkastisch. »Haben Sie noch mehr auf Lager ?«
Ich blieb stehen. »Na, gut. Mehr sage ich nicht. Ich wollte Ihnen nur ersparen, in Mexiko City feststellen zu müssen, daß Sie völlig abgebrannt sind .«
»Sie können mich mal !« zischte Justine. Sie reichte der Stewardess am Flugsteig ihre Bordkarte und ging ins Freie. Draußen verklang allmählich das Stakkato ihrer Absätze.
Ich ging zurück zur Aussichtsterrasse mit den Panoramascheiben. Draußen auf dem Flugfeld lief Justine mit trotzigen Schritten auf die wartende Maschine zu. Offenbar hatte sie mir gar nicht zugehört. Plötzlich sah ich, wie ihre Hand zur Taille glitt. Sie ging noch ein paar Schritte weiter, blieb dann stehen und ließ ihr Gepäck fallen. Im nächsten Moment zog sie ihr T-Shirt hoch und griff in den Gürtel. Aus dieser Entfernung sah ich nur, wie sich ihr Mund weit öffnete. Es dauerte eine volle Sekunde, bis ihr Wutschrei zu mir herüberhallte.
Schicksal, dachte ich. Manchmal wirkt Mutterliebe wie ein Gift, das keine Spuren hinterläßt . Man taumelt so durchs Leben, und wenn man denkt, man hätte es endlich geschafft, ist plötzlich alles aus.
Der Sturz vom Dach
Es war sechs Uhr morgens, und ich joggte auf dem Fahrradweg den Strand entlang. Fünf Kilometer im Kampf gegen mein schlaffes Hinterteil. Ich bin 32 Jahre alt, einen Meter fünfundsiebzig groß und 59 Kilo schwer. Gewichtsprobleme habe ich eigentlich nicht, aber als alleinstehende Privatdetektivin muß ich manchmal um mein Leben rennen und kann es mir nicht leisten, aus der Übung zu kommen.
Ich hatte gerade meinen richtigen Laufrhythmus gefunden, mein Atem ging hörbar, aber nicht keuchend, die Sohlen meiner Schuhe berührten im Takt den Asphalt, der gleichmäßig unter meinen Füßen dahinzog , als Schritte hinter mir mich beunruhigten, die auch noch stetig näher kamen. Wie zufällig schaute ich über die Schulter zurück und spürte umgehend, wie ein Adrenalinstoß meinen Herzschlag schmerzhaft beschleunigte. Ich steigerte mein Tempo und versuchte, die Lage zu peilen. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Kein anderer Jogger. Keiner der sonst zahlreichen Penner auf den Wiesen.
Ich bog in Richtung Straße ab und hoffte auf ein vorbeifahrendes Auto.
»He !« rief der Mann hinter mir.
Ich lief weiter und rekapitulierte im
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