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Deutschboden

Deutschboden

Titel: Deutschboden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Uslar
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die im Nachtleben von Oberhavel die beste Wirkung hätten: »Halt’s Maul, wenn du was sagst.« Der zweite Satz lautet: »Lass mich in Ruhe, wenn du was willst.«
    Franky brachte die Getränke.
     
    Rampa: »Faustregel: Die mit dem größten Maul haben die kleinste Faust. Ein Problem hast du mit denen, die nicht reden. Wenn die durchdrehen, ist es besser, du haust ab.« Raoul: »Rampa weiß, dass er sich auf mich verlassen kann. So wie ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann.«
    Rampa: »Wenn’s hart auf hart kommt, weiß ich, dass Raoul für mich hier übern Tisch geht. Hat er auch schon oft genug für mich gemacht. Umgekehrt genauso.«
    Natürlich interessierte den Reporter seine Sicherheit in der Kleinstadt. Das hatte ihn, von Anfang an, ja mit am meisten interessiert. Die Frage war, wo man in der Kleinstadt, spätestens ab 24 Uhr, riskierte, eins auf die Fresse zu kriegen. Und ob es Läden gab in der Kleinstadt, in denen man sozusagen garantiert eins auf die Fresse bekam.
     
    Und auf zu den klassischen Suffthemen. Die klassischen Suffthemen, das waren der Alkohol selber, die Prügeleien, die Frauen. Alle drei Suffthemen waren selbstverständlich Protz-Themen. Ich war auch deshalb in die Kleinstadt gekommen, das verstand ich gerade, um Männer protzen zu hören. Vom Understatement, an Berliner Tischen Konsens genannt und oft nicht mehr als ein anders abgehobener und zivilisierter Ausdruck der Angeberei, hatte ich in den letzten zwanzig Jahren genug gehabt.
    Volle Gläser.
    Rote Ohren.
    Dicke Bäuche.
    Harte Schwänze.
    Trübe Augen.
    Es war weit nach Mitternacht.
    Ich wollte Männer volle Pulle – aufs Fetteste, Fröhlichste und aller Unkomischste – nach vorne gehen und angeben hören.
     
    Rampa: »Klar. Wenn man hier was Falsches sagt, dann kriegt man auf die Fresse.«
    Raoul: »Du nicht. Du bist ja ein Netter. Dir wird schon nichts passieren.«
    Rampa: »Wenn Leute von außerhalb kommen und hier den Affen machen – gut, dann knallt’s.«
    Den Affen machen? Angeben, laut sein, sich auf eine dumme und anstrengende Art zu laut und selbstgewiss geben. Und Raoul erzählte die Geschichte – es klang nach einer erfundenen Geschichte –, wie ein Wessi einst im Schröder gestanden und sich geweigert habe zu zahlen: Er müsse nicht bezahlen, so der dumme Wessi, da er ja aus dem Westen sei. Hansi und Heiko hatten den armen Irren daraufhin vor die Tür gestellt, wo er mit dem Bus, aber ohne Hose, die ihm die Männer vom Schröder abgenommen hatten, zurück in den Westen habe fahren müssen.
     
    Dann war von einem stadtbekannten Schläger namens Doggydog die Rede. Der sei vollkommen blöde. Aber dieser Doggydog habe enorme Nehmerqualitäten. Er stünde immer wieder auf, auch dann, wenn ihn drei, vier Mann bearbeitet und zu Boden gebracht hätten, so stark sei er. Man müsse Doggydog, so Rampa, schon die Beine brechen, damit er am Boden liegen bliebe.
    Dann musste ausführlich der Begriff »Reinlatschen« besprochen werden. Reinlatschen bedeutete, dem Typen, der wehrlos und erledigt vor einem am Boden lag, von oben ins Gesicht hineinzutreten. Das Reinlatschen fanden beide, Rampa und Raoul, nicht gut.
    Raoul: »Ich habe das nie verstanden, dass man nachtreten muss, wenn einer am Boden liegt. Dem Typen, der am Boden liegt und sich krümmt, ins Gesicht reinzulatschen, das macht man nicht, das ist eine Sauerei.«
    Rampa: »Das sind Idioten, die das machen. Wegsperren. Oder gleich die Hand abhacken.«
    Wir soffen rein.
    Rampa erzählte, dass er morgen früh, wie jeden Morgen, nichts zu tun habe. Er stünde trotzdem, wie jeden Morgen, pünktlich um 6:30 Uhr auf, weil man ja auch als Arbeitsloser, so Rampa, sein Arbeitsethos habe.
    Raoul erzählte, dass bei ihm morgen um halb drei nachmittags der zweite Anlauf für die Theorieprüfung vom Lkw-Führerschein anstand. Er nahm, auf den Schreck, gleich noch einen großen Schluck Goldie Cola: »Morgen früh wird noch mal ordentlich gelernt, und dann kriege ich das gebacken. Da setze ich einen Fuffidrauf, dass ich das gebacken kriege.« Raoul hob die Hand zum Schwur. »Wenn ich’s morgen nicht schaffe, dann kauf ich Suff für einen Fuffiund stell das Zeug in den Proberaum.«
     
    Der Reporter wollte nun von Raoul wissen, was er so mache, wenn er mal Lust auf ein bisschen Extrageld neben Hartz IV habe.
    Dumme Frage.
    Schon wieder so eine Frage, bei der der Reporter den Hut auf seinem Kopf besser ein Stück weit nach hinten schob.
    Ihr seid auch Gangster, oder?
    Seid ihr

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